19 | Aussprache und Versöhnung

2.5K 68 14
                                    

Raphaels Sicht

Ich öffnete die Tür mit einem Strauß roter Rosen in der Hand und war mehr als froh darüber, Sarah endlich wieder zu sehen. Ich hatte sie wirklich vermisst. Wir begrüßten uns etwas förmlich, aber trotzdem freundlich.

»Hier, die sind für dich.« »Danke«, sagte sie nur und nahm umständlich die Blumen entgegen, welche ich ihr hinhielt. »Komm doch rein. Hast du Hunger?«, fragte ich höflich. »Von mir aus gerne. Wenn du so fragst, ja, ich habe tatsächlich großen Hunger.« Sie zog ihre Schuhe und ihre Jacke aus. »Freut mich, dass du gekommen bist.« »Eher unfreiwillig. Was blieb mir denn anderes übrig, dein Kumpel Max hat mich ja quasi entführt. Tolle Freunde hast du da«, beschwerte sie sich.

»Tut mir leid, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen. Du hast meine Nachrichten und Anrufe alle komplett ignoriert«, entschuldigte ich mich. Einerseits konnte ich sie gut verstehen. Es war sicher nicht er angenehmste Weg so von Max überfallen zu werden, aber andererseits wäre sie von selbst vermutlich nicht hierhergekommen und so hatte ich keine andere Wahl.

»Ich habe uns was gekocht. Lass uns danach bitte reden. Ich glaube, ich bin dir noch eine Erklärung schuldig«, meinte ich ernst. »Okay, ich gebe dir eine Chance. Verhau sie nicht.« Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Erleichtert atmete ich aus.

Wenig später kehrte ich mit einer dampfenden Auflaufform in den Händen zurück zum Esstisch, an dem Sarah bereits saß, und stellte sie in der Mitte des Tischs auf einem Untersetzer ab. »Voilà. Lasagne à la Ragucci«, kommentierte ich und schaufelte erst meinem Gast und danach mir selbst eine große Portion auf den Teller. Wir wünschten uns einen guten Appetit und begannen zu essen.

»Und hast du es überlebt?«, spielte ich auf unsere Unterhaltung vor ein paar Wochen im Studio an, nachdem sie fertig war. »Wie du siehst, bin ich noch nicht tot umgefallen. War ganz passabel«, gab sie zurück. »Ganz passabel?«, hakte ich nach und eine leichte Enttäuschung schwang in meiner Stimme mit. »Das war nur Spaß, Raphael. Ich hab ehrlich gesagt noch nie zuvor so eine leckere Lasagne gegessen. Ich hab dich und deine Kochkünste wohl unterschätzt. Wirklich unglaublich.« Das letzte Wort betonte sie absichtlich sehr deutlich, um mich nachzuäffen.

»Bock auf 'nen Nachtisch?« »Immer doch«, grinste sie. Ich war froh, dass sich die Stimmung zwischen uns etwas gelockert hatte. Aus dem Kühlschrank holte ich zwei Schälchen mit einer braunen Puddingcrème. »Oh, danke! Ich liebe Mousse au Chocolat«, rief Sarah freudig, als ich mich wieder auf den Stuhl gegenüber fallen ließ und ihr eine Schale reichte.

Pappsatt lehnten wir uns beide kurz darauf zurück. »Sarah«, sprach ich sie an und zog ihre volle Aufmerksamkeit auf mich, »wir haben noch etwas zu klären.« Mit einer ausladenden Handbewegung deutete ich ihr an, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Ich setzte mich mit einigem Abstand neben sie. »Ich weiß.« Sarah räusperte sich kurz.

»Wie geht es deinem Opa?«, fragte sie mich schließlich. »Das war eigentlich nicht das, worauf ich hinauswollte, aber ihm geht es den Umständen entsprechend gut. Er ist auf dem Weg der Besserung. Ich bin so froh, dass er nicht mehr in Lebensgefahr schwebt. Danke übrigens für deinen Rat, ich habe ihn tatsächlich besucht. Er und meine restliche Familie, die bei ihm war, haben sich sehr gefreut.« Nachdenklich sah ich die attraktive Frau vor mir an. »Schön, das zu hören«, antwortete sie.

»Aber um zur Sache zu kommen, weshalb ich eigentlich mit dir sprechen wollte ...« Ich machte eine kurze Pause ehe ich fortfuhr: »Ich hab wohl ziemlich Scheiße gebaut.« »Allerdings«, bestätigte sie, offen und ehrlich wie immer. Ihren Gesichtsausdruck konnte ich nicht lesen. Entweder würde ich mich jetzt mit einer etwas emotionaleren Rede komplett zum Deppen machen und sie würde mich danach tatsächlich nie wieder sehen wollen, weil sie nichts für mich fühlte oder ich hatte Glück und Sarah würde mir verzeihen. Die Chance stand 50:50. Ich atmete ein letztes Mal tief durch.

In meiner Wolke | 1raf7Where stories live. Discover now