Kapitel 47 - Träume aus Grün und Gold

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Gemeinsam betreten Draco und ich das große Treppenhaus, dessen gähnender Abgrund sich über die gesamten sieben Stockwerke von Hogwarts erstreckt. Die beweglichen Treppen im Inneren des riesigen Turms verbinden jede einzelne Etage der Schule miteinander, allerdings nicht immer auf die gleiche Art und Weise. Nach sieben Jahren in Hogwarts kennen mein blonder Slytherin und ich natürlich die Bewegungsabläufe, so dass es uns leicht fällt, vorherzusagen, welche Treppe wohin führt und wohin sie demnächst führen wird. Eine schnelle und gründliche Musterung verrät mir daher, dass es aktuell keinen direkten Weg vom vierten Stock in die Kerker gibt. Während wir also auf den nächsten Richtungswechsel der Treppen warten, streift mein Blick über einige der Hunderten von Portraits, die die Wände neben den Treppenabsätzen zieren. Nicht wenige der Portrait-Bewohner grüßen mich überschwänglich, wenn ich sie ansehe, andere ignorieren uns hingegen gänzlich oder tuscheln hinter vorgehaltener Hand mit ihren Nachbar-Portraits.

Nach einer kurzen Wartezeit ertönt schließlich das charakteristische Knirschen, das die Bewegungen der Treppen begleitet, und einige der massiven Absätze verschieben sich wie erwartet. Eine Treppe kommt dabei direkt vor uns zu stehen. Draco greift nach meiner Hand und beginnt dann, den neu entstandenen Weg hinabzusteigen. Ich folge ihm, wobei ich in bestimmten Abständen die Trickstufen überspringe, die ahnungslose Erstklässler regelmäßig überraschen und festhalten.

In der untersten Etage von Hogwarts angekommen wenden wir uns nach links. Hier unten in den Kerkern überlasse ich Draco die Führung, da er sich hier noch etwas besser auskennt als ich. Immer noch händchenhaltend folgen wir den von Fackeln erleuchteten, zugigen Korridoren, die uns weiter in das Innere der Schule führen, bis wir in den Flur des Zaubertränke-Klassenzimmers einbiegen. Nur ein paar Schritte weiter dringt plötzlich ein seltsames Geräusch an meine Ohren, das ich nicht sofort einordnen kann, mir aber einen Schauer über den Rücken jagt.

„Hast du das auch gehö-", setze ich flüsternd an, aber der blonde Malfoy neben mir hält mir den Mund zu, bevor ich den Satz beenden kann. Im nächsten Moment drängt er mich hinter einer großen Statue von Salazar Slytherin an die raue Wand des Korridors. Mit großen Augen schaue ich zu ihm hoch, etwas verwirrt von der Dringlichkeit in seinem Verhalten.

„Peeves!", zischt mir Draco dann leise zu, während er vorsichtig die Hand von meinem Mund nimmt.

Mit angehaltenem Atem lausche ich, und tatsächlich: Das verhaltene, gackernde Lachen, das ich nun höre, gehört ganz eindeutig zu dem Poltergeist. Und dummerweise kommt es genau aus dem Raum, in den wir gerade gehen wollten – dem Zaubertränke-Klassenzimmer.

„Mist", flüstere ich, darauf bedacht, Peeves nicht auf uns aufmerksam zu machen. Nach unserer letzten Begegnung mit dem bösartigen Geist habe ich wirklich keine Lust auf eine erneute Konfrontation. „Was machen wir jetzt?"

Malfoy beantwortet meinen fragenden Blick mit einem Schulterzucken. Auch er scheint keine Lust auf ein Aufeinandertreffen mit Peeves zu haben.

Gedanklich gehe ich die Möglichkeiten durch, die wir haben. Wir könnten einfach warten, bis der Poltergeist den Klassenraum verlässt und uns dann Zugang zu dem Materialschrank verschaffen. Wir könnten auch versuchen, ihn aus dem Zimmer zu vertreiben, aber nach meinen bisherigen Erfahrungen mit Peeves würde ich das lieber vermeiden. Oder...

„Wir könnten später nochmal wiederkommen", wispere ich Draco zu. Dieser schüttelt jedoch den Kopf.

„Heute Abend wird es zu spät, das schaffen wir nicht. Der Materialschrank wird nach 18 Uhr abgeschlossen. Und du weißt, nach dem Abendessen patrouillieren Filch und seine verdammte Katze die Flure, das sollten wir nicht riskieren. Wenn wir also jetzt nicht reingehen, müssen wir morgen wiederkommen."

Every Blonde needs a BrunetteWhere stories live. Discover now