Traum

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Ich stehe wieder in Godric's Hollow vor der kleinen Kirche, die mitten im Dorf steht. Verwirrt sehe ich mich um. Irgendwas liegt in der Luft. Ich entdecke, vor der Tür eines Wohnhauses, einen Kürbis, in den ein Gesicht geschnitzt wurde. Was soll das? Was mache ich hier? Immer noch irritiert laufe ich los, aber ich komme nicht weit. Nach wenigen Schritten trifft mich die Erkenntnis wie ein Schlag ins Gesicht. Es ist Halloween.

Sofort werde ich nervös und laufe schnellen Schrittes durch die Gassen. In der dunkelsten der Gassen sehe ich die Trümmer des Hauses, in dem meine beste Freundin gewohnt hat. Von weitem sehe ich, wie eine Person aus den Trümmern kommt und in die entgegengesetzte Richtung läuft. Wut kriecht in mir hoch und ich renne die kleine Gasse entlang. Dabei hole ich meinen Zauberstab aus meiner Manteltasche, richte ihn auf die Person und rufe: "Stehen bleiben! Sofort!" Ich versuche meine Stimme fest und bestimmend klingen zu lassen, was mir sogar relativ gut gelingt. "Hände dahin wo ich sie sehen kann", befehle ich und die Person bleibt stehen und hebt die Hände.

Ich trete an sie heran und berühre mit meinem Zauberstab den Hinterkopf mit den schulterlangen, schwarzen Haaren. "Layla, ich kann das erklären", sagt die Person vor mir vorsichtig und ich erkenne, dass es Sirius Black ist. Ich hätte nie gedacht, dass er mich und vor allem Lily und James so hintergehen könnte. Aber er war nun mal ihr Geheimniswahrer, der einzige der sie dem Dunklen Lord ausliefern konnte.

"Zauberstab fallen lassen", befehle ich mit einer nicht mehr ganz so festen Stimme. Ich bin gerade komplett durcheinander. Eigentlich war ich immer stolz, Sirius als einen sehr guten Freund, fast schon Bruder, bezeichnen zu können und hätte es nie für möglich gehalten, dass er zu Voldemorts Todessern gehört. Sirius lässt langsam seine Hand mit dem Zauberstab sinken, um ihn auf den Boden zu legen. "Gib mir eine Chance, es Dir zu erklären, Layla. Ich bitte Dich", fleht er schon fast. "Umdrehen", befehle ich weiter und er dreht sich mit langsamen Schritten zu mir um.

Wie konnte er nur? In meinem Inneren toben die Gefühle. Ich fühle mich verlassen, bin traurig, aufgebracht und enttäuscht. Mit so vielen Gefühlen auf einmal bin ich komplett überfordert. Verzweifelt versuche ich alle zu unterdrücken. Ich muss jetzt einen klaren Kopf behalten, um nichts zu tun, was ich später bereuen würde. "Lass es mich erklären", versucht Sirius es nochmal und zieht so meine gesamte Aufmerksamkeit wieder auf sich. Die Wut und Enttäuschung rücken die Trauer etwas in den Hintergrund. "Was gibt es da zu erklären? Du hast sie an den Dunklen Lord verraten. Sie haben Dir vertraut, verdammt", schreie ich ihn an und unterdrücke mit aller Kraft die aufkommenden Tränen.

"Du kennst mich, Layla", sagt Sirius und sieht mir tief in die Augen: "Du weist, dass ich eher sterbe, als sie zu verraten." Auch seine Augen scheinen leicht wässrig zu sein. Die Hand mit meinem Zauberstab sinkt ein Stück. Ich kann und will einfach nicht glauben, dass er ein Todesser ist. Er ist der einzige Freund, den ich jetzt noch habe. Ich will ihn nicht wegen so einer Scheiße verlieren. Doch da fällt mir etwas ein, was er eigentlich nicht erklären kann und ich hebe meinen Zauberstab wieder. "Warum sind sie dann tot, wenn Du sie nicht verraten hast?" frage ich und verenge meine Augen zu Schlitzen.

"Ich war nicht der Geheimniswahrer. Kurz vorher habe ich ihnen dazu geraten, nicht mich, sondern Peter zu nehmen. Ich dachte, es wäre sicherer, da jeder annehmen würde, dass ich es mache. Peter hingegen sieht nicht danach aus", erklärt er. Jetzt lasse ich meinen Zauberstab endgültig sinken, gebe meine Kampfstellung auf und frage irritiert: "Pettigrew?" Ich hebe fragend eine Augenbraue und Sirius nickt. „Jetzt siehst Du, was ich meine. Du hättest auch nicht gedacht, dass sie ihn nehmen. Und das wollte ich damit erreichen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass er bereits ein Todesser ist."

Er hat Recht. Pettigrew wäre der Letzte gewesen, von dem ich das gedacht hätte. "Du hast sie nicht verraten?" frage ich nochmal. Ich möchte eine klare Antwort von ihm. Meine Gefühle spielen immer noch verrückt und so langsam kann ich die Tränen auch nicht mehr aufhalten. Sirius schüttelt mit dem Kopf, kommt einen Schritt auf mich zu und nimmt mich ganz feste in den Arm. Das ist jetzt genau das, was ich brauche. Seine Umarmung beruhigt mich in diesem Moment und tut einfach nur gut. Ich versuche, ruhig zu atmen und die Tränen weiter zu unterdrücken. Wir stehen bestimmt eine halbe Stunde so da, bis ich mich wieder beruhigt habe.

"Wo ist Pettigrew? Der kann was erleben", sage ich und schiebe Sirius ein Stück von mir weg. Jetzt wo die Tränen weg sind, bleibt nur noch die Wut und der Wunsch Lily und James Tod zu rächen. "Ich wollte ihn gerade suchen, als Du gekommen bist", antwortet Sirius und hebt seinen Zauberstab wieder vom Boden auf. Dann hält er mir seinen Arm hin, um mich bei ihm unter zu haken und dann gemeinsam zu aparieren . Wir werden in den Schlauch gezogen und ich schließe meine Augen.

Als ich sie wieder öffne, stehen Sirius und ich vor einem in die Enge getriebenen Pettigrew. Er zittert am ganzen Leib und steht sehr gebückt. "Sirius, Layla? Was... was wollt ihr?", fragt er mit zittriger Stimme. "Zufrieden? Sie sind tot, der Dunkle Lord verschwunden und du bist Schuld", werfe ich ihm vor und er zuckt zusammen. "A... Aber... ich hab nichts... g... getan", versucht er sich zu verteidigen: "Er.... war ihr Geheim... Geheimniswahrer." Pettigrew zeigt auf Sirius, der ihn wütend anstarrt. "Das stimmt nicht, und das weist du genauso gut wie wir", brüllt Sirius und geht bedrohlich, mit erhobenem Zauberstab, einen Schritt auf Pettigrew zu. Dieser zuckt erschrocken zusammen und weicht weiter zurück.

"Was war es für ein Gefühl, dem Dunklen Lord die Potters ausliefern zu können?", frage ich ohne eine Antwort zu erwarten. Doch trotzdem antwortet er: "Ein fantastisches. Und wäre er dabei nicht entkräftet worden, wäre ich reich belohnt und Sirius dafür dran gewesen, weil jeder denkt, er hat sie verraten." Warum erzählt er uns das? Auf See habe ich gelernt, dass niemand, egal wie hoch auch die Folter ist, einfach so gesteht. Er hat irgendwas vor.

Plötzlich wird er immer kleiner und kleiner. Dann ist er eine Ratte und verschwindet blitzschnell um die nächste Ecke. Das war eigentlich absehbar, dass er in seiner Animagusgestalt versuchen wird, zu fliehen. Als Ratte hatte er deutlich bessere Chancen, da er sehr klein ist. "Geh zu unserem Treffpunkt, ich komm nach. Versprochen", ruft Sirius dann, rennt an mir vorbei und ist im nächsten Moment ein riesiger, schwarzer Hund. "Aber...", rufe ich ihm noch nach, doch da ist er schon verschwunden.

Eine Piratin in HogwartsWhere stories live. Discover now