Und mit einem Mal vergeht mir der Appetit. Ich weiß nicht genau, was mich am gesagten von Azad gestört hat oder ob es einfach daran liegt, dass ich es vergessen habe, dass Cesur mich eigentlich entführt hat. Aber es stört mich tierisch, dass Cesur die Wahrheit so aussprechen kann, als wäre es das normalste auf der Welt.

Ich hatte es eigentlich vergessen, oder einfach nur in den Hintergrund verdrängt und es gekonnt ignoriert. Mir wird total übel wenn ich daran zurück denke. Und ich kann mir selber nicht erklären, warum ich die Wahrheit vergessen will.

Ich lege den Löffel zur Seite und schaue mir stumm die köstliche Suppe an, die förmlich danach schreit von mir aufgegessen zu werden. „Mein Kind." spüre ich die Blicke von Azad auf mir, weswegen ich den Kopf erhebe. „Du hast einen echt guten Mann." Und ich sehe die Ehrlichkeit, welche mein Herz zum hochschlagen bringt, in seinen Augen aufblitzen.

„Cesur ist ein kalter Mann, ja! Aber er hat eigentlich so ein gutes Herz, mein Junge." Erneut klopft er an seine Schulter und blickt ihn voller Stolz an. „Das ich wegen Drogenbesitz hinter Gittern war, kann ich verstehen. Aber das ein unschuldiger mit mir hinter diesen Gittern sitzen musste, kann ich nicht verstehen." Mein Herz setzt aus und sofort werde ich hellhörig. Mein Herz spielt verrückt und meine Neugier steigt von null auf hundert.

„Ich wusste direkt, diesem Jungen wurde unrecht getan. Das war auch der Grund, weswegen Cenk und ich ihn im Knast beschützt haben." Ich schlucke schwer und mit leicht offenem Mund wende ich meine Blicke auf Cesur. Sein Körper ist angespannt und mit dunklen Augen schaut er runter auf Azad, welcher sich sofort unschuldig räuspert.

„Ich bring mal das Essen." steht er sofort auf und verschwindet. Auch wenn ich schon des öfteren gehört habe, dass Cesur im Knast gewesen ist, treffen mich die Worte von Azad wie ein Schlag ins Gesicht. Es is ganz anders, sowas von einem Ex-Häftling zu hören. Von einem Ex-Häftling, welcher zusammen mit Cesur abgesessen hat.

Ich spüre etwas komisches in mir und die Übelkeit hat sich wieder einmal bemerkbar gemacht. Ich muss alles raus lassen, wenn ich daran denke das er ein Ex-Häftling ist. Vor allem macht die Erkenntnis, dass ich die Wahrheit nicht kenne, alles noch schlimmer.

Ich will wissen was damals passiert ist. Wieso er im Knast war und was ihm angetan wurde. Ich will wissen ob es stimmt, dass er ein Dealer und vor allem ein Vergewaltiger ist. Aber Cesur schweigt nur und auch seine Augen schweigen mit. Denn diese Augen strahlen außer einer Leere nichts aus.

Nach dem ich meinen Döner und die Pommes aufgegessen habe, stehen Cesur und ich auf. Trotz das ich keinen Appetit mehr hatte, war mein Hungergefühl größer. Außerdem war es ein Döner, der bis vor paar Minuten noch vor mir stand, natürlich werde ich ihn aufessen.

„Cesur!" ruft Azad streng und kommt uns näher. „Lass mich deine Schulter anschauen." Cesur wollte gerade etwas erwidern, jedoch dreht Azad uns schon den Rücken zu und geht. Wir folgen ihm und laufen gemeinsam die Treppen runter. Vor der Türe die unten steht, stehen zwei Riesen Männer in Anzügen.

Sie halten uns sofort die Türe auf und ein langer dunkler Gang, welcher nur durch eine flackernde Lampe beleuchtet wird, erscheint vor unserer Nase. Automatisch steigt die Angst in mir, da mich sowas echt an Horrorfilme erinnert. Ich rücke dichter an Cesur und unsere Arme streifen aneinander beim Gehen.

Es ist echt kalt hier und das zittern vor Angst macht es nicht besser. Plötzlich hustet ein Gorilla hinter mir, weswegen ich laut auf schreie und mich an Cesurs Hand kralle. Und trotz das es nur ein Husten war, lasse ich nicht von Cesurs Hand los. Durch seine Hand fühle ich mich irgendwie sicherer und komischerweise fühle ich mich durch den festen Griff von Cesur beschützt.

C E S U R - IWhere stories live. Discover now