31. Ich kann nicht mehr...

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Es waren viele Leute hier.

Jake lehnte sich auf seinen Stuhl zurück, da wo er immer saß. Sein blaues Hemd spannte, als er sich plötzlich umdrehte, in meine Richtung, als hätte er meine Blicke auf sich gespürt.
Er starrte mich an, wie er es im Unterricht getan hatte. Seine Stirn kräuselte sich, als er bemerkte, dass ich direkt auf ihn zuging.

Ich erinnerte mich daran, dass er sich genau hier entschuldigt hatte. Er hatte es filmen lassen und schrecklich bearbeitet.
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Ich erinnerte mich an seine vielen Beleidigungen, an unsere erste Begegnung, die nur so von seiner Arroganz strotzte und an seinen materialistischen Blicke, die er mir gegenüber offen zeigte. Sowie an seine selbstgefälligen Blicke, als ich seine Sklavin spielen sollte.

Dass er mich getröstet, beschützt, verteidigt und mir sogar Komplimente gemacht hatte, verdrängte ich.

„Was macht den deine kleine Schlampe hier?", fragte jemand von Jakes Freunden, als ich vor ihm zum Stehen kam.

Er schaute mich abwartend an und auf einmal wurde ich ... nervös. Wieso stand ich jetzt vor ihm? Was tat ich denn hier? Was wollte ich machen? Verdammt. Mein Gehirn schaltete sich komplett ab. Ich begegnete nur noch diesen blauen Augen und bemerkte die vielen Augen der Schüler auf mich.
Stocksteif stand ich da, war zu nichts mehr fähig. Ich wollte ihn anschreien, doch nur noch quälende Leere befand sich in meinen Kopf, ausgelöst von diesen schnellen Klopfen in meiner Brust, sowie die vertraute Atemnot in seiner Gegenwart.
Das nervte!

„Sie ist nicht meine kleine Schlampe", sagte Jake ruhig, ohne den Blick von mir zu nehmen. „Meine nicht."

Doch in seinen Augen stand nicht wie so oft Arroganz und Boshaftigkeit, sondern reine Frustration.
Seine Freunde lachten sich einen ab. Ich war die einzige, die sah, dass er das ... anders meinte. Oder irrte ich mich?

Immer noch stand ich dumm vor ihn und das Adrenalin, dass ich verspürt hatte, als ich hierher gekommen bin, war verpufft.

„Na? Hat es der kleinen die Sprache verschlagen?", sagte jemand. Mein Hals fühlte sich trocken an und meine Hände umschlossen zittrig mein T-Shirt. Unwohl knetete ich es. Wieder fragte ich mich, was ich hier tat! Der ganze Mut war wie Wasser aus einer kaputten Flasche herausgeflossen. Nichts war mehr da.

„Was machst du hier so mutterseelenallein?"

Ich schloss meine Augen, ich wollte wegrennen, doch meine Füße bewegten sich nicht.

Wieder sah ich ihre zarte Gestalt und fühlte erneut die Bitterkeit des Lebens, die sich wie Messer, scharf und spitz, in mich rammten.

Sie ist Tod. Tod. Tod. Tod.

Auf einmal fühlte ich brennende Wärme auf meiner Haut. War das ... Kaffee?

Ich hörte Gekreische und viele Lacher.
Ich merkte, wie sie mit ihr Essen warfen, nach mir warfen. Und was machte ich? Ich stand nur blöd da und willigte ein, das Kartoffelpüree mein Gesicht traf und Tomatensuppe meine Kleidung befleckte.

„Jake!", hörte ich eine helle Stimme aus den Tumult, „Räche dich an ihr!"
Spielte sie auf diesen Nudeleintopf an, der ganz zufällig seinen Körper bedeckt hatte?

Ich öffnete meine Augen, sah direkt in seine. Und wieso auch immer beschleunigte sich mein Herzschlag. Stumm, blickte er mich an. Das war seltsam, er lachte mich nicht aus, wie die anderen. Am liebsten hätte ich mich umgedreht, obwohl das, mich nicht mal vor seinen Blicken schützen würde.

Wahrscheinlich genoss er es und musste alles tief in sich aufsaugen, wie ich mit Essen überschüttet vor ihm stand. Ich brachte ein halbes Lächeln fertig, das ausdrückte: „zufrieden?"

Touched /abgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt