Kapitel 30

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Die restliche Woche über wird in der Schule nur noch über den Ball diskutiert. Ich kann es einfach nicht mehr mitanhören. Egal, wo man hingeht, überall haben die Mädchen die Köpfe zusammengesteckt und flüstern über ihre Kleider, als ob man daraus ein Geheimnis machen müsste. Auch den Jungs ist anzusehen, dass etwas bevorsteht. Ständig hört man sie über irgendwelche Mädchen reden, mit denen sie wohl ausgehen werden, oder es sich zumindest wünschen.

Am Tag des Balls ist es sogar so schlimm, dass ich mich während der Mittagspause in einem der Musiksäle verkrieche, damit ich dem Ganzen mal für eine Weile entkomme. Wenigstens ist es nächste Woche vorbei und ich kann wieder normale Gespräche führen.

Gerade als ich mich meinem Salat widmen will, geht die Tür auf und Colin spaziert gut gelaunt herein. Das war es wohl mit meiner Ruhe.

„Ich habe dich gesucht. Lilly hat mir verraten, dass du dich hier versteckst“, erklärt er mir grinsend.

„Und das nicht ohne Grund. Was verschafft mir die Ehre deiner anwesenden Existenz?“ Es wäre eine Lüge zu sagen, seine Anwesenheit mache mir überhaupt nichts aus. Das ist das erste Mal seit unserem Kuss, dass wir uns nur zu zweit in einem Raum befinden. Und das nicht gerade in einem sehr großen.

„Ich wollte nochmal über heute Abend reden“, antwortet Colin.

„Und deswegen hättest du mir nicht einfach schreiben können?“

Colin kommt ein paar Schritte auf mich zu, was mich dazu veranlasst aufzustehen. Damit ich nicht ganz so klein bin. Aber im selben Moment denke ich mir, dass das vielleicht ein Fehler war, denn plötzlich stehen wir uns gefährlich nahe, doch zurückschrecken werde ich jetzt auf keinen Fall.

„Willst du mir denn aus den Weg gehen?“, spricht Colin leise. Obwohl er immer noch ein Grinsen im Gesicht hat, bemerke ich die Ernsthaftigkeit hinter seiner Frage.

Ohne es wirklich zu wollen wandert mein Blick von seinen Augen zu seinen Lippen, die ich vor einer Woche auf meinen gespürt habe. Ja, ich war ziemlich betrunken, aber das hat mich nicht vergessen lassen, wie gut es sich angefühlt hat. Als ich wieder in seine Augen sehe, hat er einen amüsierten Gesichtsausdruck aufgesetzt. Er kann sich bestimmt zusammenreimen, woran ich gerade gedacht habe.

„Vielleicht“, antworte ich schließlich provozierend.

„Das wird aber nicht funktionieren“, flüstert er schon fast, was eine Gänsehaut an meinem Körper auslöst.

„Und warum nicht?“

In dem Moment streckt er seine Hand aus und greift nach einer Haarsträhne, die mir ins Gesicht gefallen ist. Ganz langsam streicht er sie hinter mein Ohr, während seine Augen immer noch auf meine gerichtet sind. Ob er meinen Herzschlag wohl hört, der mir gerade unendlich laut vorkommt?

„Weil ich dich heute um 7 abhole. Ich freu mich schon“, sagt er, lässt seine Hand wieder fallen und verschwindet danach aus dem Raum. Jedoch nicht, ohne mir vorher noch einmal zugezwinkert zu haben.

Erleichtert lasse ich mich zurück auf den Stuhl fallen. Was zum Teufel ist gerade in mich gefahren? Wieso bin ich nicht einfach sitzengeblieben oder habe ihn angemeckert? Und wieso muss mein verdammter Körper so stark auf ihn reagieren? Das kann ihm doch bestimmt nicht entgangen sein.

Frustriert raufe ich mir durch die Haare. Ich will nicht die Kontrolle über meinen Körper verlieren, bloß weil Colin in meiner Nähe ist. Aber wie kann ich das verhindern? Jedes Mal, wenn ich denke, ich habe mich im Griff kommt er einfach so anspaziert und meine Vorsätze sind über den Haufen geworfen. Zumindest in letzter Zeit. Wann hat sich das geändert? Früher war es mir auch noch egal. War er mir egal. Ist er mir jetzt nicht mehr egal? Offensichtlich nicht, aber was heißt das jetzt?

Beziehung für eine NachtWhere stories live. Discover now