Kapitel 39

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„Danke", murmle ich, als wir bei meinem Haus angekommen sind. Ich schnalle mich ab, doch mache keine Anstalten, aus seinem Auto auszusteigen. Stattdesseen drehe ich mich zu ihm und mustere Colin. Wieso sieht er von Tag zu Tag immer besser aus?

„Ich denke, ich muss mich eher bei dir bedanken. Schließlich hast du uns durch deine heldenhafte Tat vor dem bösen Mann gerettet", antwortet er und grinst mich daraufhin an. Doch kurz danach wird sein Blick wieder ernst. Nervös knete ich meine kalten Finger und versuche ruhig zu atmen. Okay, ich muss unseren Streit einfach anreden. Ansonsten flippe ich bald noch aus.

„Soll ich noch mit reinkommen?", fragt Colin plötzlich, bevor ich etwas sagen kann. Verblüfft schaue ich ihn an und weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Warum will er mitreinkommen?

„Jemand sollte das verarzten", erklärt er und deutet dabei auf mein Gesicht. „Du siehst nämlich echt schrecklich aus."

„Vielen Dank auch", lache ich laut auf. „Außerdem kannst du nichts tun, um es besser zu machen. Ich blute nicht einmal."

„Stimmt. Aber vielleicht habe ich einfach nach einem Vorwand gesucht, um dich ins Haus zu begleiten", gibt er zu und verzieht dabei keine Miene. Verdammt, dieser Typ macht mich so verrückt. Ich zögere einen Moment, versuche mich zu konzentrieren, doch mein pochender Kopf und die Tatsache, dass Colin neben mir sitzt und mich erwartungsvoll ansieht, macht dies ziemlich schwer.

Schließlich seufze ich leise. „Okay", sage ich und steige dann aus dem Auto. Ob wir uns nun hier über alles unterhalten oder in meinem Zimmer macht doch auch keinen Unterschied. Außer vielleicht, dass wir uns drinnen nicht anschreien können, da meine Eltern bestimmt schon schlafen, aber vermutlich ist das auch besser so.

Colin folgt mir stumm zur Haustür und wartet geduldig darauf, bis ich den Schlüssel aus meiner Jacke hervorkrame. Zum Glück befinden sich weder dieser noch mein Handy in meiner Tasche, denn die habe ich auf der Party liegenlassen. Lilly wird sie schon mit nach Hause nehmen. Hoffe ich einmal. Um auf Nummer sicher zu gehen, schreibe ich ihr trotzdem eine Nachricht, nachdem wir das Haus betreten haben.

Ich deute Colin leise zu sein und schleiche mich mit ihm nach oben in mein Zimmer. Während er es sich wie selbstverständlich auf meinem Bett gemütlich macht, husche ich ins Bad, um mich endlich abzuschminken und meine Zähne zu putzen. Als mein Blick das erste Mal heute Nacht auf mein Spiegelbild fällt, starre ich erschrocken auf mein Gesicht. Jetzt weiß ich auch, warum Colin findet, dass ich schrecklich aussehe, denn das tue ich tatsächlich. Mein linkes Auge hat sich rot-blau verfärbt und ist ziemlich angeschwollen. Noch dazu ist meine komplette Schminke verlaufen, da mein Auge so tränen musste. Auch meine Nase hat etwas von den bunten Farben abbekommen, jedoch sieht sie im Gegensatz zu meinem Auge gar nicht mal so schlimm aus.

Ganz vorsichtig tupfe ich mit einem Wattepad über meine Wange, um die Schminke loszuwerden, doch als ich mein verletztes Aug berühre, beginnt es vor Schmerzen wieder zu tränen. Fluchend widme ich mich dem zweiten Auge, putze mir anschließend die Zähne und ignoriere die restliche Wimperntusche.

Zurück in meinem Zimmer suche ich in meinem Kleiderschrank nach einer bequemeren Hose, um endlich diese Jeans loszuwerden. Als ich eine gefunden habe, werfe ich einen kurzen Blick zu Colin, der nach wie vor auf meinem Bett sitzt und mich beobachtet. Für einen kurzen Moment überlege ich wieder ins Bad zu gehen, doch dann verwerfe ich den Gedanken. Als hätte Colin mich nicht schon oft genug in Unterwäsche gesehen. Trotzdem bin ich ein wenig nervös, als ich mir meine Hose ausziehe.

