37 | amorphus

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a m o r p h o u s

oktober 2014

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Harry || Wenn ich mich darauf einlasse, fühle ich mich einen Moment lang, als könnte ich ewig leben. Das Kreischen der Menge ist selbst durch meine Ohrstöpsel zu hören und kurz bin ich versucht, einen von ihnen herauszunehmen, um wahrlich von all dem Adrenalin getroffen zu werden. Als würde Liam meine Gedanken lesen können, wirft er mir einen warnenden Blick zu. Doch ich weiß, dass ein Teil von ihm ebenfalls versucht ist, noch mehr in den Augenblick einzutauchen, denn das hier ist unsere Droge.

Die meisten Leute vermuten, dass es das Geld ist, weswegen wir jeden Abend auf die Bühne gehen. Doch die Bezahlung ist mir egal, denn es ist dieses unglaubliche Gefühl, dieses alles verändernde Pochen deines Herzens, das so viel mehr wert ist. Das ist es, warum ich meinen Job liebe.

Den anderen vieren geht es genauso, zumindest haben drei von ihnen den gleichen verträumten Ausdruck im Gesicht wie ich, während wir uns ein letztes Mal verbeugen. Zayn hingegen sieht aus, als würde er am liebsten direkt von der Bühne stürzen. Es überrascht mich jedoch nicht wirklich, denn es ist in letzter Zeit immer öfter vorgekommen.

„Danke für diese unglaubliche Tour. Ihr seid die Besten", schreit Louis in sein Mikrofon, was ein erneutes Kreischkonzert auslöst.

Eine weitere Verbeugung, ein letztes Mal das Sinken unter die Bühne und dann ist es offiziell vorbei. Die Where We Are Tour hat ihr Ende gefunden.

„That's a wrap!", ruft unser Tourmanager begeistert und scheucht uns dann in Richtung der Duschen, die es bei Weitem nicht in jedem Stadion gibt. Oft wischen wir uns einfach nur behelfsmäßig den Schweiß von der Stirn, während wir in Richtung der Vans hetzen.

Heute jedoch ist alles anders, denn der letzte Abend der Tour ist immer etwas Besonderes. Oder sollte es zumindest sein, doch anscheinend sieht Liam das anders, denn er stößt Louis mit voller Wucht gegen die Wand, sobald wir die Umkleide betreten haben. Der Metallschrank im Rücken meines besten Freundes quietscht lautstark.

„Was ist denn hier los?" Eilig versuche ich die beiden auseinanderzuziehen, habe jedoch nur mäßig Erfolg. Gegen Liam und seine Muskeln habe ich keine Chance, dafür ist er viel zu fitnessbesessen, während ich mich meist lieber noch einmal im Bett umdrehe. Mein bester Freund ist auch keine Hilfe, den Konflikt zu lösen. Louis macht nicht einmal Anstalten, sich zu wehren, sondern sendet bloß hitzige Blicke in Liams Richtung aus.

„Kannst du nicht einmal das tun, was du sollst, Louis?"

Liam haut mit voller Wucht gegen den Metallschrank, der ein Scheppern von sich gibt. Wenn es so weitergeht, überlebt er nicht lange.

„Du gehst mir so auf den Sack mit deiner Kontrollsucht", entgegnet Louis lautstark, einen ganzen Kopf kleiner als Liam, doch mit keinem bisschen Furcht in den Augen. Vielmehr wirkt er, als würde er die Situation beherrschen.

„Wenn du dich nur ein verdammtes Mal an die beschissenen Laufwege halten würdest, müsste ich dich nicht kontrollieren, du Intelligenzbestie!"

Louis schiebt Liam so heftig nach hinten, dass dieser ein paar Schritte rückwärts durch den Raum stolpert. Ohne Zweifel nur möglich, weil der Überraschungseffekt auf seiner Seite war, denn ansonsten hätte er ihn nie überwältigen können.

„Musst du gerade sagen, Liam! Du hängst doch nur noch mit Sophia am Telefon, anstatt dich auf die Band zu konzentrieren."

Liam ballt die Hände zusammen. „Lass gefälligst meine Freundin hier raus. Das hat nichts damit zu tun, dass du dich nicht einmal im Leben an Regeln halten kannst. Nur weil du falsch gelaufen bist, hat Zayn fast ein Feuerwerkskörper getroffen."

Serendipity || h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt