Kapitel 25 ~RÜCKBLICK - Part 4~

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DENISE P.o.V
RÜCKBLICK - Part 4

Licht.
Da war es wieder. Licht.
Mehrmals blinzelte ich, um mich an die Helligkeit zu gewöhnen. Im Moment konnte ich noch nichts erkennen, doch mit jeden Mal Blinzeln wurde die Umgebung klarer.
Verwirrt richtete ich mich auf. Ich lag auf dem Boden. Wieso lag ich auf dem Boden? Das war eine berechtigte Frage...
Aber was noch viel wichtiger war: Wo lag ich auf dem Boden?
Unter Schmerzen, drehte ich meinen Kopf. Ich saß auf einem Parkplatz. Einem großen Parkplatz. Nicht ein Auto stand hier. Da viel mir eine Gestalt auf, nur wenige Meter vor mir.
Ihre Haut war blass und schien nahezu zu in der Sonne zu leuchten, während der schwarze Anzug einen markanten Kontrast dazu bildete. Es war der Dämon. Stumm stand er da, die Augen ausdruckslos auf mich gerichtet.
"Dir geht es gut?", erkundigte sich der Dämon, wobei es mir fast so vorkam, als wäre es eher eine Feststellung gewesen.
Konfus blickte ich zurück. Was war mit mir geschehen? Warum fühlte ich mich so leer? Leicht nickte ich, setzte jedoch einen misstrauischen Blick auf. Was war hier nur los?
"Nun gut,...", fing der Dämon erneut an, "...dann ist hier jemand der dich sprechen möchte."
Paymon linste über meinen Kopf hinweg, hinter mich. Er schien ziemlich verstört und unruhig zu sein. Zögerlich drehte ich mich in die Richtung, in die der Anzugträger schaute und beinahe hätte es mir die Sprache verschlagen.
Diesen Mann, oder besser gesagt diesen Engel, hätte ich hier nicht erwartet. Nicht ihn.
Mit einem frechen Grinsen auf den Lippen, lächelte er mich an, genauso wie er es immer tat.
"Hallo, Sariel.", sprach er melodisch, wobei er jedes Wort so betonte, als wäre er gerade im Begriff ein Lied zu singen.
"Gabriel!", erwiderte ich erschrocken.
Das konnte nicht sein. Er konnte nicht hier sein. Er war tot. Gabriel war tot.
Ohne meinen Blick von ihm zu nehmen, rappelte ich mich auf. Nun standen wir uns stumm gegenüber. Die Farbe war aus meinem Gesicht gewichen. Hätte jemand einen weißes Blattpapier neben mein Gesicht gehalten, so hätte es keinen Unterschied gemacht.
Mit einer Mischung aus Verzweiflung und Erstaunen stotterte ich: "D-du bist tot! Du kannst nicht leben! Ich habe dich sterben sehen. Mit meinen eigenen Augen habe ich es gesehen. Wir alle haben es gesehen!"
Leicht lächelte mein Bruder. Ohne Zweifel, es war Gabriel. Ich kannte ihn. Ich kannte seine Eigenschaften. Nichts konnte mich in diesem Falle täuschen.
"Und doch lebe ich und stehe genau hier vor dir.", plauderte er munter, "Eigentlich habe ich mich im Exil versteckt, aber bei so einer aufregenden Nachricht, kann man schon mal aus seinem Versteck kommen. Du hast dort oben, ein ganz schönes Chaos angerichtet, große Schwester. Sie suchen dich... und... ihn da. Sie alle. Zu deinem Glück habe ich dich zuerst getroffen."
Die Worte die er sprach, drangen an mein Ohr, doch zunächst brauchte ich einige Zeit um sie verstehen zu können.
"Gabriel,.. ich-", versuchte ich zu beginnen, wurde jedoch jäh von ihm unterbrochen.
"Wir haben nicht allzu lange Zeit.", widersprach mein Bruder beiläufig, "Weißt du, denn überhaupt was du getan hast, Sariel? Was du bist? Ist dir das denn überhaupt klar?"
