31. Der letzte Abschied

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Ich wachte wieder auf, als ich Stimmen vor der Tür hörte. Stimmen die ich kannte.
Langsam richtete ich mich auf. Wir saßen noch genauso nebeneinander, wie ich eingeschlafen war und auch Minho schien ein wenig gedöst zu haben, denn er hob gerade den Kopf von meinem, als ich meine Augen öffnete.
Schon wieder hörte ich eine mir bekannte Stimme, konnte aber nicht sagen, wem sie gehörte, denn die Tür war noch immer verschlossen und nicht alles drang hindurch. Die Menschen, die dort standen, mussten flüstern und ich fragte mich, wie spät es wohl war. Bestimmt mitten in der Nacht.
Plötzlich klickte die Tür und ich erkannte die Stimmen endlich, konnte aber kaum glauben, dass ich nicht träumte.
„Geschafft!" Das war Thomas.
„Schnell, rein, bevor uns jemand sieht!" Teresa.
Sie schlüpften in den Raum, der nach wie vor hell erleuchtet war und verschlossen die Tür hinter sich. Als sie uns erblickten schlug Teresa die Hände vor den Mund und Thomas flüsterte: „Ach du Scheiße."
Schnell kam er auf uns zu und hockte sich vor mich.
„Tommy...", krächzte ich und merkte, wie mir die Tränen kamen, als ich begriff, dass ich ihn gerade das letzte Mal sah. Allein dass ich ihn überhaupt nochmal sah war unglaublich.
„Wie seid ihr hier rein gekommen?", fragte Minho.
"Thomas hat einem Mitarbeiter seine Karte geklaut. Das war wirklich sehr gefährlich, aber auch... mutig." Die Blicke der beiden trafen sich und sie sahen sich einen Moment länger an als normal.
Teresa kam ebenfalls zu uns und hockte sich neben Thomas. „Wir haben gehört, was sie mit euch gemacht haben. Wie geht es euch?"
„Was haben sie denn mit uns gemacht?" Minho setzte sich aufrecht hin.
„Sie haben in euren Köpfen Simulationen ausgelöst, um euch Serum abzuzapfen. Und wie es aussieht hat das funktioniert." Teresa klang fasziniert, aber trotzdem besorgt.
Plötzlich huschte wieder eine Erinnerung an meinem geistigen Auge vorbei. Gally und Newt im Labyrinth, verfolgt von einem Griever. Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Und da fiel mir auch wieder etwas anderes ein.
„Teresa... Ich muss mich bei dir bedanken. Du hast es wirklich geschafft. Sie schicken mich zu Newt. Und das obwohl ich es dir ja wirklich nicht leicht gemacht habe." Ich lächelte sie dankbar an und sie nahm meine Hand und drückte sie.
„Das war das Mindeste, was ich tun konnte."
„Paige scheint wirklich viel von dir zu halten."
Sie nickte langsam. „Sieht so aus."
„Wie geht es Gally und Newt? Wie geht es den Kids, die es nicht geschafft haben? Was haben sie mit ihnen gemacht? Konnte der Rechte Arm fliehen?" Die Fragen sprudelten nur so aus mir heraus und ich wusste gar nicht, welche ich zuerst beantwortet haben wollte.
Teresa schien sich dazu zu entscheiden, der Reihe nach zu antworten. „Den beiden geht es gut, aber es ist etwas passiert, mit George. Sie konnten ihn nicht bei sich behalten, weil das Risiko zu groß war und haben entschieden, ihn ins Labyrinth zu verbannen..."
„Das war ganz schön heftig", warf Thomas ein und sah betreten zu Boden.
„Sein Zustand hat sich mehr und mehr verschlechtert und er war immer seltener ansprechbar, bis er versucht hat, alles und jeden zu beißen, das in seine Nähe kam. Ich denke, sie hatten wohl keine Wahl...
Die Kids, die ihr versucht habt hier wegzuschaffen sind wieder in ihren Zimmern. Leider sind ja nicht viele übrig. Janson ist unglaublich sauer und es ist einzig und allein Miss Paige zu verdanken, dass sie euch nicht noch schlimmere Sachen angetan haben." Sie sah uns tadelnd an und schüttelte den Kopf. „Ich verstehe einfach nicht, was in euch gefahren ist."
Thomas sah mich an und unsere Blicke trafen sich. Er würde ihr garantiert nie erzählen, dass er uns geholfen hatte und ich glaubte, dass es auch besser so war.
Als niemand etwas sagte, sprach Teresa weiter. „Nun ja, die Gruppe ist mit den Kids entkommen und war nicht mehr auffindbar. Zum Glück für sie will ich behaupten. Die, die hier geblieben sind, werden genauso weiter leben wie vorher und dann irgendwann alle in eins der Labyrinthe geschickt. Da Janson der Meinung ist, dass mit euch die Bedrohung verschwunden ist, werden sie auch nicht weggebracht."
Ich wusste nicht, wie ich das alles finden sollte. Die Kids waren in Sicherheit und der Rechte Arm hatte fliehen können, was viel mehr war, als ich nach all dem, was passiert war, zu hoffen gewagt hatte. Trotzdem schmerzte der Gedanke, dass die übrigen Kinder irgendwann das gleiche Schicksal haben würden, wie wir und wir nichts mehr dagegen tun konnten.
„Eure Freundin, Rachel, ist schon in ein anderes Labyrinth gebracht worden. Sie hat es von euch am wenigsten schlimm erwischt, wenn es dich beruhigt." Thomas sah mich direkt an und ich wusste, dass er ahnte, was schon die ganze Zeit in meinem Kopf vor sich ging.
Es ist meine Schuld. Wenn ich nicht gewesen wäre, dann wäre das alles nicht passiert.
Auch wenn Minho da anderer Meinung war. Mir war klar, dass er immer wieder beteuern würde, dass es seine Entscheidung gewesen war, genauso wie die von Rachel, und das die beiden nichts bereuten.
Und das würden sie ja auch nicht, richtig? Rachel hatte bereits alles vergessen und Minho und mir würde es bald auch so gehen. Ich fragte mich, was passieren würde, wenn wir nebeneinander aufwachten und den anderen eigentlich gar nicht mehr kannten.
„Thomas, wir müssen gehen. Wenn uns jemand hier erwischt, dann schmeißen sie uns auch in so eine Zelle." Teresa durchbrach die Stille und stand auf.
Thomas nickte, kam noch näher zu mir und nahm mich in den Arm. Teresa kam dazu und legte ihre Arme vorsichtig um uns. Ich konnte sie leise schluchzen hören und auch Thomas schien zu weinen.
Dieser Abschied tat vielleicht nicht so weh, wie der von Newt oder Gally - er tat anders weh. Wahrscheinlich sogar genauso doll. Denn ich würde die beiden nie wieder sehen, auch nicht, ohne sie zu erkennen, da war ich mir vollkommen sicher.
Dies war ein Abschied für immer.
Als die beiden sich wieder von mir lösten, wischte Teresa sich übers Gesicht, um ihre Tränen zu verstecken und auch Thomas tupfte mit seinem Ärmel ein paar Tränen weg.
„Na dann... Bis dann, Minho." Teresa nickte dem Jungen neben mir zu, während auch ich mir die Tränen trocknete.
„Bis dann, ihr beiden." Seine Stimme zitterte.
„Gute Reise. Wir passen auf euch auf." Thomas drückte noch einmal meine Hand und folgte Teresa dann zur Tür. Bevor er sie hinter sich schloss, sah er mich noch einmal an und ich konnte schon wieder diesen schmerzlichen Blick sehen, den auch Gally und Newt gehabt hatten, als sie mich das letzte Mal angeschaut hatten.
Doch dieses Mal war ich diejenige, die zurück blieb.

From The WICKED Start | A Maze Runner Story Where stories live. Discover now