Rückblende 4

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Nach meiner letzten Stunde bringe ich meine Sachen in meinen Schlafsaal und laufe zum großen See. Dort habe ich mich mit Lucius verabredet. Er hat heute seine letzte Prüfung und das wollen wir feiern. Außerdem ist es eine der letzten Möglichkeiten, wo wir Zeit zu zweit verbringen können, bevor er die Schule verlässt.

Ich öffne die Tür und mein Blick wandert suchend über die Schüler am See. Vielleicht ist er auch noch nicht fertig mit der Prüfung, überlege ich und laufe auf die Wiese. Dann findet mein Blick Lucius, der am Rand an einen Baum gelehnt in der Sonne sitzt und die Augen entspannt geschlossen hält. Mit einem Lächeln auf den Lippen laufe ich auf ihn zu.

"Und? Wie war die Prüfung?", frage ich sobald ich angekommen bin und lasse mich neben ihn im Schneidersitz ins Gras sinken. Er öffnet die Augen und als mein Blick diese sehen, verraten sie mir sofort, dass ihn irgendwas im Moment sehr bedrückt. Das Lächeln verschwindet von meinem Gesicht und ich frage besorgt: "Was ist los?" Er atmet einmal tief durch und beginnt zu reden: "Also, ich verlasse ja nach diesem Schuljahr die Schule und dann sehen wir uns nicht mehr so oft oder es wird auf jeden Fall schwierig und ich weiß, dass das eigentlich kein Problem werden sollte, aber..." Man merkt, dass es ihm sehr schwer fällt, es in Worte zu fassen oder irgendwie vorsichtig rüber zu bringen. Ich hasse es, wenn Menschen, bei wichtigen Dingen, nicht auf den Punkt kommen und so wie er mich angesehen hat, betrifft mich das, was er sagen will, direkt.

Vielleicht will er ja mit mir Schluss machen. In meinem Hals bildet sich ein Kloß und ich versuche ihn herunterzuschlucken. Es war doch ehrlich gesagt nur eine Frage der Zeit, bis er genug von mir hat. Da er immer noch nicht auf den Punkt gekommen ist, unterbreche ich ihn: "Sag es einfach." Ich versuche, ihn aufmunternd anzulächeln, und nicht jetzt schon loszuheulen. "Ist wahrscheinlich besser. Wir müssen eine Pause machen", erklärt er dann und senkt seinen Blick. "Eine Pause?", frage ich irritiert, "Wie meinst du das?" Ich hebe seinen Kopf mit meiner Hand und zwinge ihn so, mich anzusehen. "So wie ich es sage. Solange du noch zur Schule gehst, machen wir eine Pause. Dann kannst du dich auf Jungs in deinem Alter einlassen", erklärt er und ich verstehe gar nichts mehr.

"Ich will aber keinen in meinem Alter", hauche ich. "Und ich möchte nicht, dass du den Rest deiner Schulzeit damit verschwendest, an mich zu denken" Lucius hebt seine Hand und streicht mir vorsichtig eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. "Also machst du Schluss mit mir?" frage ich, um endlich etwas Klarheit zu haben. Er lächelt traurig.

"Hast du eine Andere?", frage ich weiter und verenge meine Augen zu Schlitzen. Erschrocken reist er die Augen auf und ruft fast schon panisch: "Nein, wie kommst du denn auf so was?" Ich lächle ihn traurig an und erzähle ihm endlich von den Zweifeln, die mich nun schon längere Zeit verfolgen. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis du keine Lust mehr auf mich hast und eine andere findest. Ich möchte, dass du glücklich wirst und das kannst du mit mir nicht, das ist mir jetzt klar. Die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, war wirklich schön und ich möchte sie auch nicht ungeschehen machen. Aber dein Weg ist nicht der meine"

Ich möchte aufstehen und gehen, doch Lucius hält mich auf. "Pass auf, ich habe eine Idee", sagt er und ich sehe ihn auffordernd an. "Wir machen eine Pause, bis du aus der Schule kommst. Wenn du dann noch keinen anderen gefunden hast, verschwinden wir zusammen, in Ordnung?" fragt er und hält mir seine Hand hin. "Ich werde keinen anderen finden", erkläre ich und greife nach seiner Hand. "Um so besser", lächelt Lucius und hält meine Hand weiter fest. Ich muss auch lächeln und ziehe ihn an seiner Hand zu mir. Er versteht, was ich möchte und legt vorsichtig seine Lippen auf meine. Das wird unser letzter Kuss für eine sehr lange Zeit und so stecken wir beide unser ganzes Gefühl hinein.

Dann werde ich plötzlich nach hinten gerissen und statt dem Aufprall auf den Boden schleudere ich weiter. Ich falle in eine undefinierte Leere und weil mir langsam übel wird, schließe ich die Augen und hoffe, dass es bald aufhört, sich zu drehen. Während des Fallens werde ich immer wütender und ich kann nicht genau sagen, warum. Das Einzige, was ich weiß ist, das ich vor Wut koche.

Ich lande vor der Tür zum Malfoy Manor. Bum Bum Bum. Wütend schlage ich mit meiner rechten Faust gegen die große Holztür. In meiner linken Hand halte ich einen Brief, der mich heute morgen erreicht hat. Ich bin sofort hierher gekommen, habe das Gartentor mit einem Zauber geöffnet und schlage vor Wut förmlich die Holztür kaputt. Das es acht Uhr in der früh ist, stört mich dabei wenig. Nach zehn Minuten klopfen, öffnet ein verschlafener Lucius die Tür. "Layla? Weißt Du wie viel Uhr es ist?", fragt er mit rauer Stimme und reibt sich einmal mit beiden Händen über sein Gesicht. "Was ist das?", frage ich, während ich mit dem Brief wedele und versuche nicht zu schreien, obwohl das auch egal wäre. Seine Eltern sind schließlich nicht da, was mir gerade zu gute kommt.

"Ein Brief", rät Lucius und lächelt unsicher. Er hat ihn also noch nicht erkannt, weshalb ich ihn jetzt direkt vor seine Nase halte. Dann nehme ich ihn runter, um sein Gesicht wieder sehen zu können. Er ist sofort hellwach, als er erkennt, dass ich ihm die Einladung zu seiner Hochzeit zeige. "Layla, ich...", fängt er an, doch ich unterbreche ihn. "Ist das dein verfluchter Ernst?", frage ich aufgebracht. "Layla, ich kann es erklären", sagt Lucius mit deutlich zu hörender Verzweiflung in der Stimme. "Das brauchst du nicht. Ich hab es schon verstanden. Das ist wohl jetzt wirklich das Ende unserer Beziehung. So viel zu ‚wir warten bis du aus der Schule bist und dann verschwinden wir zusammen'", rufe ich und schmeiße ihm den Brief entgegen. Schwungvoll drehe ich mich um und will verschwinden, aber Lucius hält mich am Arm zurück.

"Was denn noch?", schreie ich diesmal mit Tränen in den Augen. Ich versuche wirklich wütend zu sein, aber irgendwie bin ich nur traurig und enttäuscht. Lucius zieht mich am Arm zu sich und drückt mich vorsichtig. "Es tut mir so leid", flüstert er an meinen Haaransatz und gibt mir einen kurzen Kuss auf den Kopf. Seine Nähe tut wieder mal zu gut und ich entspanne mich vollkommen. Mit einer Hand wische ich kurz die Tränen weg, diese Blöße gebe ich mir vor ihm ganz bestimmt nicht. Ich weiß nicht, wie lange wir so da standen, aber ich genieße es einfach, weil es wahrscheinlich das letzte Mal sein wird. Wenn er verheiratet ist, kann ich das vergessen. Ich kenne seine Zukünftige zwar nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie das duldet, nach allem, was zwischen ihm und mir war.

"Wer ist das, Lucius?", fragt plötzlich eine zarte weibliche Stimme von innen. Sie ist hier. Ich schubse Lucius mit all meiner Kraft weg und sofort fehlt er mir. Die Tür wird etwas weiter geöffnet und zum Vorschein kommt ein zartes, dunkelhaariges Mädchen. Sie hat vorne im Haar eine weiße Strähne, die sie nicht so streng aussehen lässt.

"Ähm, Narzissa das ist Layla", stellt Lucius mich vor. "Sie ist...", beginnt er, doch ich unterbreche ihn. "Ich bin nur gekommen, um euch zu Eurer Hochzeit alles Gute zu wünschen. Leider kann ich nicht dabei sein, weil ich bereits etwas anderes vor habe", unterbreche ich Lucius und halte ihr meine Hand hin. Sie mustert mich leicht angewidert. Hochnäsig Schlampe. Ich nehme meine Hand runter und wende mich wieder an Lucius. "Ich geh dann jetzt wieder. Schönes Leben noch", sage ich und gehe. "Komm, wir gehen wieder rein", höre ich Narzissa sagen und dann schließt sich die Tür. 

Eine Piratin in HogwartsOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz