Kapitel 23

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Der Geruch von Erbrochenem steigt mir mal wieder in Nase, während wir zu zweit in der engen Schultoilette stehen, der Klang von dem Zusammentreffen des ehemaligen Frühstücks auf das Toilettenwasser ertönt und der dritten Sinfonie Beethovens Konkurrenz macht. So startet man doch schonmal super in den Schultag.

Ausnahmsweise bin ich nicht diejenige die über der Toilette hängt, sondern halte lediglich Majas Haare zurück, die dabei ist, sich die Seele aus dem Leib zu kotzen.

„Und die Kacke soll ich jetzt noch länger aushalten? Na danke."

„Aus Erfahrung kann ich sagen, dass man sich eigentlich schon ziemlich schnell an das Hochkommen der Säure aus dem Magen gewöhnt, die dir gefühlt die Speiseröhre komplett wegätzt und dazu auch einen super ekligen Geschmack hinterlässt."

Wie aufs Stichwort kommt erneut eine Ladung hoch, während ich nur angewidert wegschaue und mir mit meiner freien Hand die Nase zuhalte. Vielleicht trifft es uns die nächsten Tage ja auch gemeinsam und wir kotzen gemeinsam um die Wette. Das nenne ich mal bestie goals!

Maja und Finn haben sich für das Kind und gegen eine Abtreibung entschieden, worüber ich mehr als nur erleichtert bin und dementsprechend muss sie sich jetzt auch mit den, zum Teil nicht ganz so angenehmen, Folgen auseinandersetzen.

Finn war wohl zuerst sehr geschockt, hatte sich aber schnell gefangen und dem Rotschopf versprochen, alles erdenkliche zu tun um sie zu unterstützen. Eigentlich hatte ich schon fast damit gerechnet, da Finn einfach ein herzensguter Mensch ist, der Maja über alles liebt und wahrscheinlich für sie sterben würde. Das selbe gilt auch für sie.

Natürlich habe ich ihnen auch versprochen sie bestmöglich zu unterstützen und ihnen so gut und so lang es geht einige Last ab zu nehmen.

Eventuell habe ich auch schon direkt gefordert Patentante zu werden, aber da kann ich mich nur noch so ganz schwach dran erinnern. Ganz schwach.

Meine Überlebenschancen stehen zwar zurzeit sehr gut, aber selbst wenn sich alles wieder anders dreht, hoffe ich doch sehr, die Geburt des kleinen Scheißerchens noch miterleben zu dürfen. Ich muss also nur noch achteinhalb Monate aushalten, das müsste zu schaffen sein.

Hach, wir würden so viel Unsinn machen.

„Ausgekotzt?"

„Ich denke schon."

Maja richtet sich langsam wieder auf, läuft zum Waschbecken und spült sich verständlicherweise erstmal den Mund aus. Sie ist ganz schön blass und ich bin froh, dass Finn sie gerade nicht sieht, denn seitdem er von dem Baby weiß, behandelt er sie wie ein brüchiges Stück Porzellan.

Gerade als wir uns wieder auf den Weg zum Unterricht machen wollen, ertönt die Pausenklingel und ich muss mir ein kleines Freudentänzchen unterdrücken, da ich, auch wenn die Umstände dafür natürlich nicht so erfreulich sind, die ganze restliche Stunde Chemie verpasst habe.

Wir laufen gemeinsam zu den Spinden, an denen auch schon Finn auf uns wartet und Maja erstmal besonders vorsichtig küsst.

„Ich hab keine tödliche oder ansteckende Krankheit, du Penner, sondern bin einfach nur schwanger."

Sie reißen beide erschrocken die Augen auf, nachdem sie realisiert haben was gerade gesagt wurde und schauen mich an.

„Die Krankheit ist ja auch schließlich schon an mich vergeben. Da warst du wohl zu spät dran."

Ich zucke lässig mit den Schultern und setze ein genauso lockeres, spielerisches Grinsen auf, aber tief im Inneren macht mir das Ganze doch mehr zu schaffen als ich zugeben will. Eine solche Krankheit zu haben ist mehr als nur beschissen, schön reden bringt da auch nichts.

Für den Augenblick Where stories live. Discover now