Kapitel 33

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Ich lege den Stift zur Seite, nachdem ich das letzte Wort niedergeschrieben habe und falte den Zettel sorgfältig zusammen, bevor ich ihn in den weißen Briefumschlag stecke.

Langsam müssen bestimmte Maßnahmen getroffen werden und ich muss einige Dinge erledigen, solange ich noch kann.

Mit dem eben verfassten Brief in der Hand, laufe ich die Treppen hinunter zu meinen Eltern, die momentan gemeinsam auf der Couch sitzen und sich irgendeinen Film anschauen.

Die Sauerstoffbrille kitzelt mir in der Nase, da ich mich immer noch nicht wirklich dran gewöhnt habe, aber auch nicht mehr längere Zeit ohne sie auskomme. Es tut mir leid sie jetzt unterbrechen zu müssen und ihre Zeit zu stehlen, jedoch kann ich es mir nicht erlauben meine eigene zu verschwenden.

Im Wohnzimmer angekommen stelle ich mich demonstrativ vor den Fernseher und strecke ihnen wortlos den Brief entgegen, einfach um eine höhere Dramatik zu erreichen.

,,Was ist das, Kate?"

Papa nimmt mir misstrauisch den Umschlag aus der Hand und beginnt diesen zu öffnen. Das, was nun auf meine Eltern zukommt, wird ihnen gar nicht gefallen, aber es kann im Leben eben nicht alles so angenehm sein.

Manchmal muss man da durch und im Nachhinein ist es meistens nicht einmal so schlimm, wie man dachte.

,,Naja, ich bin mir nicht ganz sicher ob ihr es auch schon mitbekommen habt, aber falls doch, wisst ihr ja, dass ich bald den Regenwürmern unter der Erde Gesellschaft leisten werde. Da ich aber gerne etwas Privatsphäre hätte, nichts gegen Regenwürmer und da eine Beerdigung und das ganze Zeug hier sogar gesetzlich vorgeschrieben ist, wollte ich gerne wenigstens meine eigene Beerdigung planen, wenn ich schon nicht eingeladen bin."

Ihre Augen fliegen über das aufgefaltete Blatt Papier, das quasi eine Art Vertrag ist, damit auch ja alles so abläuft, wie ich es gerne hätte. Mama kämpft schon wieder mit den Tränen, während Papa konzentriert liest und sich zwischendurch sogar kurz seine Mundwinkel heben.

,,Also, steht ja eigentlich alles dort, aber es schadet nichts alles kurz durchzusprechen. Ich möchte, dass alle ihre normale Kleidung tragen, dass die Menschen, die eine kleine Rede halten wollen das auch tun können, aber das niemand gezwungen wird oder sich so fühlt. Das mit dem Kaffee trinken danach soll euch überlassen sein, aber es soll bitte bitte jemand irgendetwas Lustiges erzählen, ich will was zum Lachen haben. Oh und lasst meine Beerdigung bitte unter der Woche stattfinden, damit einigen die Arbeit oder Schule an dem Tag erspart bleibt. Und es soll bitte ˋHighway to hell' von ACDC gespielt werden, ja?"

Der entgeisterte Blick meiner Mutter zeigt, dass sie wohl heute nicht in der Stimmung für Späße ist. Wahrscheinlich sollte ich es nicht so ins Lächerliche ziehen, aber auf diese Weise komme ich am besten damit klar.

,,War doch nur ein Scherz. Ich hab aber eine Playlist zusammen gestellt, den Stick auf dem die ganze Musik ist werde ich euch aber noch geben. Und tut ihr mir bitte einen Gefallen?"

,,Immer, Schätzchen."

Papa greift nach Mamas Hand, die ziemlich zittert und umschließt diese mit seiner. Beide sehen in diesem Moment wie verschreckte, kleine Hundewelpen aus, sodass ich kurz den Drang verspüre loszuheulen, aber Tränen werden schon noch genug vergossen.

,,Seid nicht zu lange traurig, lasst mich los und denkt immer daran, dass alles aus einem bestimmten Grund passiert und dass es mir an diesem anderen Ort besser gehen wird als hier. Wenn ihr Freudensprünge machen würdet, wäre ich sicherlich ein wenig beleidigt, aber auch damit würde ich klar kommen. Seht es nicht als endgültigen Abschied, sondern als kurzzeitigen Abschied vor dem großen Wiedersehen, denn ich bin mir sicher, dass dieses kommen wird. Ich hab euch lieb vergesst das nicht, ja?"

Für den Augenblick Where stories live. Discover now