Monday, August 13th

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Dear Marley,

Es ist genau halb zwei morgens...

Gestern, nachdem ich den Brief beendet und ihn ordentlich gefaltet in einen Umschlag gepackt habe, bin ich rüber zu Lincoln gegangen. Klingeln musste ich gar nicht, denn als ich in meinem Zimmer das Licht ausgemacht habe, verließ auch er gegenüber das seine.

Als er mich herein gelassen hat, konnte ich Anni im Wohnzimmer reden hören. Sie hat mit einer Freundin telefoniert, also habe ich sie nicht weiter gestört, sondern bin einfach Lincoln gefolgt.

Oben haben wir uns auf seiner Couch niedergelassen und obwohl ich extra zum Reden rüber gegangen bin... habe ich erst einmal geschwiegen. Süß wie Lincoln eben ist, hat er mich zu nichts gedrängt. Er hat einfach meine Hand in seine genommen und mit dem Daumen über meine Knöchel gestreichelt.

Von dort hat sich ein Kribbeln in meinem ganzen Körper ausgebreitet, mir wurde so warm und doch wollte ich nicht, dass er wieder aufhört.

Keine Ahnung wie lange wir so da gesessen haben, irgendwann habe ich meinen Kopf auf seiner Schulter abgelegt und er seinen darauf. Meine Hand hat er nicht einmal losgelassen.

Auch nicht, als ich angefangen habe von dir zu erzählen. Das alles laut auszusprechen, macht es von Mal zu Mal noch realer, aber irgendwie auch noch abstruser.

Doch was das Ganze noch sehr viel schräger macht, ist die Tatsache, dass ihr beiden euch bereits kennt.

Ich wusste nicht, ob ich heulen oder lachen soll, als Lincoln ein Licht aufging und er mir erzählt hat, dass ihr beiden einen Großteil eurer Vorlesungen zusammen habt. Ihr habt euch sogar schon mehrfach miteinander unterhalten, bereits zusammen Mittag gegessen. Du hast sogar von mir erzählt. Ich bin ja schon ein bisschen sauer, dass du mich vor deinen Collegefreunden immer nur „kleine Mücke" nennst. Doch es lässt auch mein Herz anschwellen...

Aber es war auch schön von jemand anderem zu hören, wie sehr dir dein Studium gefällt und was für ein herzensguter Mensch du bist.

Wie klein die Welt doch ist...

Ich muss irgendwann schon wieder weggepennt sein, denn als ich wach geworden bin, war es dunkel und ich lag zugedeckt in Lincolns Bett. Nicht, dass ich was dagegen hätte.

Also, angezogen!!!

Lincoln konnte ich nirgends entdecken. Als ich aufstehen wollte um nachzuschauen, wo er sein könnte, fiel mein Blick auf die losen leeren Blätter auf seinem Tisch. Wie automatisch habe ich nach dem Stift gegriffen und habe angefangen zu schreiben.

Und jetzt sitze ich hier. Nachts um halb zwei, im Zimmer eines Jungen – nein, eigentlich eines Mannes – in dessen Bett ich vor vielleicht zehn Minuten aufgewacht bin. Und der mein Herz auf angenehme Art und Weise höher schlagen lässt.

Doch was mein Herz noch viel höher schlagen lässt, ist die Tatsache, dass Lincoln ohne zu zögern seine Hilfe angeboten hat.

Es soll doch tatsächlich noch männliche Wesen geben, die der Jungfrau in Nöten gerne helfen.

Jetzt sind wir schon drei, die nach dir suchen. Naja, sagen wir dreieinhalb.

Am Freitag habe ich natürlich mit Darron über meinen Plan und unsere Bemühungen gesprochen. Ehrlich gesagt, hat er nicht so begeistert ausgesehen, ich kann mich aber auch täuschen. Denn er hatte seine Mimik schnell wieder unter Kontrolle, hat mir geduldig zugehört. Letztendlich hat er mir nur versprochen, die Ohren offen zu halten und mich inständig darum gebeten, auf mich aufzupassen.

In seinen Worten klang irgendwie ehrliche Sorge mit... Aber vielleicht ist es auch nur seine Art seinen Job zu machen.

Doch wenigstens unterstützt er mich ein wenig in meinen Bemühungen. Ganz im Gegenteil zu Detektiv Gallon. Der Detektiv, der auch deine Vermisstenanzeige aufgenommen hat. Er ist mir am Freitag nach meiner Sitzung in der Praxis über den Weg gelaufen.

Ich habe ihn gefragt, ob man etwas gehört hat. Doch wieder war die Antwort dieselbe.

„Es gibt keine Ermittlungen. Ihre Schwester ist volljährig und es gibt keine Anzeichen auf ein Gewaltverbrechen. Die Polizei geht dem nicht weiter nach."

Das ist alles.

Als ich gehen wollte, habe ich noch mitbekommen, wie Gallon und Darron hitzig diskutiert haben, doch ich konnte nicht mehr hören, worüber die beiden so lautstark gesprochen haben. Ich habe aber das Gefühl, dass ich es wissen muss...

Ich muss aufhören, ich glaube, Lincoln kommt zurück. Vielleicht war er nur in der Küche, sich etwas Wasser holen. Von den Briefen habe ich ihm, sowie auch Anni nichts erzählt. Das ist und bleibt mein Geheimnis.

Love, Harley

(723 Wörter; 10.07.18)

Dear Marley...Love, Hailey #icesplinters19Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang