9. Teresas Plan

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„Und, meint ihr, ihr bekommt das hin?", fragte Teresa, als wir gemeinsam zum Speisesaal liefen.
Wir mussten getrennt Pause machen, da uns niemand ablösen konnte.
„Ich denke schon", entgegnete ich, während wir den Aufzug betraten.
Es war komisch, jetzt mit ihr alleine zu sein. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mir etwas sagen wollte, aber nicht wusste, ob sie es tun sollte. Es war so, als stände etwas Unausgesprochenes zwischen uns.
„Hey... Das klingt jetzt vielleicht dumm... Aber ich wollte dir einfach sagen, dass ihr vielleicht doch gar nicht so übel seid, du und dein... Freund."
Das 'Freund' klang eher wie eine Frage als eine Aussage. Komisch, darüber hatte ich auch noch nicht nachgedacht. Waren Newt und ich zusammen? Schon möglich, ich war mir sicher, dass wir uns so benahmen, als wären wir es. Und ich wollte es auch, das war sicher.
„Du bist vielleicht auch gar nicht so schlimm, wie ich dachte. Das entscheide ich aber noch."
Ich sah, dass sie mich mit hochgezogenen Augenbrauen von der Seite ansah. Sie verstand also keinen Spaß. Vielleicht war mein Humor dank Gally auch ein wenig komisch. Ich konnte nicht anders als los zu prusten. Jetzt sah sie mich vollkommen entrüstet an. Oh Mann.
„Das war ein Scherz! Ich meine du bist wirklich nicht so übel."
Ich lachte noch, als die Aufzugtüren sich öffneten und auch noch, als wir den Speisesaal erreichten. Dieser war ziemlich voll, weshalb wir uns anstellen mussten, um etwas zu essen zu bekommen. Ich sah zu meinem Stammtisch herüber, wo schon Minho und so ziemlich alle anderen saßen. Sollte ich zu ihnen rüber gehen oder bei Teresa bleiben? Ben hatte mich bereits entdeckt und winkte mir überschwänglich zu, woraufhin ich ihn anlächelte.
„Würdest du dich zu mir setzen? Ich glaube, wir haben etwas über das wir reden sollten. Nur wir beide."
Ich sah überrascht hoch, als ich Teresa dies sagen hörte. Was meinte sie? Neugierig wie ich war nickte ich und folgte ihr zu ihrem Tisch, der wie immer ansonsten völlig leer war. Wir setzten uns und ich konnte die Blicke der anderen im Nacken spüren, die garantiert nicht verstanden, warum ich mich nicht zu ihnen setzte.
Wir begannen zu essen und Teresa machte anfangs gar keine Anstalten, etwas zu sagen. Aber gerade als ich schon fast aufstehen wollte, um doch zu meinen Freunden zu gehen, räusperte sie sich und sah mich direkt an. Ich verschluckte mich. Sie hatte einen derart durchdringenden Blick, dass ich etwas brauchte, bis ich mich wieder gefangen hatte.
„Ich weiß, was du vorhast, wenn dein Freund ins Labyrinth geschickt wurde."
Das trug nicht gerade dazu bei, dass ich mich wieder fing. Was wollte sie mir damit sagen? Dass sie mich verraten würde? Dass Thomas mir nicht helfen können würde, auch wenn er wollte?
„Was -?", begann ich, aber sie unterbrach mich.
„Ich werde dir helfen."
Mehr sagte sie nicht. Ich starrte sie ungläubig an und merkte zuerst gar nicht, dass mein Mund offen stand
„Ich werde dich in dieses Labyrinth bringen. Aber du musst mir versprechen, dass du niemandem, wirklich niemandem, etwas davon sagst. Nicht einmal Thomas. Und auch nicht Newt."
Ich wusste noch immer nicht, was ich sagen sollte, geschweige denn, ob sie das gerade ernst meinte.
„Woher weißt du -?"
Wieder unterbrach sie mich, bevor ich zu Ende sprechen konnte: „Ich weiß auch nicht so recht... Vielleicht ist das so eine Frauensache. Oder du bist einfach nur leicht zu durchschauen."
Sie zuckte mit den Schultern, als unterhielten wir uns gerade über das Wetter.
„Also pass auf. Ich werde es schon hinbekommen, dass sie dich in genau das Labyrinth schicken, genau einen Monat nach Newt. Ich werde ein paar Dateien vertauschen und ein paar Dokumente ändern müssen, aber das wird kein Problem für mich sein. Ich kriege das hin, keine Sorge. Ich bringe dich da rein, wenn du willst."
Ich nickte, immer noch mit großen Augen.
„Danke...", sagte ich zögernd und ich konnte sehen, wie Teresa ein Lächeln übers Gesicht huschte.
Vielleicht ist sie wirklich nicht so übel.

