22 | mellifluous

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m e l l i f l u o u s

august 2013

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Allison || Die Haustür fällt mit einem lauten Knall zu, doch als Helen zu mir in die Küche tritt, hat sie bereits wieder ein Lächeln auf den Lippen, als wäre ihre schlechte Laune verschwunden, sobald sie sich in unseren vier Wänden aufhält.

In der Woche, die wir jetzt bereits zusammenwohnen, habe ich bisher noch nicht erlebt, dass meine Mitbewohnerin überhaupt einmal von ihrem optimistischen Wesen abgewichen ist. Während ich mich morgens über die frühe Uhrzeit beschwere, hat Helen stets bloß ein Lächeln im Gesicht und erzählt mir, dass wir so einfach mehr vom Tag über haben.

Mittlerweile glaube ich, dass Helen jemand das Lächeln ins Gesicht geklebt hat, so oft wie es sich in ihre Gesichtszüge schleicht. Aber es steht ihr und es ist eine willkommene Abwechslung, jemanden zu haben, der grundsätzlich wie der strahlende Sonnenschein durch die Wohnung läuft. Dadurch erinnert sie mich ein wenig an meine beste Freundin Jillian, die momentan dabei ist, sich in Los Angeles einzuleben und mir tägliche Updates schickt, wie toll alles sei. Ein Teil von mir vermutet, dass Jill mich bloß davon abhalten will, mich um sie zu sorgen, aber das tue ich ohnehin.

„Und?" Ich betätige die Kaffeemaschine, um Helen ihr Lieblingsgetränk vorzubereiten und bin überrascht darüber, wie sehr sich das bereits nach Routine anfühlt. In den letzten Tagen haben wir langsam unsere Grenzen ausgetestet, unsere Vorlieben kennengelernt und glücklicherweise festgestellt, dass unser Zusammenleben eigentlich wirklich gut funktioniert. Da sie bisher die einzige Person ist, die ich in London kenne, bin ich froh darüber. Helen scheint es ebenfalls so zu gehen, denn sie zieht mich jeden Tag optimistisch auf Erkundungstour und lässt sich jetzt selbstverständlich auf den Stuhl neben mir fallen, um mir von ihrem Date zu erzählen.

„Schon wieder schrecklich, Ally. Es war der totale Reinfall", meint sie und schenkt mir ein dankbares Lächeln, als ich ihr ein Stück meiner Rittersportschokolade gebe.

„Ich esse eigentlich gar keine Süßigkeiten", erinnert sie mich, während sie skeptisch auf meine Gabe herunterschielt.

„Ausnahmesituationen sind erlaubt. Komm schon, gönn dir mal was." Ich sehe sie auffordernd an, bis sie schließlich grinsend mit den Schultern zuckt und sich die Schokolade in den Mund schiebt. „Du bist erst vor einer Stunde losgegangen. Was ist passiert, Hel?"

Zum ersten Mal seitdem ich meine Mitbewohnerin kenne, verrutscht ihr Lächeln ein wenig. „Man könnte meinen, dass Männer zumindest eine Uhr lesen kennen. Aber nein, natürlich kam dieses besondere Exemplar total zu spät. Oder zumindest habe ich das in den ersten dreißig Minuten noch gedacht. Dann ist mir bewusst geworden, dass er mich einfach versetzt hat."

„Was für ein Idiot", entgegne ich aufgebracht. „Der hat dich sowieso nicht verdient. Jeder, der dich versetzt, hat einen Totalschaden."

Meine Worte entlocken Helen ein Lachen. „Vielleicht hat er auch einfach Glück gehabt."

„Nein, hat er nicht. Du bist der totale Hauptgewinn. Ich habe nicht einmal eine Woche gebraucht, um das zu merken. Dieser Idiot hat eindeutig was verpasst", erwidere ich und meine es auch wirklich so. Meine Mitbewohnerin ist ein wunderbares Mädchen und jeder Mann könnte sich glücklich schätzen, wenn sie ihm ihr Herz schenkt.

„Nun, anscheinend weiß die Männerwelt leider noch nicht, dass ich der totale Hauptgewinn bin", grinst Helen augenverdrehend und trinkt dann kopfschüttelnd einen großen Schluck Kaffee, nachdem ich ihr die Tasse hingestellt habe. „Ich habe so viel Pech bei Männern, da könnte man ein ganzes Buch drüber schreiben."

Serendipity || h.s. ✓जहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें