Leicht lächelnd schüttelt sie ihren Kopf und setzt sich gegenüber mich. „Gönn es dir." Ich schaue sie mir genau an und merke sofort, dass sie etwas bedrückt. Hayat ist wie ein offenes Buch, sogar ein Blinder würde dieses Buch verstehen.

Immer wieder öffnet sie ihren Mund, nur um ihn direkt danach wieder zu schließen. „Frag ruhig." Ich schaue in ihre roten, müden Augen. Sie blickt zu mir rauf und schweigt mich für einige Sekunden an. Sie räuspert sich und kratzt sich anschließend am Kopf.

„Weißt du wo Cesur ist?" flüstert sie leise, sehr leise sogar, jedoch habe ich sie trotzdem verstanden. Aber wieso flüstert sie? Kratzt es zu sehr an ihrem Stolz, dass sie sich Sorgen um Cesur macht? Ach herrlich, wie die beiden nicht sehen, was sie füreinander fühlen.

„Ich hab dich leider akustisch nicht verstanden." necke ich sie, aber so naiv wie Hayat nunmal ist, checkt sie gar nicht, dass ich sie nur ärgern will. „Dein Idiot von Cousin. Wo steckt er?" Ich grinse sie breit an, was sie zum Stirnrunzeln bringt. „Machst du dir etwa Sorgen um ihn." wackele ich übertrieben mit den Augenbrauen.

Abrupt wird sie rot und haltet die Luft an, nur um direkt danach wie ein Luftballon zu platzen. „Ganz sicher nicht." verschränkt sie ihre Arme vor der Brust. Grinsend schüttele ich den Kopf, merke aber schnell, dass es nichts zum Grinsen gibt. Lan Cesur du Göt, wo steckst du?

Ich wusste, dass es keine gute Idee war, ihn alleine zu schicken. Auch wenn ich noch nicht wirklich bereit dafür bin meinen Erzeuger wieder zu sehen, habe ich genau so das Recht, ihn leiden zu sehen. Aber Cesur bestand darauf, alleine zu gehen.

Ich würde so gerne sehen, wie er leidet. Wie er vor uns kniet und bettelt ihm nichts zu tun. Aber ich werde kein bisschen Mitleid mit diesem Bastard haben! Jeder einzige Schlag, den er Cemre verpasst hat, wird er zurück kriegen.

„Ist er gar nicht nach Hause gekommen?" Sie schüttelt ihren Kopf, jedoch nickt sie dann schnell. „Doch." ruft sie. „Gegen fünf Uhr morgens ist er gekommen. Er hatte eine Schusswunde hier." zeigt sie panisch auf ihre Schulter und sofort spannt sich mein Körper an. Verdammt!

„Ich habe ihm geholfen, soweit ich konnte. Aber so gegen sechs Uhr ist er wieder gegangen." Ich schlucke schwer. Was macht dieser Junge bloß, ohne mit mir zu reden? Ich stehe sofort auf. „Warte hier." nuschele ich und verlasse das Zimmer.

Im Garten steuere ich sofort auf Fatih zu. „Bruder." packe ich ihn an der Schulter und ziehe seine Aufmerksamkeit auf mich. „Hat Cesur mit dir geredet." Er schweigt kurz. „Er wollte dein Vater packen gehen." „Er ist nicht mein Vater!" zische ich laut. Niemals!

„Und danach wollte er eigentlich mit Hayat nach Berlin." Ich runzele die Stirn. Er wollte mit Hayat nach Berlin? Aber was wollte er dort und warum ist dann Hayat noch hier? „Hayat ist noch hier." Auch Fatih runzelt die Stirn. Was macht er wieder nur für einen Blödsinn?

„Er hatte eine Abmachung mit dem Bullen." Selim? „Mit Hayats Bruder?" Er nickt. „Wenn er für ihn Kemals Versteck ausfindet, kriegt er seine Schwester wieder." Ich halte die Luft an und sofort erinnere ich mich an die Worte von Cesur. Wenn du deine Schwester zurück willst, musst du mir helfen!

Dankend klopfe ich ihm auf die Schulter und gehe wieder in die Küche zu Hayat, welche mich erschrocken anschaut. Verwirrt blicke ich zu ihr runter? Warum schaut sie so, als hätte sie etwas getan, was sie nicht durfte.

Mein Gesicht hellt sich auf, als meine Augen auf mein Teller fallen. „Komisch." fange ich mit meinen Schauspielkünsten an. „Ich bin mir sicher, dass die Hälfte meines Brotes noch da war." Abwehrend hebt sie ihre Hände. „Es ist echt nicht so wie du denkst, Yaman." ahmt sie mich nach, weswegen ich kopfschüttelnd lache.

C E S U R - IWhere stories live. Discover now