Zurück im Labor lösten wir Thomas und Newt ab und ich konzentrierte mich wieder auf meine Arbeit. Es stellte sich heraus, dass die Jungs auf der Lichtung gar nicht so unglücklich zu sein schienen. Alle außer einer.
Gally baute schon den ganzen Tag wie verrückt an der Hütte herum und sie sah wirklich nicht schlecht aus. Als Alby ihn zum Essen holen wollte, ignorierte er ihn vollkommen und hämmerte einfach weiter auf einen Nagel ein, der längst im Brett verschwunden war. Ich hatte solches Mitleid mit ihm und ich wusste, dass bald etwas passieren musste, damit er die anderen Jungs an sich heran ließ und nicht zum völligen Außenseiter wurde. Aber was konnte ich von hier schon ausrichten?
Da kam mir plötzlich eine Idee und ich musste Teresa einfach fragen, auch wenn ich immer noch nicht so recht wusste, was ich von ihrem Verhalten halten sollte.
„Teresa?", fragte ich und sie schob sich das Headset vom rechten Ohr, um mich besser hören zu können. „Die schicken doch regelmäßig Vorräte da hoch, oder?"
„Ja, warum?"
Sie wirkte nicht so, als hätte sie großes Interesse an dem, was ich fragen wollte. Doch als ich weiter redete wurde sie hellhörig.
„Meinst du, ich könnte Gally einen Zettel hochschicken? Zusammen mit Baumaterial oder so? Sodass nur er ihn bekommt? Die Anderen müssen davon ja nichts mitbekommen. Aber ich kann ihn einfach nicht so leiden sehen. Er muss doch irgendwie Hoffnung schöpfen können..."
„Naja, die nächste Box mit Vorräten geht morgen früh hoch. Vielleicht kann ich da was machen, eine interessante Idee wäre es auf jeden Fall... Aber sowas darf niemals raus kommen."
Ich sprang von meinem Stuhl auf und fiel ihr um den Hals.
„Danke! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du ihm damit hilfst!"
Hektisch suchte ich nach etwas zu Schreiben und fand etwas bei Thomas Platz. Mit zitternder Hand schrieb ich eine kurze Notiz.

Gally,
ich bin hier, ich passe auf dich auf. Und ich komme zu dir. Bald.
Du erinnerst dich an mich. Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich mich das macht.
Ich möchte dir so viel sagen, aber ich habe keine Zeit. Bitte vertrau mir einfach und warte auf mich.
Pass auf dich auf, Großer. Ich bin bei dir.
Anna

Ich reichte Teresa den Zettel und sie nickte langsam als sie ihn las und dann in ihre Hosentasche steckte.
„Ich bin gespannt, was passiert, wenn er deinen Namen liest."
Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht.
„Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, Teresa. Aber was ist, wenn Paige oder Janson etwas mitbekommen?"
„Die bekommen nur das mit, was wir ihnen mitteilen. Keine Sorge, ich bringe uns nicht in Gefahr.
Jetzt warten wir erst einmal auf morgen und auf Gallys Reaktion. Das wird noch aufregend genug."

From The WICKED Start | A Maze Runner Story Where stories live. Discover now