Vergangenheit

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|•Jordan•|

„Kann ich mit dir reden? Allein?", fragt Caleb, den ich noch immer umarme.
Ich nicke, lasse ihn los, nehme seine Hand und führe ihn in mein Zimmer, wo ich ihn auf der Bettkante absetze.
Er sagt nichts, starrt nur auf den Boden.
Ich könnte heulen, so mies fühle ich mich in diesem Moment.Ich

„Mick hat gesagt, ich soll mit jemandem reden, sonst geht er mir weiterhin mit diesem Thema auf die Nerven. Ich schätze mal, dass du sowieso neugierig bist, also erzähle ich dir jetzt den ganzen Scheiß. Aber danach vergiss du es am besten sofort wieder. Zu deiner eigenen Sicherheit" Er sieht mich nicht an, wartet keine Reaktion ab, starrt weiterhin auf den Boden und beginnt mit kalter Stimme zu erzählt.
„Ich habe Riley vor ein paar Jahren kennengelernt. Er war auf meiner Schule ein paar Jahrgänge über mir. Ich habe ihn schon immer bewundert. Er total beliebt, gutaussehend, selbstbewusst. Er stand dazu, dass er schwul war und keiner hat es gewagt, ihm etwas zu tun. Bei mir sah das schon anders aus. Ich war ein kleiner Junge mit einer großen Fresse und nichts dahinter. Ich habe öfters Prügel eingesteckt, als ich es zählen kann, aber irgendwann hat Riley angefangen, mich vor den anderen zu beschützen. Wir haben dann außerhalb der Schule oft was zusammen gemacht, ich habe oft bei ihm geschlafen, weil meine Mum nach meinem Outing erstmal nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Irgendwann habe ich ihm dann meine Gefühle gestanden und er wurde total abweisend. Ich dachte, es läge daran, weil ich so viel jünger war als er und das nur Schwierigkeiten machen würde, also habe ich begonnen mich zu benehmen, als sei ich älter. Ich habe mich mit zwielichtigen Typen abgegeben, Drogen vertickt, lauter so einen Scheiß, aber dann bin ich an die falschen Leute geraten. Eigentlich wollten sie mich sofort umbringen, aber weil ich noch so jung war, sollte ihr Boss entscheiden, was mit mir passiert. Dann haben sie mich zu ihm gebracht und Überraschung! Es war Rileys Vater. Riley war auch dabei und hat seinen Vater dann davon überzeugt, dass ich nützlich sein könnte, vorallem, weil ich noch nicht strafmündig war. Dann hat sein Dad mich am Leben gelassen unter der Bedingung, dass ich jetzt zu ihnen gehöre. Ich habe das Tattoo bekommen, als Zeichen, dass ich mich mein Leben lang an die Organisation binde." Er schiebt sein Shirt zur Seite und zeigt auf das Tattoo auf seiner Brust. „Ich war natürlich total dankbar, aber ich auch strohdumm... Riley hat mich unter seine Fittiche genommen und mir alles gezeigt. Zuerst habe ich Boxtraining bekommen, dann andere Kampfarten gelernt, dann habe ich die ersten Aufträge bekommen und als ich dann auch noch mit Riley zusammen gekommen bin, war alles super. Dann wurde Riley volljährig und hat seinen Vater abgelöst, weil der sich aus den Geschäften zurückziehen wollte. Riley und ich standen zusammen an der Spitze der Organisation. Ich war glücklich bei ihm." Er lächelt sogar leicht, doch es ist ein trauriges lächeln.

