7. Schmetterlinge

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„Und ich hatte ganz kurz wirklich gedacht, dass diese Teresa vielleicht doch gar nicht so übel ist", murmelte Minho, als wir den Labortrakt verließen.
Wir redeten nicht, bis wir am Korridor mit den Zimmern ankamen und uns trennten. Keiner wusste so recht, was er sagen sollte.
„Na dann, wir sehen und beim Mittagessen", sagte Minho und nickte uns zu, bevor er in seinem Zimmer, das er sich mit Ben teilte, verschwand.
Newt und ich gingen die paar Meter bis zu unserem Zimmer schweigend und er öffnete die Tür. Ich lächelte ihn schwach an, als er sie mir aufhielt und ließ mich drinnen angekommen sofort auf mein Bett fallen.
„Was für eine kranke Scheiße", sagte er und setzte sich auf seins.
Ich nickte nur und starrte die Decke an, die genau so weiß war wie die Wände, der Boden und unsere Bettwäsche. So wie alles hier.
„Wie soll das nur weiter gehen? Ich habe all die Jahre mit der Angst hier gelebt, dass Gally ins Labyrinth muss, habe alles andere verdrängt. Ich habe meine Augen verschlossen vor dem, was jeden Tag hier passiert, was sich diese Menschen täglich für uns ausdenken. Ich kann damit nicht leben, ich weiß nicht, wie ich es je konnte. Es muss doch irgendetwas geben, was wir tun können... Aber wo sollen wir denn hin? Die Welt ist schon lange untergegangen."
Newt seufzte und ich konnte hören, wie er sich unruhig aufrichtete.
„Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich sollten wir einfach so tun, als ob alles normal wäre und abwarten."
„Aber du... wir haben nicht viel Zeit."
„Ja, ich weiß. Wir haben einen Monat. Dann bin auch ich weg und habe es fertig gebracht, dich im Stich zu lassen. Den einzigen Menschen, der mir noch etwas bedeutet und den ich beschützen könnte."
Ich setzte mich auch auf und sah ihm in die Augen.
„Wenn du ins Labyrinth kommst... Das halte ich nicht aus. Wenn du weg bist, hat es für mich überhaupt keinen Sinn mehr, hier zu bleiben. Also entweder finden wir vorher einen Ausweg oder... oder ich muss auch in dieses Labyrinth", schloss ich mit fester Stimme und ohne seinem Blick auszuweichen.
Newt zog die Augenbrauen hoch.
„Das kann ich nicht zulassen."
„Musst du auch nicht. Du hast mich dann sowieso vergessen. Und dann gibt es für mich auch keinen Grund mehr, mich an irgendetwas zu erinnern." Ich schluckte, hielt seinem Blick aber immer noch stand.
„Du hast doch gehört, was Teresa gesagt hat. Es ist möglich, dass ich mich erinnere."
„Ja, aber dafür müssen die Gefühle besonders stark sein. Das hast du ja sicherlich auch gehört", entgegnete ich.
„Und was, wenn meine Gefühle dir gegenüber besonders stark sind?", fragte er mich und sah mich durchdringend an.
Er stand auf und auch ich erhob mich, ohne meine Augen eine Sekunde von ihm zu wenden. Jetzt waren wir nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Mein Herz schlug stark und ungleichmäßig. Ich spürte, dass ich zitterte und hielt den Atem an. Schon wieder war Newt mir so nah und dieses Mal war niemand an der Tür und unterbrach uns.
Ich wurde mir einmal mehr bewusst, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie solche Gefühle jemandem gegenüber gehabt hatte und dass ich das alles noch immer nicht verstand. Ich war mir auch ziemlich sicher, dass es Newt nicht anders ging. Und trotzdem stand er jetzt vor mir und sah mich mit seinen braunen Augen an. Ich wollte ihn fragen, was hier gerade passierte, was wir hier machten, bekam aber kein Wort heraus. Ich konnte nur in seine Augen schauen.
Und dann passierte es. Etwas, was ich in dieser kaputten Welt nicht für möglich gehalten hatte. Langsam und ganz vorsichtig näherte Newt sich mir noch etwas mehr und ich merkte, wie er meine Hände in seine nahm. Seine Haut war warm und angenehm und es fühlte sich gut an, sie so auf meiner zu spüren.
Nachdem er kurz inne gehalten hatte, um zu sehen, ob ich mich von ihm entfernte, kam er mir noch näher, so nahe, dass ich jetzt seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Instinktiv schloss ich meine Augen und wartete, was passieren würde.
Und da, ganz vorsichtig, kam er mir noch ein letztes Stück näher und ich merkte, wie sich unsere Lippen ganz leicht berührten. Mich durchfuhr ein Gefühl wie tausend kleine kribbelnde Stromschläge und ich konnte nicht anders, als mich nun auch ein wenig in seine Richtung zu bewegen, um seine Lippen wieder zu finden.
Ich fand sie und jetzt war es keine vorsichtige Berührung mehr, sondern der erste Kuss meines Lebens. Und es war ein wunderbarer Kuss.
Newt ließ meine Hände los und legte eine Hand unter mein Kinn, während er die andere durch meine Haare gleiten ließ. Ich legte ihm eine Hand auf die Brust und die andere auf den Rücken. Langsam wurde unser Kuss intensiver und seine Lippen auf meinen etwas drängender. Trotzdem fühlte ich mich vollkommen wohl. Ich war genau da, wo ich sein wollte und mit genau dem Menschen zusammen, mit dem ich zusammen sein wollte. Ich wünschte mir, dass dieser Moment nie endete, wusste aber, dass wir irgendwann in die Realität zurückkehren mussten.
Nach einer wunderschönen Ewigkeit lösten wir uns voneinander und sahen uns wieder in die Augen.
Ich konnte einfach nicht anders, als zu lächeln, und als Newt mein Lächeln erwiderte, wurde es zu einem Lachen und wir standen uns einfach nur gegenüber und grinsten uns an. Dies war mit Abstand der schönste Moment in meinem Leben.

From The WICKED Start | A Maze Runner Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt