Kapitel 1

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!Achtung: Triggerwarnung!
Ich hätte nie in meinen achtzehn Jahren auf dieser Erde gedacht, dass man alle schlechten Gefühle auf einmal spüren kann, aber genau gerade in diesem Moment wird mir das komplette Gegenteil bewiesen.

Es fühlt sich an als würde ich in einem Haus stehen, welches am einstürzen ist und ich kann nicht weglaufen. Und während ich dort stehe verbrenne ich bei lebendigem Leibe. Ich bin gefangen, muss einfach alles über mich ergehen lassen.

Im Hintergrund kann man die aufgeregten Stimmen meiner Eltern hören, die komplett durcheinander reden, nur bekomme ich nichts mit. Ich bin in einer Blase gefangen, die mich isoliert. Eine Blase, die mich von der Außenwelt abschneidet und mich in meinen Gedanken ertrinken lässt.

Ohne überhaupt darüber nachzudenken erhebt mein Körper sich von selbst und meine Beine beginnen sich schneller und schneller zu bewegen. Ich nehme noch blass die Stimme meiner Mutter war, welche nach mir ruft, jedoch befinde ich mich schon wenige Sekunden später draußen.

Wie automatisch setzte ich mich in mein Auto und fahre los. Bloß weg. Weg von hier. Weg von dem was ich gerade erfahren habe, nur leider wird es mich verfolgen und nicht mehr los lassen.

Mein Gehirn befielt mir zu schreien, einfach alles rauszuschreien, doch es bleibt still um mich herum. Warum kann das alles nicht einfach nur ein böser Traum sein? Warum kann ich nicht gleich einfach aufwachen, mich für die Schule fertig machen und dann mit dem Bus dorthin fahren und meinen immerzu gleichen Alltag weiter leben?

Mein Unterbewusstsein hat schon lange entschieden was ich jetzt tun werde, nur dauert es noch einige Sekunden bis es wirklich bei mir ankommt. Ich reiße ruckartig das Lenkrad herum und ändere die Richtung. Die Dunston Brücke. Das ist es. Es wird so besser sein. Damit werde ich mir und vor allem den Anderen einen großen Gefallen tun.

Plötzlich ist mein Kopf wie leer gefegt und ich spüre nichts mehr. Nichts mehr außer gähnende Leere. Es wird besser sein wenn ich es tue. Dieser Satz läuft ununterbrochen auf und ab.

Der Waagen hält und die Brücke befindet sich schon in meinem Sichtfeld, sowie das kleine Restaurant, welches sich einige Meter entfernt befindet. Niemand wird etwas bemerken. Es wird ganz schnell gehen und sicherlich nicht schmerzhafter sein als das, was auf mich zukommt wenn ich es nicht tue.

Meine Beine tragen mich zu meinem Ziel, nachdem ich wie in Trance die Autotür geöffnet habe. Ein letztes Mal laufen, ein letztes Mal die wunderbare Spätsommerluft einatmen.

Ich klettere auf das Geländer während ich ein letztes Mal an meine Familie, meine beste Freundin und meine Katze denke. An das Leben, das ich vor diesem Tag gelebt habe. An das Leben das gleich enden wird.

Ich hoffe Mom und Dad werden es mir nicht allzu übel nehmen. Ich hoffe sie werden es verstehen, aber besser setze ich jetzt allem ein Ende bevor es zu spät ist. Bevor ich zu viel Schaden angerichtet habe und noch andere mit in die Tiefe reiße. Ich muss es jetzt tun, bevor ich die Macht darüber verliere. Es ist besser so.

Mein ganzer Körper zittert. Ich hole ein letztes Mal tief Luft. Ein letztes Mal bevor ich meinem Leben ein Ende setzen werde. Meine Schuhspitzen ragen über den Geländerrand, während sie über dem reißenden Fluss schweben. Ich bin bereit. Ich schließe meine Augen und will mich fallen lassen doch irgendetwas hält mich fest und zieht mich zurück.

Der Aufschlag auf den harten Beton lässt die Blase um mich herum platzen und holt mich wieder in die Realität. Warum schwimmt mein Körper, der eigentlich leblos sein sollte, nicht unten im Fluss?

Ich öffne meine Augen und schaue in vier geschockte männliche Gesichter, die mich allesamt anstarren, bis einer von ihnen den Mund öffnet und mich energisch anfährt: „ Sag mal spinnst du?! Wolltest du dich ernsthaft gerade die Brücke runter stürzen?".

Ich inspiziere das Gesicht des Fremden, während er mich ungläubig mustert. Er hat dunkelbraunes Haar, welches schon fast schwarz erscheint und genauso dunkle Augen, aus denen er mich abwartend anschaut.

Mein Plan ist wohl nicht aufgegangen und mich hat doch wer entdeckt. Aber anstatt mich einfach tun zu lassen, was getan werden muss werde ich aufgehalten. Was soll ich jetzt tun? Wenn meine Eltern hiervon erfahren habe ich ein sehr, ein wirklich sehr sehr großes Problem. Am Ende wollen sie mich noch zu einer Therapie schicken. Ich hätte direkt springen sollen. Ich habe zu lange gewartet.

„Es ist nicht das wonach es aussieht...Ich– Ich wollte nur die wunderschöne Aussicht auf den Fluss genießen." Scheiße. Scheiße, das glauben die mir doch niemals. Warum kümmert das diese Kerle eigentlich? Jetzt muss ich meinen Plan wohl verschieben, aber viel Zeit bleibt mir nicht mehr. Es muss getan werden bevor es zu spät ist.

Der Dunkelhaarige schaut mich an als würde die Queen höchstpersönlich einen Tanz für ihn aufführen. „Ja natürlich, da hätte ich drauf kommen müssen. Ich stelle mich auch immer AUF das Geländer einer Brücke um die Aussicht zu genießen, weil von da die Natur ja ganz anders aussieht, als wenn man hinter dem Geländer steht und sich die Umgebung wie alle normalen Menschen auch anschaut."

Er macht eine kurze Redepause und es sieht so aus als würde er überlegen was er jetzt tun sollte, bis er mich schließlich in ernstem Ton fragt: „Wo wohnst du? Ich fahre dich jetzt nach Hause damit du nicht nochmal auf die absolut hirnverbrannte Idee kommst dich umzubringen."

Das ist doch jetzt nicht sein Ernst. Ich wollte mir das Leben nehmen weil es sein muss, weil es besser so ist, aber natürlich muss mich irgendein dahergelaufener Typ eines besseren belehren.

„Ich steige ganz sicher nicht bei irgendeinem wildfremden Menschen ins Auto!Außerdem bin ich selbst mit dem Auto da und weiß schon was ich tue!", versuche ich meinen Gegenüber zu überzeugen, nur leider will dieser nicht locker lassen.

„Du siehst noch nicht sonderlich alt aus. Deine Eltern werden bestimmt die passenden Konsequenzen ziehen, wenn ich ihnen von deinem Vorhaben erzähle...". Versucht dieser Besserwisser jetzt wirklich mir zu drohen?! Und woher will dieser Blödmann wissen wo meine Eltern wohnen?

„Keine Sorge, ich finde schon einen Weg es ihnen mitzuteilen. Heutzutage gibt es da ja genug Möglichkeiten...", behauptet er in sicherem Ton und anscheinend kann er auch noch Gedanken lesen. Na super...

Da ich merke, dass das hier zu nichts führt und ich diese Diskussion zu hundert Prozent verlieren werde, gebe ich letztendlich nach. Aber nur unter einer Bedingung: „Ich lasse mich von dir nach Hause fahren...", dem Unbekannten schleicht sich währenddessen ein siegessicheres Grinsen auf die Lippen, „aber nur wenn du mir versprichst dass diese Sache hier komplett unter uns und deinen Freunden bleibt und meine Eltern nie etwas hiervon erfahren werden."

Er scheint zu überlegen, blickt kurz zu seinen Freunden und schließlich versprechen sie mir, dass es unter uns bleibt. Ich gehe doch tatsächlich mit diesem Fremden zu seinem Auto und steige ein.

Klar ich wollte mich gerade eine Brücke runter stürzen, was sicherlich deutlich schlimmer ist als mit einem Jungen in ein Auto zu steigen, aber es ist trotzdem...naja. Ich weiß, total bescheuert, aber ich werde wohl mit meinem Plan noch kurze Zeit warten müssen...

Hätte ich schon vorher gewusst wie viel Schmerz diese Entscheidung und die Begegnung mit diesem Unbekannten bringen wird, wäre ich wahrscheinlich sofort losgesprintet und hätte mich so schnell wie möglich die Brücke runter gestürzt...

Hätte ich schon vorher gewusst wie viel Schmerz diese Entscheidung und die Begegnung mit diesem Unbekannten bringen wird, wäre ich wahrscheinlich sofort losgesprintet und hätte mich so schnell wie möglich die Brücke runter gestürzt

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Hey Leute!
So hier ist das erste Kapitel von meiner ersten Geschichte „Für den Augenblick"🙌🏼
Ich hoffe euch gefällt es....
Was denkt ihr wie es weitergehen wird?
Habt ihr schon eine Vermutung warum Kate sich umbringen wollte?
Man liest sich👋🏼

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