„Dann hat er mich zum ersten Mal betrogen. Ich wollte das nicht auf mir sitzen lassen und wollte ihn und somit auch die Organisation verlassen, aber wenn man erstmal drin ist, kommt man nicht raus, vorallem nicht wenn man so einen Rang hat wie ich. Riley hat mich davon überzeugt, dass es nur ein Ausrutscher war, also habe ich ihm geglaubt und es war alles super, aber dann hat er es wieder getan und mir wurde das zu blöd. Ich wollte ihn nicht verlassen, weil ich ihm was schuldig war, für alles, was er für mich getan hat und außerdem habe ich ihn geliebt, also dachte ich mir, ich räche mich, indem ich auch fremdgehe. Das war natürlich keine gute Idee. Ich hatte viel Ansehen in der Orga, aber im Endeffekt war ich nur der Freund des Anführers und die Loyalitäten lagen bei ihm. Irgend so ein Spast hat Riley gesteckt, dass ich fremdgegangen bin und dann haben Riley und ich gestritten und er hat mich zum ersten Mal geschlagen. Natürlich hat er sich sofort entschuldigt und wir haben uns wieder versöhnt. Dann ist er aber wieder fremdgegangen und ich wollte das alles nicht mehr mitmachen, also habe ich Schluss gemacht. Ihm hat das aber so gar nicht gefallen, er hat mich wieder geschlagen... Natürlich hätte ich mich wehren können, aber erstens war er mit der Kampfausbildung, die ich bekommen hatte, aufgewachsen und beherrschte sie besser und zweitens wollte ich ihm nicht wehtun... Als er dann fertig war, hat er sich wieder entschuldigt, war total lieb und ich dachte mir was solls, wird schon nicht nochmal passieren."
Er lacht höhnisch, mir bricht es fast das Herz.
„Natürlich ist es noch mal passiert. Immer und immer wieder. Er war nicht mehr der Riley, in den ich mich verliebt habe, aber ich konnte ihn nicht aufgeben, also habe ich versucht, ihn auf den richtigen Weg zurückzuführen und ihn aus der kompletten Szene rauszuholen, aber er wollte nicht. Er hat es genossen, so bewundert zu werden. Ein Befehl und alle tun, was er sagt. Ich fands auch geil, die Leute haben mir aus der Hand gefressen, weil sie wussten, dass ich zu Riley gehöre, aber ich wollte das nicht mehr. Trotzdem bin ich da geblieben, obwohl Riley mich regelmäßig betrogen und verprügelt hat. Ich wollte ihn einfach nicht aufgeben...
Aber irgendwann habe ich erkannt, dass von dem Riley, den ich geliebt habe, nichts mehr übrig war, also habe ich beschlossen abzuhauen. Natürlich hat er es mitbekommen und dann wurde es erst so richtig schlimm.
Er hat mich eingesperrt. Er wollte mir zeigen, dass ich ihm gehöre und er mit mir tun und lassen kann, was er will, und alle aus der Orga standen hinter ihm. Ich habe tagelang nichts zu essen und trinken bekommen und musste in diesem dunklen, stinkenden Keller verrotten, bis ich Riley versprochen habe, ihn nicht mehr zu verlassen...
Natürlich habe ich mein Versprechen gebrochen und bin da raus so schnell ich konnte, was ich auch nur konnte, weil Mick mir geholfen hat und das obwohl ich mich in der Zeit der Beziehung zu Riley von ihm angekapselt hatte.
Zusätzlich hab ich Riley gedroht, die Polizei in all seine Machenschaften einzuweihen. Er hat zwar die Hälfte er Kopps unterwandert, aber nicht alle und ich wusste, an welche ich mich hätte wenden müssen.
Danach hat er noch ein paar Mal versucht ruhig mit mir zu reden, aber ich habe abgeblockt. Er hat mich dann die meiste Zeit in Ruhe gelassen und ich dachte eigentlich, er hätte jemanden Neues gefunden, mit dem er seine kranke Scheiße abziehen kann, aber dann stand er heute vor der Tür...

Ich habe Angst vor ihm, Jordan, deshalb wollte ich, dass du ihn wegschickst. Ich konnte einfach nichts machen, als ich aufeinmal mit ihm alleine war und er wusste, was er tun musste, damit ich... Er kennt mich einfach besser als ich es will und er will mich immernoch zurück. Er hat sich entschuldigt, gesagt, dass er mich liebt, aber ich bin nicht darauf angesprungen. Dann dachte er sich wohl, wenn wir miteinander schlafen, wäre alles wieder geklärt, also hat er angefangen... Dinge zu tun. Ich konnte mich irgendwann befreien, indem ich ihn geschlagen habe, aber das hat ihm natürlich nicht gefallen, also hat er zurück geschlagen. Ich wollte zu dir, keine Ahnung wieso, aber auf der Treppe hat er mich eingeholt und erstmal eine Runde verprügelt. Ich hab ihn los bekommen, er ist die Treppe runtergefallen, dann bin ich zu dir und den Rest hast du ja selbst mitbekommen."

Caleb hat die ganze Zeit auf den Boden gesehen, ich auf ihn. Seine Stimme klang kalt und emotionslos, genauso war er Ausdruck in seinem Gesicht und das Gefühl in mir.
Nach allem, was ich jetzt weiß, habe ich keine Ahnung, was ich tun soll. Entschuldigt habe ich mich ja schon, aber jetzt tut es mir noch um so vieles mehr leid. Es gibt nichts, was ich im Leben mehr bereut habe.
Dieser Riley ist ein krankes Monster.

„Caleb, ich-"
Schon wieder unterbricht er mich durch eine Geste. „Lass stecken, Jordan. Vergiss es einfach wieder. Wir können bloß hoffen, dass Riley hier nicht nochmal auftaucht und dann auch noch seine Leute mitbringt. Ich bin dir nicht böse wegen der Nachricht oder der Sache an der Tür. Ich brauche einfach Zeit" Mit diesen Worten geht er aus meinem Zimmer und lässt eine Leere zurück.

(Keine) Liebe auf den ersten Blick  (BxB)Where stories live. Discover now