16 | harry

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Ein Gewitter brach los, kaum, dass Anne-Marie auf den Teppich getreten war.


Donner aus Schreien, Blitze aus Kameras.

Unruhiger Sturm, Wind aus allen Richtungen, schwankend stehenbleiben.

Und dann: wie ein Fels in der Brandung.

Gleitet immer wieder aus dem Blick, verspiegelt, rutschig.

Kleine, gelbe Blümchen, die sich krampfhaft am Stein festhalten.

Kein Fels in der Brandung.

Der Mittelpunkt des Sturms.


Kam es ihm nur so vor, oder waren die Kameras nicht nur nach vorne gerichtet?

Lächelnd blieb er im Schatten stehen, sah Anne-Marie zu, die strahlte, obwohl sie doch in schwarz gekleidet war.

Weiter hinten erkannte er Shawn, funkelnd im Blitzlichtgewitter, der mit einem Reporter sprach.

Sein Blick landete auf Hazza, blieb kurz hängen, nur so lange, wie Hazza brauchte, um den Kopf zu schütteln.

Heute würde sein Name noch nicht verraten werden.

Hoffte er jedenfalls.

Denn in dem Sturm kam er sich auf einmal so klein vor, so verletzlich, so lächerlich.

In dem Netz, aus dem sein Oberteil bestand, hatten sich längst schon zu viele Blicke verfangen.

Das Gewitter um seine Beine hatte sich gegen ihn gewandt, versuchte, ihn zu zerstören.

Auf den High Heels stand er sowieso schon nur wackelig, auch, wenn er im Zelt noch so selbstbewusst gewesen war.

Und das Lächeln war schon längst verschwunden.

„Ich werde verrückt", sagte Jodie zu ihm, den Blick starr auf den Teppich gerichtet, als würde er sonst verschwinden.

Ihm war schlecht.

Es war keine gute Idee gewesen, jetzt schon damit anzufangen.

Überhaupt damit anzufangen.

Sein Vater hatte Recht gehabt, wie immer.

Er war nicht dafür gemacht.

Nicht dafür gemacht, im Mittelpunkt zu stehen, noch nicht mal dafür, nur dabei zu sein, zuzuschauen.

„Trägst du mich zurück, wenn ich umkippe?", fragte Jodie.

Gerade fühlte sich Hazza eher selbst so, als würde er gleich ohnmächtig werden.

Nicht, weil vor ihm Leute herumliefen, die er seit seiner Kindheit bewunderte, nicht wegen der ganzen Klamotten, von denen wenigstens ein Teil unfassbar war.

Es war alles in seinem Kopf.

Nur in seinem Kopf.

Er schloss die Augen.

Atmete tief durch.

Aber der Schwindel blieb, hartnäckig, wollte nie wieder gehen.

„Ich warte vorne auf dich", murmelte er Jodie zu, während er sich schon an ihr vorbeischob.

„Aber Harry kommt gerade! Hey!", rief sie ihm hinterher.

Hazza sah nicht zurück.

Auch, wenn sein ganzer Körper versuchte, ihn zum Bleiben zu überreden.

Ausnahmsweise war sein Gehirn stärker.

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