Was meinte er? Was ich war?
Eine Abtrünnige.
Eine Verräterin.
Eine Betrügerin.
Diese Worte waren mir gleich. Es waren nur Worte. Ich hatte den Dämon befreit und in einem Stück hier her gebracht. Nicht mehr hatte ich gewollt.
"Du meinst, dass ich eine Verräterin des Himmels bin? Ja, darüber bin ich mir im klaren.", erwiderte ich patzig.
Kopfschüttelnd ging Gabriel auf mich zu, seine Lippen fest aufeinander gepresst. Aus seinen sonst so goldenen Augen blickte er mich leer an.
"Du bist eine Närrin, Sariel.", züngelte mein Bruder aufgebracht, "Als du denn Himmel verlassen hast, hast du auch deine Gnade verlassen. Sie ist von dir gegangen, in dem Moment, als du mit den Füßen die Erde berührt hast.
Verstehst du? Du bist eingesperrt in die Hülle eines Menschen! Du bist ein Mensch!"
Auch wenn ich gedacht hatte, dass ich nicht noch blasser hätte werden konnte, so verfärbte sich meine Haut erneut eine Nuance blasser. In meinem Magen regte sich etwas und eine bittere Säure kämpfte sich meinen Hals hinauf. Am liebsten hätte ich mich noch hier und jetzt übergeben. Es fühlte sich an als würde mein Magen mehrere 180 Grad Drehungen vollführen.
Das konnte nicht sein. Das durfte einfach nicht sein. Gefallen! Ich war gefallen. Ja, aber dies war mir von Anfang an klar gewesen, dass es so kommen würde. Aber wieso war ich ein Mensch? Wieso einem Engel sein Licht rauben. Dass was ihn ausmacht, was ihn durchströmte. Sein ganze Kraft! Sein Leben!
Mein menschlicher Korpus stemmte sich gegen mich. Wo war meine Gnade? Wer hatte sie mir angenommen? Michael? Oder gar mein Vater?
Schwindel breitete sich in meinem Kopf aus, während meine Gedanken, wirr umher kreisten wie wildgewordene Papierflieger. Kraftlos schwankte ich.
"Wie-wieso?", fragte ich stotternd.
Ich vernahm meine Stimme wie durch Watte. Hatte sie sich immer schon so angehört? Oder war dies doch nur Einbildung? War dies alles überhaupt Realität?
Ja! Es konnte gar nicht anders sein. Dies hier war die leibhaftige Realität. Etwas anderes kam gar nicht in Frage. Gabriel räusperte sich, womit er vermutlich ein leises auflachen überdeckte.
"Du bist sein liebstes Kind, nach Lucifer. Seine erste Tochter. Denkst du etwa der liebe Lucy bekommt als einziger eine Sonderbehandlung, wenn er Fehler macht? Nein, nicht du. Nicht mit ihm! Dies hier, dies alles, ist eine Lektion. Du wirst Mensch bleiben. Vielleicht einen Tag. Eine Woche. Ein Jahr. Doch was macht das schon? Denn er sieht dich und er holt dich zurück, wenn es an der Zeit ist.", beendet mein Bruder seine euphorische Rede.
In der Zwischenzeit hatte ich mich wieder etwas gesammelt. Zu viele Informationen, prasselten auf mich ein, die ich verarbeiten musste. All dies hier fühlte sich so fremd an.
"Du meinst also, Gabriel, dass dies ein Test ist?", erkundigte ich mich vorsichtig.
Schrill lachte der Erzengel auf.
"Ein Test?", kicherte er vergnügt, "Nein, wohl doch eher ein Spiel. Er liebt es einfach seine Spiele mit uns zu treiben. Wir sind doch alle nur selbstständig gewordene Schachfiguren, mit denen sich Michael die Zeit vertreibt, seit Vater nicht mehr hier ist. Von einer Position zur anderen geschickt, schlagen wir uns gegenseitig und bemerken es nicht einmal."
Ungläubig blickte ich ihn an. Er hatte Recht. Unser Vater hatte sich seit Jahrhunderten nicht mehr blicken lassen. Michael war der jenige, welche die Stricke zog. Er behauptet zwar im neuen Namen von Gott zu handeln, doch wer wusste dies denn genau?
"Was ist, wenn ich mich weigere weiter zu spielen? Wenn ich keine Lust mehr habe? Wenn ich keine Schachfigur mehr sein will?", widersprach ich mit mürrisch.
Unschuldig lächelnd sah Gabriel in den Himmel und zuckte mit den Schultern.
"Dann gäbe es nur eine einzige Lösung.", mysteriös faltete er seine Hände vor dem Gesicht und senkte die Stimme, "Du bleibst hier."
Tief in mir hatte ich die Lösung gekannt. Ich kannte den Preis. Ich wusste was ich zahlen und opfern musste. Und ich wäre bereit. Bereit den Preis zu zahlen.
Stumm nickte ich. Kein Wort hätte ich mehr aus meinem Mund gebracht. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, oder was ich tun sollte, nur dass ich mich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr herumschubsen ließ.
Michael konnte mich nun auch nicht mehr wegen meiner Hülle belangen. Sie war nun ein Teil von mir, genauso wie ich nun ein Teil von ihr war. Verschmolzen und untrennbar. Aufmunternd klatschte Gabriel in die Hände, so als hätte er mit diesem Thema abgeschlossen.
"Ich hatte das schon vermutet und glaub mir, mit dieser Hülle wirst du viel Spaß haben, große Schwester. Du bist ein echt heißer Feger...
Aber zuerst müssen wir etwas an deinem Namen ändern. Denn, sagen wir es mal so, Sariel ist nicht umbringt der üblichste Name.", witzelte der Engel, "Wie wäre es zum Beispiel mit Precious, oder Destiny, vielleicht auch Candy... Aber nein, noch besser! Ich hab es! Angel!"
Angewidert rümpfte ich meine Nase und kräuselte dabei meine Stirn. Um ehrlich zu sein fand ich diese Vorschläge nicht wirklich gut.
Gabriel schien als hätte er dies bemerkt und hob abwertend die Hand: "Schon gut, du pingeliger Denise Richards Verschnitt."
Interessiert hob ich die Augenbraue.
"Der Name gefällt mir.", überlegte ich laut.
Entnervt schnaubte der Engel auf, während er sich frustriert die Haare raufte.
"Ehrlich? Du ziehst Denise, Angel vor? Im Prinzip auch egal. Ist ja deine Entscheidung, außerdem war sie ein gutes Bond-Girl...", murmelte er nachdenklich vor sich hin.
Irritiert von seinem Verhalten legte ich den Kopf etwas schief, ermahnte mich jedoch dazu kein Kommentar abzugeben. Zu fragen was denn überhaupt ein Bond-Girl sein, unterließ ich ganz.
Zufrieden verkündete ich: "Dann heiße ich ab sofort Deni-"
"Und mir fällt dazu auch schon der dazu passende Nachname ein!", fiel mir Gabriel ins Wort.
Erstaunt hob ich die Augenbrauen. Was zum Himmel sollte das denn nun wieder sein?
Verwirrt schaute ich meinen Bruder an und fragte überrascht: "So etwas gibt es?"
Dieser verdrehte nur erneut die Augen und gluckste belustigt vor sich hin.
"Ja, so etwas gibt es und so etwas brauchst du auch! Michael hat dich da oben wirklich nur an der kurzen Leine am Schreibtisch gehalten, was?", tadelte er mich entrüstet, während ich nur unentschlossen mit den Schultern zuckte, "Wie dem auch sei! Ich habe den perfekten Namen. Newman!"
Interessierte wiederholt ich das soeben gefallene Wort. Aus meinem Mund hörte es sich so ungewohnt und neu an.
Mit einem leicht schelmischen Grinsen auf dem Gesicht erklärte er: "Newman, also neuer Mann, was man im Grunde gleichsetzen kann mit neuer Mensch. Und da du nun sozusagen ein neuer Mensch bist, passt dieser Name wie angegossen."
Mir gefiel der Gedanke und dennoch musste ich, wenn ich genau darüber nachdachte, schwer schlucken.
Sariel war mit der Gnade gegangen und sie würde nicht zurückkommen und ich wusste ganz genau, dass nun auch Gabriel gleich verschwinden würde. Nicht für immer, aber für eine lange Zeit und ich würde hier alleine mit all dem zurechtkommen.
"Dann heißt das wohl Abschied nehmen, oder Bruder?", erkundigte ich mich, obwohl ich die Antwort im Voraus wusste.
Ertappt nickte der Engel.
"Dies ist wohl der Sachverhalt.", meinte er trocken, "Aber du wirst dich hier zurecht finden und dein Dämon wird dir gute Dienste erweisen."
Ja, diese würde wohl stimmen. Ich würde mich bestimmt bei den Menschen einleben und mein Dä...
Moment! Was?
"Er ist nicht mein Dämon. Er ist ein Dämon.", berichtigte ich ihn verstört, mit einem kurzen seitlichen Blick auf Paymon, der das ganze Geschehen stumm und ohne dazwischen zu funken betrachtete.
Ich fragte mich, ob Gabriel in letzter Zeit öfters so viel Spaß gehabt hatte, denn im Himmel hatte er bei weitem nicht so viel gelacht wie jetzt. Ich war wahrscheinlich einfach nur zu belustigend für ihn.
Amüsiert schlenderte er zu dem ehemaligen Gefangenen hinüber, welchem er wohl auf die Schulter klopfen wollte, jedoch nur den Oberarm erwischte. Erst jetzt viel mir auf das Gabriel's Hülle erstaunlich klein war, wobei man nicht außer Acht lassen konnte, dass die Hülle des Dämons äußerst groß war.
"Sari- Denise,...", begann er, "Du hast ihm das Leben gerettet!"
Kopfschüttelnd stämmte ich meine Hände in die Hüfte.
"Ich habe ihn betrogen!", gestand ich schuldbewusst.
"Michael hat ihn betrogen, nicht du!", stellte er mit festem Ton klar, sodass der Dämon rechts von ihm zusammenzuckte, "Du hast für deinen Bruder gebürgt. Dein einziger Fehler wohl gemerkt. Er hat sein Versprechen nicht erfüllt, dies war nicht deine Angelegenheit und dennoch hast du diesen Dämon aus dem Himmel befreit. Er ist nun an dich gebunden. Ob er es nun will oder nicht. Dies ist seine Pflicht. Bis du ihn frei lässt oder du stirbst, wird er dir treu ergeben sein."
In meinem Kopf ratterte es gewaltig. Als kämpfe sich eine gigantische, alte Lok einen steilen Berg hinauf. Ungläubig sah ich von meinem Bruder, zu dem Dämon und wieder zurück.
"Du glaubst mir nicht?", sprach der Engel aus was ich dachte, "Dann sieh auf deinen Arm. Das Band hinterlässt Spuren. Unverkennbar, das Zeichen jenes Dämons, welcher in deiner Schuld steht. Sollte er dir Leid zufügen wollen, wird ihm das Fegefeuer wie eine Nacht im Casa Erotica vorkommen. Er gehört nun dir."
Verwundert senkte ich den Blick zu meinem Arm. Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung was ich da trug. Es war ein dunkelroter Strickpullover. Gespannt krempelte ich ihn hoch.
Kurz nach meiner Armbeuge erblickte ich etwas glitzern und schimmern. Etwas das ich noch nie zuvor in meinem Leben erblickt hatte...

The Return of the Goddess - Supernatural       ~\~Dean Winchester Where stories live. Discover now