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„Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben. Wir legen sofort los, meine Kollegin wird Ihnen nur noch kurz das Mikrofon -"

Ein Klopfen unterbrach ihn, gefolgt von einem einzigen, synchronen Einatmen.

Hazza drehte sich zur Tür.

„Entschuldigen Sie, ich will nicht stören – dürfte ich Mr. Steele kurz entführen? Es gibt ein Problem mit dem zweiten Outfit."

„Natürlich! Natürlich, gar kein Problem! Lassen Sie sich ruhig Zeit, wir werden hier auf Sie warten", sagte der Mann, der jetzt eigentlich das Interview machen sollte, und ließ zu, dass Hazza entführt wurde.

„Ist irgendetwas kaputt?", fragte er Harry.

Der hatte ihn am Ellenbogen gegriffen und führte ihn nun zielstrebig durch das Chaos im Backstagebereich.

„Nein. Aber ich konnte denen ja schlecht sagen, dass es deiner liebenswürdigen Assistentin ... nicht gerade gut geht, oder?", meinte Harry und wich einem Engel aus.

„Was ist passiert?"

Jetzt rannten sie fast, Hazza vornweg, obwohl er gar nicht wusste, wohin er überhaupt ging.

„Wenn ich das wüsste, hätte ich Sie nicht in Ihrem Interview gestört", hörte er Harrys Stimme wie durch dichten Nebel.

Um die Kurve, einem Kleiderständer voller Flügel ausweichen, weiterrennen.

„Sie lag auf dem Boden, als ich reingekommen bin. Ich weiß nicht, was davor passiert ist; mein Manager hat einen Krankenwagen gerufen und ist jetzt irgendwo da draußen, damit sie den Weg finden. Und ich dachte mir, dass Sie bestimmt auch informiert werden wollen."

„Wer ist gerade bei Jodie?", stieß Hazza hervor und rutschte beinahe auf herumfliegenden Federn aus.

Wenn Harry sie ganz alleine gelassen hatte, würde er die Anzüge höchstpersönlich aus dem Fenster schmeißen.

Und Harry gleich hinterher.

„Eins von den Models."

Hazza zog die Augenbrauen hoch.

Mussten die Engel nicht gerade ihren Auftritt durchgehen?

„Wir waren mal zusammen", sagte Harry noch, als hätte er seine Gedanken gelesen, bevor er abrupt vor einer Tür hielt und sie aufriss.

Drinnen war es nicht weniger hektisch als draußen.

Der Krankenwagen war wohl schon vor ihnen angekommen, und jetzt wimmelte es im Raum.

„Können Sie mir sagen, was mit ihr passiert ist?", wandte sich Hazza an die nächstbeste Person, die gerade nicht kopflos durch die Gegend rannte.

„Tut mir leid, das sind vertrauliche Informationen", bekam er sofort die Abfuhr. „Sind Sie ihr Freund?"

„Ein Freund. Kommt sie ins Krankenhaus? Kann ich mitkommen?"

„Mr Steele. Setzten Sie sich, ich kümmere mich darum. Es tut mir leid, ich wollte Ihnen keinen solchen Schrecken einjagen."

Harry.

Natürlich war es Harry, der einen kühlen Kopf behielt, der ihn an den Schultern griff und zum Sofa führte, gegenüber von dem, auf dem Jodie liegen musste.

Hier war viel zu wenig Sauerstoff!

Kein Wunder, dass es ihr nicht gut ging.

Und kein Fenster weit und breit.

Und viel zu viele Leute.

Viel zu viele.


Ertrinken im Regen.

Mit einem Engel an der Seite.

Der sich in Luft auflöst, sobald man selbst etwas von ihm will.

Der nur lächelnd zuschaut, weil er genau weiß, dass statt Luft schon längst Wasser die Lunge füllt.

Dessen gelbes Kleid langsam schwarz wird.

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