32. Die Gedächtniskammer

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Guten Morgen, ihr Strünke! 🖤
Wir haben es geschafft, das letzte Kapitel des ersten Buchs steht an. Ich hoffe ihr hattet bisher viel Spaß beim Lesen und seid auch beim nächsten Projekt dabei, wo wir uns die Geschichte von unserer Anna im Labyrinth - bis zu Thomas' Auftauchen und somit dem Beginn von The Maze Runner - anschauen werden.
Eure mazerunnerklonk 💃🏼

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Als ich von lauten Stimmen geweckt wurde, die ich dieses Mal nicht kannte, wusste ich nicht mehr, wann und wie ich eingeschlafen war. Minho und ich saßen noch genauso nebeneinander wie als Thomas und Teresa gegangen waren und ich lehnte erschöpft an ihm. Ich fühlte mich, als wäre ein LKW über mich gefahren. Garantiert hatte ich überall Prellungen und wahrscheinlich auch eine Gehirnerschütterung. Ich war sicher, dass die Gedächtniskammer meinen Körper komplett umhauen würde, wenn sie mich nicht umbrachte, und den Gefallen würde WICKED mir garantiert nicht tun.
Was für eine Ironie.
Vier Männer in Kitteln betraten den Raum und jeweils zwei nahmen einen von uns. Ich war viel zu schwach, um mich zu wehren und ich wusste auch, dass es sowieso nichts bringen würde. Also ließ ich mich schlaff hängen, sodass sie mich tragen mussten, während Minho mit hängenden Schultern neben uns her lief.
Wenn wir uns das nächste Mal sahen, würden wir keine Ahnung haben, wer der andere war. Ein Schauer lief mir bei diesem Gedanken über den Rücken und ich warf ihm einen letzten Blick zu, bevor wir in zwei verschiedene Kabinen gebracht wurden.
Die Gedächtniskammer war kleiner, als ich erwartet hatte. Ich hätte meine Arme nicht ausbreiten können, aber das war auch gut so, denn wenn ich mich nicht hätte anlehnen können, wäre ich wahrscheinlich sofort wieder umgekippt, als die beiden Männer mich absetzten.
Ich wusste, dass Teresa und Thomas mich gerade beobachteten und dieser Gedanke hielt mich irgendwie auf den Beinen. Ich war nicht alleine, meine Freunde waren bei mir, auch wenn ich sie nicht sehen konnte. Thomas hatte Recht gehabt – in gewisser Weise würden sie auf mich, auf uns, aufpassen.
Die Klappe, durch die sie mich hereingebracht hatten, wurde geschlossen und ich spürte, wie kaltes Wasser meine nackten Füße umspülte. Es stieg schnell an und als es mein Kinn erreichte, kniff ich die Augen zusammen und hoffte, dass es bald vorbei war und ich das hier vergessen hatte.
Ich konnte Minho nebenan schreien hören, bis das Wasser den Schrei erstickte und auch ich mich nun vollkommen unter Wasser befand. Nach wenigen Sekunden merkte ich, wie meine Lungen begannen, sich zu wehren und ich in Panik geriet. Ich begann, wild mit den Armen zu rudern, wobei ich gegen die Wände stieß und ein dumpfes Geräusch erzeugte.
Und dann, ganz plötzlich, als ich sicher war, dass ich ertrinken würde, wurde alles schwarz. Schwärzer als das Schwarz, das ich durch die geschlossenen Augen gesehen hatte. Schwärzer als alles, was ich je gesehen hatte.
Ich spürte nichts mehr. Nicht das Wasser, nicht das Verlangen meiner Lungen nach Luft, nicht das Krampfen meines Körpers, der mit dem Ertrinken kämpfte.
Zuerst dachte ich, dass ich tot war, ertrunken, dass ich die Gedächtniskammer nicht überlebt hatte, weil ich einfach zu schwach gewesen war. Doch dann sah ich ein schwaches Leuchten, das das Schwarz durchbrach. In der nächsten Sekunde zogen tausende von Bildern an mir vorbei. Ich sah Gally, Thomas und alle, die von Anfang an mit mir zusammen gewesen waren, als wir uns als Kinder das erste Mal begegnet waren. Ich sah Gally und mich in unseren zahllosen Momenten miteinander, sah ihn heranwachsen zu dem Jungen, der er jetzt war. Dann sah ich Newt, wie er auf der Liege in dem weißen Raum lag, sah Gally in der Gedächtniskammer, nachdem ich mich von ihm verabschiedet hatte und dann, wie er in das Labyrinth geschickt wurde. Ich beobachtete, wie ich mich in Newt verliebte, ohne es zu merken, sah unseren ersten Kuss, spürte alle Gefühle, die ich ihm gegenüber gespürt hatte noch einmal.
Ich war so fasziniert von den Erinnerungen, dass ich lange nicht merkte, wie die, die ich bereits gesehen hatte, nicht einfach nur vorbei zogen, sondern verschwanden, wenn eine andere Erinnerungen in den Vordergrund trat. Als ich zu dieser Erkenntnis kam, strengte ich mich so sehr an, sie wieder zu finden, dass ich das Gefühl hatte, mein Kopf würde gleich platzen.
Doch ich konnte sie nicht festhalten. Und plötzlich wusste ich gar nicht mehr, nach was ich suchte. Was für Erinnerungen? Hatte es da mal welche gegeben? Ich hatte keine Ahnung.
Als mich Arme griffen und wieder aus der Gedächtniskammer trugen, gab es nur noch eins, das mir durch den Kopf spukte.
Braune Augen.

Ich schlug die Augen auf und setzte mich abrupt aufrecht hin, was mir unheimliche Schmerzen bereitete. War ich verletzt?
Jetzt vorsichtiger, sah ich mich in dem Raum um, in dem ich lag. Nichts war darin, bis auf einen Jungen, der nur ein kleines Stück von mir entfernt kauerte und vollkommen durchnässt war. Erst jetzt fiel mir auf, dass auch ich völlig nass war und keine Ahnung hatte, warum.
Ich wusste überhaupt nichts. Weder wie ich hieß, noch wo ich war, geschweige denn, wie ich hier her gekommen war.
Der Junge neben mir regte sich etwas und öffnete dann auch die Augen. Als er mich erblickte sah er mich verwirrt an. „Wo bin ich? Wer bist du?"
„Ich habe keine Ahnung..." Ich sah ihn ebenfalls verwirrt an. „Ich bin auch gerade aufgewacht und kann mich an nichts erinnern. Nicht einmal an meinen Namen..."
„Kennen wir uns? Ich habe das Gefühl, ich habe dich schon einmal gesehen..." Er musterte mich genau.
Auch er kam mir bekannt vor, aber ich hatte keine Ahnung, woher. Als ich ihn genauso musterte wie er mich, blieb mein Blick an seinen Augen hängen und ich fragte mich, ob er derjenige war, dessen Augen ich gesehen hatte. Ich schloss meine und das Bild war sofort wieder da. Nein, es waren nicht seine Augen, da war ich sicher.
Ich wollte ihn gerade fragen, ob er sich an mehr erinnern konnte als ich, da ging plötzlich die Tür auf. Eine Frau, vollkommen in weiß gekleidet und ein Mann, den ich sofort fürchterlich abstoßend fand, betraten den Raum und blieben vor uns stehen.
Sie stellten sich nicht vor und alles was die Frau sagte, als sie sich vor uns hockte war. „Ganz egal, was passiert, denkt immer daran: WICKED ist gut." Völlig verwirrt sah ich sie an. Was sollte das bedeuten? Was war „Wicked"?
„Was soll das heißen?", hörte ich den Jungen neben mir fragen, aber er bekam keine Antwort. Stattdessen kamen nur zwei weitere Männer in Kitteln herein und verabreichten uns beiden eine Spritze.
Ich sank auf den Rücken und versuchte krampfhaft bei Bewusstsein zu bleiben, aber es schwand immer mehr.
Die blonde Frau beugte sich über mich und sagte immer wieder „WICKED ist gut", während ich ohnmächtig wurde.

