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„Kannst du überhaupt nähen?", fragte er, als sie am nächsten Morgen um Viertel nach Acht die Tür mit dem Ellenbogen öffnete, weil sie Kaffeebecher trug.

„Machst du Witze? Mein ganzes Outfit ist selbstgemacht. Ich hasse Mainstream-Fashion."
Mit der Fußspitze schob sie einen Stoffhaufen zur Seite, bevor sie sich ihm gegenüber hinsetzte.

„Na dann", sagte er und nahm seinen Kaffee entgegen.

„Du warst wirklich die ganze Nacht hier, oder?", fragte sie und sah nach draußen.

„Ja", sagte er und nahm einen Schluck.


Purer Zucker wie pures Leben wie pures Gold in den Adern.

Ein stolpernder Rhythmus, immer schneller, der Tanz eines Kindes.

Ein kleiner Wasserfall kurz vor der Tür zum nächsten Raum, durch den man nur verschwommen den kleinen Kirschbaum erkennt, der sich in den Beton gefressen hat.

Vögel?


„Es gibt nur zwei Regeln", sagte er und starrte in den Kaffee. „Erstens: Ich mag meinen echten Namen nicht, deswegen benutzen wir meinen Spitznamen, Hazza. Zweitens: Wenn du dich heute gut schlägst, bist du dabei. Wenn."

Er sah auf.

Direkt auf ihre Nasenspitze.

Sie zog die Augenbrauen hoch.

„Du sagst das, als würde der Laden schon ewig laufen. Und als würdest du heute eine regelrechte Apokalypse erwarten", sagte sie. „Oh. Und ich bin Jodie."

Sie trank einen großen Schluck Kaffee.

Weil sie schon wieder rot geworden war.

Hazzas Mundwinkel zuckten.

„Ab sofort pünktlich. Und ich mag Kaffee nur schwarz. Also", er lächelte vielleicht ein wenig, „wir gehen jetzt schwarze Farbe besorgen."

„Schwarze Farbe?", fragte Jodie.

Hazza war schon draußen und starrte sie durchs Schaufenster an.

„Nein. Du gehst Spiegel kaufen", sagte er, drückte ihr ein schmales Geldbündel in die Hand und drehte sich um.

Er war niemand, der gerne Zeit verschwendete.

Vor allem, weil seine Mutter zwar auf seiner Seite war - aber sein Vater nicht ganz.

Und sein Vater hatte die Macht.

Eigentlich das Geld, aber das lief auf das gleiche hinaus.

„Muss ich verstehen, wieso wir jetzt schwarze Farbe und Spiegel kaufen? Ist das ein neuer Trend, von dem ich noch nichts gehört habe?", fragte Jodie, ein bisschen außer Atem, weil sie noch ein wenig verwirrt vor dem Laden gestanden hatte und dann rennen musste, um Hazza einzuholen.

„Und ich dachte, du magst keine Trends", sagte Hazza, ohne sie anzusehen.

„Ja, und?"

„Ich auch nicht. Deswegen höre ich nicht auf die Gesellschaft. Sondern auf mich."

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