52 | decades

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Hazza hatte sich noch nie gefragt, wie lang eine Sekunde sein konnte.

Jetzt zog sie sich schon über Jahrzehnte hin.

Harrys Gesicht verschwommen durch den Regen und die Tränen.

Den Regen, der in Zeitlupe fiel.

Die Tränen, die in seinen Augen hängengeblieben waren und nie wieder die Sicht freigeben wollten.

Als seine Hand versuchte, das Salz wegzuwischen, rieb er sich nur Schlamm in die Augen.

Der Knoten in ihm wuchs.

Er war wütend.

Auf sich selbst, auf Harry, auf den Kuss, darauf, wie naiv er gewesen war.

Darauf, dass er ihre Freundschaft zerstört hatte, weil er Harry liebte.

Dass er ein solcher Perfektionist war, der nicht aufhörte, wenn er Harry wehtat.

Dass er so genau zielen konnte mit den Scherben.

Ihm war schlecht.

Die Welt drehte sich.

Seine Augen brannten.

Sein Gesicht auch.

In seinem Hals brannte es auch, als die ganze Wut aus ihm herausbrach.

Ihm war heiß und kalt und dann wieder heiß und dann war einfach gar nichts mehr.


Der schwere Duft von Erdbeeren vernebelte seine Gedanken schon genug.

Das hatte er jedenfalls gedacht.

Bevor Harry sich neben ihn gelegt und dann auf ihn gerollt hatte.

Dann war die Welt auf einmal in Erdbeermarmelade steckengeblieben.

Und er wusste, dass er nicht durfte, nicht konnte, weil das alles kaputt machen würde, weil dann alles anders sein würde, weil seine Gefühle viel zu groß waren.

Aber das war egal, weil die Zeit stehengeblieben war, und sie für immer stehenbleiben würde, solange Harrys Lippen auf seinen waren.

Und dann wich Harry einen Millimeter zurück, und die Zeit war zurück.


Auf seiner Stirn lag ein eiskaltes Handtuch.

Die Welt bestand aus einem Sirup, der ekelhaft nach Kräutern und Alkohol schmeckte.

Immerhin hatte sein Fiebertraum aufgehört, und mit ihm Harry.

Bis er wieder auftauchte.

Keine zwanzig Zentimeter von seinem Gesicht entfernt.

Mühelos schlüpfte er in seine Gedanken, in den zähen Sirup, der schon ohne Harry undurchdringlich genug gewesen war.

Und er wusste, dass er nicht durfte, nicht konnte, weil das alles kaputt machen würde, weil das schon mal alles kaputt gemacht hatte, weil seine Gefühle nur größer geworden waren.

Aber das war egal, weil Harrys Lippen auf seinen lagen.

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