Die fehlende Entspannung zog sich durch Aces Rest der Woche. Seine Flucht- und Überlebensstrategien mochten zwar funktionieren, aber sie zerrten an seinen Nerven, und Ace hatte zu wenig Ausgleich, um sich nicht zermürben zu lassen. Es fiel ihm schwerer als sonst, sich aufs Zeichnen zu konzentrieren, und am Samstagabend fühlte er sich wie gerädert. Er konnte sich noch nicht einmal zur Ablenkung einloggen, weil sein Kopf schmerzte und die virtuelle Realität das erfahrungsgemäß nicht besser machte.

Dennoch wagte Ace aufzuatmen, als er zurück im Voice war und Spideys Stimme hatte, die ihn durch Physik- und Geografiehausaufgaben leitete. Ihr Geplauder nahm ihm die Anspannung, und als er die erste Arbeitsdatei endlich schließen konnte, war sie schon dabei, ihm französische Schimpfworte beizubringen. Dennoch zählte Ace in seinem Kopf die verstreichenden Sekunden und warf immer wieder einen vorsichtigen Blick auf die Voice-Kanäle, um sicherzugehen, dass Para nicht schon zurück war und vielleicht privat mit anderen Gildenmitgliedern sprach. Sein Herz machte jedes Mal einen nervösen Hüpfer, wenn sich jemand in ihren Kanal gesellte, und er spürte jedes Mal schwache Enttäuschung, sobald es dann doch ein fremder Name aus der Gilde oder ihrer Verbündeten war, der nur Hallo sagen wollte. Zusätzlich nagten die Zweifel an ihm. Der Samstag in einer Woche wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf, und Ace, der stündlich zwischen Sorge und freudiger Erwartung schwanken konnte, wollte sich endlich sein Unbehagen nehmen lassen.

Etwa eine Stunde später erklärte ihm der Chat, dass sich jemand dazugesellt hatte. Spidey war schneller als er, und bevor Ace die Liste auch nur aufgerufen hatte, quietschte es: „Para!" Der Junge ächzte.

„Nicht so schrill. Bitte. Ich durfte mir den ganzen verdammten Nachmittag von einer Klasse Grundschulkinder die Ohren taubschreien lassen."

„Selbst Schuld, wenn du uns alleine lässt!", beschwerte sich Ace, dessen Herz viel zu schnell schlug. Er versuchte sich mit Gewalt zu beruhigen. Ja, sie hatten sich eine Woche nicht richtig gesprochen, aber das war kein Grund für so einen Aufstand! „Das war wahrscheinlich Karma."

„Ich geb dir gleich mal Karma... Spidey, was ist los? Ich darf mich schon von Duffy vollheulen lassen, dass Dodge gemein zu den anderen Kleinen ist?"

„Jaaa..." Sie seufzte tief. „Das übliche. Du kennst ihn ja. Aber er hat sich schon wieder gefangen und versprochen, dass er sich das nächste Mal zusammenreißt."

„Und wir wissen beide, wie lange das halten wird." Para schnaubte leise. „Egal. Ich red morgen mal mit ihm ... wie geht's euch beiden sonst so?"

„Tja ... Ich bin schockiert.", sagte Spidey mit einem Hauch Theatralik, ehe Ace auch nur die Möglichkeit hatte, den Mund zu öffnen. „Warum muss ich erst von Icy erfahren, dass du vorhast, das Küken nach Mississippi zu entführen?"

„Missoula.", korrigierte Ace vorsichtig von der Seite, und Para seufzte. „Icy, du bist so eine kleine Petze... Wie soll ich jetzt noch in Ruhe deine Organe verkaufen?"

„Gar nicht. Denen geht's sehr gut dort, wo sie sind."

„Immer verbietest du alles, was Spaß macht!" Para sprach in enttäuschter Empörung, und Ace spürte sich widerwillig grinsen, ehe der Junge auch schon wieder ruhiger meinte. „Ja ... keine Ahnung. Ich dachte mir, es kann nicht schaden, wenn das Kellerküken auch mal an die frische Luft kommt."

Ace, der einen Moment gebraucht hatte, das Wort zu entschlüsseln, meinte nach der nötigen Denkpause aufgebracht: „Ich sitze überhaupt nicht den ganzen Tag im Keller!... Mein Zockerzimmer ist im ersten Obergeschoss." Spidey kicherte leise, und auch Para schien amüsiert.

„Ah. Das machts natürlich besser." Bockig verschränkte Ace die Arme. Und wie es das besser machte! „Aber ... darf ich deinen Mangel an Nein eigentlich als eine Zusage interpretieren, Erstes-Obergeschoss-Küken?" Er schluckte und spürte sich dennoch nervös lächeln. Als ob Ace diese Einladung ausschlagen könnte! ... Das hieß, natürlich hatte er darüber nachgedacht, ungefähr jeden Abend, immer wenn seine Gedanken einen wilden Strudel bildeten und ihn hinabzuzerren drohten in eine Welt, wo alles an ihm verkehrt war und er sein Gesicht am besten niemals wieder der Öffentlichkeit zeigen sollte, aber jetzt gerade war diese Zeit noch nicht gekommen. Jetzt war es tagsüber – den dunklen Nachthimmel mal außen vor gelassen - und er war unter Freunden, und beides gab ihm genug Sicherheit, um seine Antwort zu formulieren.

The Games We Play (BoyxBoy)Where stories live. Discover now