11. Niemals

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Samstag

Die halbe Nacht musste ich mir anhören wie das Date zwischen Amber und Alex verlaufen war. Das 'Dinner' dauerte vielleicht zwei Stunden. Amber erzählte mir sagenhafte drei Stunden davon. Damit meinte ich auch die Blätter, die unregelmäßig vor der Scheibe vorbei zogen, die Tischdecke, die in der linken Ecke einen dunklen Fleck aufwies, sowie die Falte zwischen Teller und Gabel und vieles, vieles mehr. Irgendwann hörte ich nur noch die regelmäßigen Atemgeräusche von Amber, die aus dem Telefon drangen.
Sie war eingeschlafen.

Später

"Mom.", flüsterte ich, setzte mich auf ihr Bett und nahm ihre schlanke Hand in meine.

"Ich habe dir etwas mitgebracht."

Vorsichtig legte ich die silberne Kette, um ihr Handgelenk mit der Aufschrift: Ich werde dich lieben, egal wo du bist, egal was du tust. ~für immer~

Es sah an ihrem Handgelenk schön aus und zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht.
Die Kette war ein Glückstreffer gewesen, mitten in der Innenstadt.
Vielleicht war es Schicksal oder auch nur ein Zufall gewesen, doch es traf den Nagel auf den Kopf, als ich davor stehen blieb, als hätte mich eine geheimnisvolle Macht zu ihr geführt.

"Mama?"
Ich wusste nicht, worauf ich wartete. Darauf, dass sie auf einmal die Augen aufschlug und sagte, dass es ihr gut ging? Sie lächelnd aufstand und mit mir ein Eis essen gehen wollte?
Keine Ahnung, aber egal, was ich mir in meinem Kopf zusammensponn, nicht's traf ein.
Als ich ging, lag sie immer noch an derselben Stelle. Diesmal aber mit einer zarten Kette an ihrem Gelenk, denn sie wurde geliebt. Sie sollte das wissen, wenn sie aufwachte.

Dieses Bild war friedlich, still und unsagbar traurig.
Schwarz-weiß und dunkel.
So sah es aus. Nicht wiederzuerkennen wie diese Person vor Heiterkeit strotzte, immer ein Lächeln im Gesicht trug und die beste, liebende Mutter der Welt war.
Okey, sie war nicht perfekt, aber wer bitte war das schon?

Ihr Anblick schmerzte tief in meinem Herzen.

Jetzt war sie eine kranke, schwache Frau, die um das planke Überleben kämpfte.
Und doch würde es mit bunten Farben überquellen, wenn sie nur aufwachen ... würde.
Ich ... würde weinen vor Freude und sie umarmen, nie wieder loslassen. Ich ... würde ihr jeden Tag sagen wie sehr ich sie liebe und ich ... würde ihr helfen wieder den Weg ins Licht zu finden, wenn sie doch nur aufwachen würde.

Doch ... das tat sie nicht und würde sie vielleicht auch niemals.
Aber wie sagt man, sag niemals nie!

Sonntag

Das Hallenbad war stickig, zu warm und mit zu vielen Menschen gefüllt, da ich sie bei jedem dritten Schritt anrempelte. Als ich endlich am Becken angekommen war, war ich mir sicher, dass ich 10 neue blaue Flecke hatte.
Und all diese Mühen nahm ich wegen ihm auf mich.
Da schwamm er. Mit kräftigen Zügen eroberte er das Wasser, als würde er das Wasser unterwerfen wollen und es sich auch tatsächlich nach ihm fügen.

Seine Muskeln bewegten sich kraftvoll bei jedem Zug. Ich sah wie er mit schnellen, lockeren Beinschlägen voranschwamm und die Arme abwechselnd über dem Kopf in das Wasser eintauchte, wobei sich seine Muskeln anspannten. Als sein Arm wieder gestreckt war, zog er ihn aus dem Wasser und führte ihn mit hohen Ellenbogen wieder nach vorn.

Verdammt, wer ist den bitte so gut gebaut!

Ich konnte von hier aus die Wassertropfen auf seinen oberen Rücken sehen und wie sie hinunterrannen.
Ich schüttelte den Kopf, was für eine Verschwendung. Ich wendete den Blick ab, bemerkte, dass ich ihn angestarrt hatte. Ja ... förmlich mit meinen Blicken verschlungen!
Ihh. Jake Glenwell.
Dennoch konnte ich nicht anders, als es schön zu finden wie er lächelte, als er an Geschwindigkeit zunahm. Jeder konnte sehen, dass er in seinem Element war. Es war irgendwie tröstlich, dass sogar Jake Glenwell an so etwas belanglosen Spaß fand. Würde er spöttisch Lachen, wenn jemand fragte, ob es ihm gefiel zu ... schwimmen?

Touched /abgeschlossenWhere stories live. Discover now