Als ich Colins Blick begegne, ziert ein Grinsen sein Gesicht, doch er sagt nichts dazu. Ich verdrehe nur meine Augen und zwänge mich in die Jogginghose hinein. Danach setze ich mich mit etwas Abstand zu Colin ebenfalls aufs Bett und spiele nervös an einer Haarsträhne herum, die mir ins Gesicht hängt.

„Warum wolltest du noch mitkommen?", frage ich schließlich, als ich die Stille zwischen uns nicht mehr ertrage.

Colin sieht mich einen Augenblick lang nachdenklich an, eher er antwortet „Weiß nicht so genau. Vielleicht wollte ich dich einfach noch nicht gehen lassen."

Überrascht öffne ich den Mund, um etwas zu erwidern, doch mir fallen keine passenden Worte ein. Wie meint er das? Wollte er mich heute nicht gehen lassen oder bezieht er das auf unseren Streit? Ein wohlig warmes Gefühl breitet sich in meinem Körper aus. Fast muss ich lächeln, doch ich halte mich zurück.

„Ich fühle mich echt schlecht", redet er weiter und senkt seinen Blick dabei. „Nur weil dieses Arschloch Ärger mit uns gesucht hat, hat er dir eine reingehauen. Tut mir leid, dass ich nichts dagegen getan habe."

Jetzt kann ich das Lächeln doch nicht verhindern. „Du kannst doch nichts dafür. Außerdem, so schlimm ist es gar nicht." Wenn das mal keine Lüge ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann mir das letzte Mal etwas so sehr wehtat, auch wenn ich es versuche zu ignorieren.

Nun schaut Colin wieder hoch und betrachtet mein blaues Auge. Er richtet sich von seiner lümmelnden Position auf und legt ganz sanft eine Hand an meiner Wange. Ich atme tief ein und genieße diese Berührung in vollen Zügen.

Doch irgendeine Stimme in meinem Hinterkopf ruft mir zu, dass ich das gefälligst lassen soll, bevor wir nicht über unseren Streit geredet haben. Schließlich können wir nicht einfach so tun, als wäre das alles nie passiert. Nur wenn wir das geklärt haben, können wir es aus der Welt schaffen. Und so sehr ich Colin auch vermisst habe, bin ich doch noch ein ganz klein wenig wütend auf ihn, dass er mir nicht geglaubt hat.

Seufzend entziehe ich mich seiner Berührung. „Colin, das geht so nicht. Wir müssen-"

Doch bevor ich auch nur ein weiteres Wort sagen kann, beugt er sich plötzlich zu mir herunter küsst mich.

Völlig überfordert weiß ich im ersten Moment nicht, was ich tun soll. Meine Gefühle fahren plötzlich Achterbahn und mein ganzer Körper schreit danach, diesen Kuss zu erwidern, auch wenn mein Verstand das eigentlich nicht zulassen möchte.

Ach, scheiß drauf.

Ohne dass mir wirklich bewusst ist, was hier gerade passiert, erwidere ich schließlich den Kuss. Alles in mir kribbelt und als Colin näher zu mir rückt, seine Arme vorsichtig an meinem Rücken legt und mich noch intensiver küsst als zuvor, setzt mein Verstand vollends aus.

Ganz sanft drückt mich Colin in die Matratze hinein, sodass er irgendwann über mir liegt. Meine Hände fahren unter sein T-Shirt und erkunden seinen Körper. Als ich an sein T-Shirt ziehe, lässt er kurz von mir ab, damit ich es ihm über den Kopf ziehen kann. Grinsend strahlt er mich an. Ich erwidere es und keine Sekunde später befinden sich seine Lippen wieder auf meinen.

Es dauert nicht lange, bis ich mein Oberteil ebenfalls los bin. Stöhnend winde ich mich unter seinem Körper. Versuche ihm so nahe wie möglich zu sein. Plötzlich sind seine Hände an dem Verschluss meines BHs, doch bevor er ihn öffnet, unterbricht er den Kuss und sieht mich fragend an. Grinsend öffne ich meinen BH einfach selbst und streife ihn von meinem Körper ab. Ich liebe diesen Blick, mit dem er schließlich meinen Körper mustert. So verlangend und doch so liebevoll.

Als ich diese Unterbrechung nicht länger ertrage, küsse ich ihn erneut. Ich genieße diesen Augenblick. Genieße seine Berührungen an meinem ganzen Körper. Genieße es, dass es hier und jetzt nur uns beide gibt.

Ich lasse mich einfach fallen und gebe mich diesem wunderbaren Gefühl voll und ganz hin, in der Hoffnung, dass dieser Moment nie vorbei sein mag.

Beziehung für eine NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt