14. Lüge

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Helles Licht schaffte es durch meine geschlossenen Augenlider in mich zu sickern wie flüssige Scherben, die genauso spitz waren wie im festen Aggregatzustand. Kalt platzierten sie sich in meinen Schädel und bei jedem Ruckeln bohrten sie sich tiefer in mich hinein.
Hell-Dunkel-Hell-Dunkel.
Ich versuchte etwas zu sagen, aufzustehen... Irgendetwas, doch nichts geschah. Es war, als würden mich durchsichtige Hände festhalten und mich dazu zwingen in die Dunkelheit abzudriften. Ich fühlte mich leblos, schwach, müde und so kalt.
Bald wird es soweit sein, dachte ich.
Ein letztes Mal sammelte ich meine Kraft, schob sie in meine Augen und drückte zu.
Ich schaffte es zu blinzeln, wobei sich die Scherben in meinen Kopf zu Messern verwandelten und es waren keine leichten
Schnitte mehr.
Ich stöhnte auf.
Gleißende Helligkeit traf mich unvorbereitet. Und das Letzte was ich spüren konnte waren die unbekannten Hände auf meiner Brust und die heiseren Worte: "Deine Schuld."
Dann sagte ich den Tag gute Nacht und verlor mich in finsterer Schwärze, die mich wohllig umfing.

Ein paar Stunden zuvor.

Mittwoch.

Jake Glenwell konnte mich mal.
Was bildete der sich eigentlich ein so eine Show abzuziehen? War das eine Wette gewesen, ob er die kleine May verarschen könne?
Egal was es war, es war mir sowieso egal. Ich wünschte es wäre mir egal! Aber wieso tat Jake so etwas? Niemals... Niemals würde er offen einen Fehler seinerseits zugeben. Und doch hatte er sich endschuldigt! Bei mir!
Einfach so. Als hätte er gelernt mich zu schätzen oder so ein Müll. Aber ... das hatte er nicht.

Er sollte mich wieder ignorieren und nicht so ein Blödsinn vor den ganzen Schülern, vor der ganzen Schule abziehen! Ok, es war zwar nur meine Klassenstufe in der Cafeteria gewesen..., aber Menschen redeten viel...
Ob 'davon' schon viele gehört hatten?
Die Lehrer sahen weg, wenn es um Jake ging, den Sohn des Direktors...
Keine guten Voraussetzungen die Arbeit zu behalten, wenn sie an seinem Verhalten etwas kritisierten. Also keine Hilfe von denen zu erwarten.

Es klingelte.

Gerade rechtzeitig bemerkte ich, dass die Stunde zu Ende war. Ich schleppte mich aus dem stickigen Raum und zog die kühle Luft tief ein. Mit festen Schritten ging ich zu meinem Spinnt, um mich dann auf den Weg zu meiner Arbeit zu machen.

Die Stunden vergingen nicht. Man hätte denken können die Zeit wäre stehen geblieben.
Ich wischte Tische ab, bediente Kunden und lächelte und lächelte und lächelte.
Das schwerste war dieses riesige Lächeln inmitten meines Gesichtes aufrechtzuerhalten. Wie eine Krankheit hockte es auf mir und krallte sich in meinen Backen fest. Ich bemerkte schon wie meine Lippen spröde und rissig wurden, holte einmal tief Atem.
Da klingelte es wieder an der Tür, neue Kunden, neue Aufgaben, neuer Stress.

Amber mit ihren zwei besten Freunden sowie Alex und irgendwelchen Jungs aus der Schule, ließen sich in der altbekannten Nische fallen.

Meine Beine bewegten sich rasant auf sie zu, als würde ich bei geringerer Bewegung den Mut nicht aufbringen können.
Ich reichte ihnen still die Karten.
"Du bist eine ganzschöne Berühmtheit", meinte ein schlaksiger Junge, der gerötete Augen hatte. Er trug eine Jogginghose, die eine ganz neue Bedeutung bei ihm fand, da seine verdreckten Hosenbeine über seine Schuhspitzen ragten. Der Saum schleifte förmlich im Dreck.
...Ich unterdrückte dazu einen Kommentar...

Ein seltsam, selbstgefälliges Lächeln stand ihm ins Gesicht tätowiert. Er war mir auf Anhieb unsympathisch.

Amber stieß ihm den bloßen Ellenbogen in die Seite.
"Aua", murmelte der Typ, der mich jetzt schon ankotzte. Alex sah mich nur endschuldigend an.
Ich beschloss ihm nicht zu verzeihen.

Sie bestellten, wobei Amber die ganze Zeit auf ihre Hände starrte und sich dann zu Alex beugte.
Ihre Freundinnen bedachten Amber mit einem eifersüchtigen Gesichtausdruck. Wow, tolle Freunde.
Amber bemerkte davon nichts und Alex hatte nur Augen für sie. Wow, kitschig, aber treffend.
Vorsichtig huschte Ambers Blick zu mir. Mitleidig. Wieso sah sie mich um himmelswillen mitleidig an? Wegen dieser Show von Jake? Nein, das hatte ich ihr schon erzählt...
Was dann?

Touched /abgeschlossenWhere stories live. Discover now