23 | pyrrhic

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p y r r h i c

august 2013
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Allison || Die Schreie sind wie Kanonenschüsse, die sich allesamt direkt in mein Herz bohren und es in tausend Teile zerfetzen. Das Gekreische lässt mich zusammenzucken und ich ziehe die Schultern ein, bemüht darum, inmitten all der anderen Gäste so unsichtbar wie möglich zu werden.

Eleanor neben mir steht dagegen all der Aufmerksamkeit mit absoluter Ruhe gegenüber und verteilt ein Lächeln nach dem anderen, während wir uns den Weg über den roten Teppich bahnen. Ihr blaues Kleid stellt ihre Kurven hervorragend zur Geltung und sie gibt mir das Gefühl, als hätte sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan, als Filmpremieren zu besuchen.

Ich hingegen könnte mir gerade tausend schönere Orte vorstellen, an denen ich gerade lieber wäre. Einzig Harry, der in einiger Entfernung von uns mit seinen Bandmitgliedern Autogramme kritzelt und aufgrund des Gekreisches wahrscheinlich bereits halb taub ist, ist der Grund, warum ich nicht schreiend wegrenne. Ich habe meinem Freund versprochen, dass ich heute mit ihm unseren ersten öffentlichen Auftritt gebe und das Versprechen ist es, was meine Füße nun auf diesem roten Teppich festklebt.

„Sind die Fans immer so", ich winke unbestimmt durch die Luft, während ich nach dem richtigen Wort suche, „euphorisch?"

Eleanor lacht. „Euphorisch trifft es gut. Aber ja, meistens gehen sie alle so ab, wenn sie die Jungs sehen. One Direction hat eingebautes Kreischpotenzial."

Mit wackeligen Schritten folge ich ihr einige Meter den roten Teppich entlang, der für meine Highheels, auf denen ich ohnehin nicht richtig laufen kann, der absolute Tod ist.

„Du löst aber auch einiges an Aufregung aus", merke ich an, als die Mädchen in unserer Nähe lauter schreien, sobald wir an ihnen vorbeistolzieren.

„Die Schreie sind nicht alle für mich, sondern auch für dich."

Eleanor winkt ihnen mit einem halben Lächeln auf den Lippen zu und dreht sich dann wieder zu mir hin. Sobald sie meine aufgerissenen Augen sieht, fängt sie an zu grinsen. „Was hast du gedacht, Ally? Du bist Harry Styles' Freundin."

Ich schlucke laut. „So aufregend bin ich gar nicht. Wieso ignorieren sie mich nicht einfach?"

„Weil du das hast, was sie alle haben wollen", entgegnet Eleanor und ergänzt dann, als sie meinen verwirrten Blick sieht: „Du hast Harry."

„Aber Harry ist einfach – Er ist doch einfach Harry."

„Ja. Aber gleichzeitig himmeln in Millionen von Mädels an und die Hälfte ist begeistert darüber, dass ihr eine Beziehung habt, während die andere Hälfte dich am liebsten umbringen will." Sie legt mir beruhigend einen Arm über die Schulter. „Tut mir leid, Ally. Aber das ist die Wahrheit und ich will dich nicht anlügen. Es ist nicht immer einfach."

Das ist die Untertreibung des Jahres und ich wische mir panisch meine schwitzenden Handflächen an dem Kleid ab, das meine Eltern mir am Wochenende aus Manchester mitgebracht haben, als sie mich besuchten. Am liebsten wäre ich gerade ebenfalls in meiner Heimatstadt und ganz weit weg von diesem Drama. Mit vor Angst klopfendem Herzen sehe ich hilfesuchend in Harrys Richtung, doch er bemerkt mich nicht einmal.

Eleanor stupst mich an. „Komm, lass uns ein Foto machen, Ally."

„Das ist keine gute Idee", murmele ich mit aufgerissenen Augen.

Serendipity || h.s. ✓Where stories live. Discover now