Kapitel 9

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Den Montag überstehe ich durch jede Menge Schlaf und Serien. Mein Gesundheitszustand lässt immer noch zu wünschen übrig, aber ich bin mir sicher, dass meine Mutter mich keinen zweiten Tag zu Hause lässt. Es war schon ein wahres Wunder, dass sie mich heute nicht gezwungen hat, in die Schule zu gehen. Ein zweiter Tag daheim würde den Weltuntergang bedeuten und ich weiß ja nicht, wie es anderen geht, aber ich möchte mein Leben noch gerne ein wenig genießen.

Wie erwartet weckt mich meine Mutter höchstpersönlich am nächsten Tag auf, damit sie sicher sein kann, dass ich auch brav aufstehe. Ich quäle mich aus dem Bett und versuche mich in der Dusche gesund zu schrubben. Ja, in meiner Verzweiflung komme ich nun mal auf dumme Gedanken.

Noch ziemlich erschöpft bringe ich das Frühstück nur mit Mühe hinunter und verlasse dann das Haus. Am liebsten würde ich mich auf den Boden legen und einfach schlafen. Wer weiß, vielleicht finde ich in der Schule eine Möglichkeit dazu.

„Du siehst schrecklich aus." Wie schön es doch ist, solche Worte als Begrüßung zu hören. Lilly ist eine wahre Freundin.

„Welches Mädchen freut sich nicht über solch netten Worte?"

„Ach komm. Du weißt, dass ich recht habe", meint sie lächelnd.

„Ja, ich weiß, dass ich super sexy aussehe, danke", antworte ich und versuche zurückzulächeln, doch meine Motivation hat sich so tief vergraben, dass ich sich nicht einmal ein Grinsen auf mein Gesicht schleichen will. „Ich rate dir, dich heute von mir fernzuhalten, wenn du nicht angeschrien werden willst." Wenn ich krank bin, kann ich ziemlich ungut werden und Lilly ist die Letzte, die ich verscheuchen will.

„Als ob ich das noch nie miterlebt hätte", sagt sie locker. Naja, da soll keiner sagen, ich hätte sie nicht gewarnt.

Die Stunden vergehen so langsam wie noch nie und alles woran ich denken kann, ist mein warmes, gemütliches Bett. Meine Kopfschmerzen werden mit der Zeit immer unerträglicher und am liebsten würde ich meine Mutter richtig anschreien, warum sie mir das antut, aber es würde nichts ändern.

Als ich in der Pause gerade zu meinem Spind gehe, kommt mir Colin entgegen. Ich hoffe, dass er mich einfach übersieht, doch natürlich bemerkt er mich. Das wäre auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.

„Hey Vivien. Ich habe dich gestern vermisst. Die Stunde war wirklich langweilig ohne dich." Er hat sein typisches Grinsen aufgesetzt.

„Nicht jetzt, Colin", schnauze ich ihn an. Ich bin gerade wirklich nicht in Stimmung dafür.

„Du siehst echt nicht gut aus, geht's dir gut?", fragt er und ich weiß nicht, ob er tatsächlich besorgt ist, oder nur so tut. Irgendwie würde mich beides nicht überraschen.

„Glückwunsch. Du bist die zweite Person, die mir das heute schon ins Gesicht sagt."

„Jetzt warte doch mal. Das war doch nicht so gemeint", ruft er mir nach, als ich einfach an ihn vorbeigehe.

Er folgt mir. „Bist du krank?"

„Nein, ich tue nur zum Spaß so, als ob mein Kopf jeden Moment explodieren würde."

„Warum bist in die Schule gekommen, wenn es dir nicht gut geht?"

„Weil meine Mutter mich sonst in Stücke zerhacken würde", antworte ich genervt. Kann er nicht endlich still sein? Mein Kopf leidet schon ohne seiner lauten Stimme genug.

Er bleibt stehen und ich glaube schon, dass ich ihn endlich los bin, doch plötzlich kommt er mit schnellen Schritten auf mich zu und hält mich am Handgelenk fest, sodass ich stehenbleibe.

„Was?", blaffe ich ihn an.

„Komm, wir gehen", sagt er und zerrt mich in Richtung Ausgang.

„Wohin?", frage ich und versuche mich gegen seinen Griff zu wehren, doch heute bin ich eindeutig zu schwach dafür.

Beziehung für eine NachtOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz