Kapitel 39 - Aussprache

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Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich höre mein Blut in meinen Ohren rauschen. Sein Blick ruht noch immer auf mir. Seine Augen ziehen mich in seinen Bann, ich bin wie hypnotisiert. Ich beiße mir nervös auf die Unterlippe und suche nach den richtigen Worten. Mir fällt das sprechen schwer, aber ich habe keine andere Wahl.

„Ich wollte dich nicht anlügen Colin. Aber ich hatte Angst. Angst vor deiner Reaktion, wenn ich dir erzählen würde wer ich wirklich bin." ich atme nochmal tief durch bevor ich weiter spreche: „Ich hatte einfach unheimliche Angst dich zu verlieren. Deshalb hab ich nichts gesagt." Ich sehe ihn an und warte auf eine Reaktion.

Colin sagt jedoch kein Wort, sein Blick hält mich weiter gefangen, als würde er wollen, dass ich weiterspreche: „Ich weiß du wirst es vielleicht nicht verstehen, aber ich habe schon einige Male erlebt, wie sehr sich Menschen veränderten, nachdem sie wussten wer ich war. Wer mein Vater war... es reichte von geheuchelten Freundschaften bis hin zur völligen Ignoranz. Mein Vater polarisiert die Leute mit seiner Art. Entweder sie sehen in ihm den einflussreichen Geschäftsmann oder den skrupellosen Finanzhai der vor nichts zurückschreckt... Egal was ich tat, mein Vater bestimmte mein ganzes Leben. Ob nun direkt oder indirekt... die einzige Möglichkeit die ich sah, war mich einfach davon loszureißen... Zu verschweigen, wer ich wirklich war."

Sein intensiver Blick nimmt mich weiterhin völlig gefangen. Ich wünsche mir so sehr, dass er mich wenigstens ein bisschen versteht. Er wendet seinen Blick von mir ab. Das Atmen erscheint mir augenblicklich etwas leichter. Ich sehe ihm zu wie er offenbar nachdenklich in die immer schwächer werdenden Flammen blickt.

„Erzähl mir was damals passiert ist..." flüstert er kaum hörbar. Mein Magen zieht sich bei dem Gedanken daran zusammen.

Ich versuche seinen Blick zu erhaschen: „Was willst du wissen?"

„Alles... Ich möchte alles über dich wissen Anna. Keine Geheimnisse mehr." seine Stimme klingt bestimmend und halt in meinen Ohren wieder.

„Ich weiß nicht wo ich anfangen soll..." stelle ich nüchtern fest.

„Was ist vor zwei Jahren mit deiner Schwester passiert?" er sieht mich fast mir einem mitleidigen Blick an. Ich muss schwer schlucken, bei dem Gedanken daran.

„Ich sehe schon, du fängst mit dem besten Thema gleich zuerst an..." versuche ich ein wenig zu scherzen um meine Gedanken etwas zu ordnen. Er schenkt mir im Gegenzug sein wunderbares, schiefes Lächeln.

„Meine kleine Schwester hieß Rose. Sie war der liebenswerteste Mensch, den du dir vorstellen kannst. Sie war meine beste Freundin. Mein ein und alles..." ich gerate einen kurzen Augenblick ins Stocken. „...sie machte damals ein Auslandssemester in Australien. Ich hatte sie für zwei Wochen besucht. Wir gingen surfen, auf Studentenpartys und haben die gemeinsame Zeit genossen." ich schwelge einen Moment in diesen schönen Erinnerungen bevor ich schließlich weiter spreche: „Drei Wochen später bekam meine Familie dann die Nachricht, dass sie einen Unfall hatte..." mir bricht einen Moment die Stimme weg, bei der Erinnerung an diesen Tag. Aber ich fange mich wieder: „Ein LKW-Fahrer hat sie beim Abbiegen auf einer Kreuzung übersehen. Er war angetrunken und hatte natürlich nicht auf die Fahrradfahrer geachtet..."

Ich sehe wie mich Colin traurig ansieht: „Es tut mir leid Anna... das tut es wirklich."

Ich versuche mir ein Lächeln abzuzwingen: „Ab diesem Tag war mein Leben die Hölle auf Erden... Versteh mich nicht falsch, meine Eltern haben mir sämtliche Wünsche erfüllt... aber seitdem Rose nicht mehr da war, kontrollierten sie mich in allem. Ich fühlte mich wie ein Kleinkind. Sie bestimmten mein ganzes Leben, wann ich zuhause zu sein habe, mit wem ich mich treffen darf... Auch wenn sie davor schon sehr bestimmend waren, dieser Zustand machte mich fertig...Mein Dad wollte immer, dass seine Kanzlei irgendwann von seinen Töchtern weitergeführt wird. Deshalb musste ich nach meinem Studium noch den Juris Doctor an der Yale dranhängen... ich hatte keine andere Wahl, obwohl ich mich null für diesen Juristenkram interessierte. Mir lagen die künstlerischen Sachen mehr...Rose war da anders, sie blühte förmlich in diesem Thema auf und war der ganze stolz unseres Vaters..."

[Update 17.09.2022] Is it love - Colin - Inside a DreamWhere stories live. Discover now