Ich kam wieder zu mir, schlug die Augen auf und bekam sofort Platzangst. Wo war ich? Es war eng und plötzlich spürte ich, wie die Kammer, in der ich mich befand mit Wasser volllief. Sofort sprang ich auf die Beine, was meinem Körper eine Welle aus Schmerzen bereitete.
Ich muss hier sofort raus. Sonst ertrinke ich doch!
Panisch rief ich um Hilfe, aber niemand kam und half mir und als das Wasser mir über den Kopf stieg kämpfte ich mit dem Ertrinken. Langsam entglitt mir mein Bewusstsein und ich war sicher, dass ich gerade starb.
Doch dann tauchten Bilder vor meinem inneren Auge auf, Bilder aus einem Leben, die mir irgendwie bekannt vorkamen. Sie waren verschwommen und wenn ich genauer hinschauen wollte, verschwanden sie wieder. Da kam mir ein Bild in den Sinn, das mit so starken Gefühlen verbunden sein musste, dass ich sie plötzlich spürte. Dieser Junge mit den braunen Augen... Wie war sein Name? Er wollte mir einfach nicht einfallen. Aber ich war mir sicher, dass ich ihn liebte.
Ich? Sah ich etwa Bilder aus meinem Leben?
Auf einmal verschwamm auch das Bild des Jungen wieder und ich versuchte, an ihm festzuhalten, aber er entglitt mir. Immer weiter und weiter.
Irgendetwas sagte mir, dass ich ihn nicht vergessen durfte. Auf keinen Fall. Er war wichtig, auch wenn ich nicht genau wusste, warum.
Erinnere dich.
Braune Augen.

Ich schnappte nach Luft und setzte mich abrupt auf. Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Körper. Das Gefühl zu ertrinken verschwand nur langsam und ich brauchte etwas, um zu verstehen, dass es ein Traum gewesen sein musste.
Aber wo war ich? Und wer war ich? Was war mit mir passiert?
Neben mir stöhnte jemand und ich bemerkte erst jetzt, dass ich nicht alleine war. Der Junge, der dort lag setzte sich langsam auf und sah mich dann verwirrt an.
„Wer bist du?", fragte er, aber bevor ich irgendetwas antworten konnte, wurde die Tür geöffnet und eine Frau und ein Mann kamen herein, gefolgt von zwei Männern in Kitteln, die aussahen wie Ärzte. Ich hatte kurz das Gefühl eines Deja-Vu's, aber das verschwand schnell wieder, als einer der Männer mir eine Spritze gab, mir schwindelig wurde und alles, was ich noch hörte, die Stimme der Frau war, die sagte: „Denkt immer daran: WICKED ist gut."

Wasser umspülte meinen Körper und ich riss die Augen auf, als ich versuchte zu schreien. Der Schrei war nichts als ein Blubbern und ich spürte, wie meine Lungen nach Luft verlangten, die ich ihnen nicht geben konnte.
Was passierte hier?
Alles um mich herum wurde plötzlich schwarz und ich dachte, dass ich gerade ertrank, als das Bild eines blonden Jungen vor meinem geistigen Auge erschien und mich ein Gefühl von Geborgenheit umgab. Er würde mir helfen, da war ich sicher.
Doch das Bild verschwamm und mit ihm das Gefühl. Völlige Schwärze umgab mich und ich versank in ihr. Ich musste mich an diesen Jungen erinnern. Er war wichtig, das wusste ich.
Und alles, an das ich dachte, bevor ich bewusstlos wurde, waren seine braunen Augen.

From The WICKED Start | A Maze Runner Story Where stories live. Discover now