Dear Marley...Love, Hailey #icesplinters19

Monday, August 6th

Dear Marley,

ich war heute in Marcus Wohnung. Wenn ich Annabeth nicht dabeigehabt hätte, wäre ich niemals in das Gebäude, geschweige denn in die Wohnung gegangen. Ich war so nervös, dass mir beim Öffnen der Tür, dreimal der Schlüssel aus der Hand gefallen ist. Letztendlich musste Anni ihn an sich nehmen und die Türe aufschließen.

In der Wohnung kam mir erstmal der mir so vertraute Geruch entgegen. Eine Mischung aus Lavendel, herbem Holz und Minze. Du und Marcus. Ich habe einen langen Moment gebraucht, um mich zu sammeln. Die Tränen standen mir bereits in den Augen, doch ich konnte mich irgendwie zusammenreißen.

Auf den ersten Blick sah alles aus wie immer. Um mich ein wenig zu beruhigen, habe ich erst einmal die wenigen Pflanzen in der Wohnung gegossen. Ich weiß, unnötige Zeitverschwendung. Aber es hat mich in einer Art und Weise beruhigt, wie ich es sonst nicht geschafft hätte.

Erst nachdem ich auch noch alle Fenster geöffnet hatte, wollten wir damit beginnen nach Hinweisen zu suchen. Nach irgendwas, das uns dabei helfen kann, dich zu finden. Gerade als wir anfangen wollten, ist es mir aufgefallen. Die Wohnung war aufgeräumt.

Zu aufgeräumt. Fast so, als würde hier gar niemand wohnen.

Ich weiß, du bist ein ordentlicher Mensch und auch Marcus hat was gegen Unordnung, aber das, was ich dort vorgefunden habe, war definitiv zu gewollt.

Als ich Annabeth von meinen Zweifeln erzählt habe, hat auch sie sich nochmal umgeschaut und sogar ihr kam es äußerst seltsam vor. Es sah aus, als hätte jemand akribisch sauber gemacht und aufgeräumt. Möglicherweise jemand, der ebenfalls hier war und etwas gesucht hat.

Ich bin bis jetzt dieses unangenehm beängstigende Gefühl nicht losgeworden.

Trotzdem haben wir uns daran gemacht, zu suchen... wonach auch immer. Anni meinte, wir wüssten wonach wir suchen, wenn wir es sehen.

Also haben wir gesucht. Und gesucht. Und gesucht.

Fast den ganzen Tag haben wir eure Wohnung auf den Kopf gestellt. Gefunden habe ich jedoch nur eine einzige Sache:

Dein Tagebuch.

Ich wusste gar nicht, dass du immer noch schreibst.

Ich gestehe, ich habe es mitgenommen. Doch hinein geschaut habe ich nicht. Mein Gewissen randaliert bei dem Gedanken, es aufzuschlagen und zu lesen, was du niedergeschrieben hast. Ich sollte es nicht tun. Und doch könnte es die einzige Möglichkeit sein, einen Hinweis zu bekommen. Einen Hinweis darauf, wo du bist.

Doch ich habe es nicht geöffnet. Es liegt jetzt relativ sicher versteckt, in dem kleinen Spalt zwischen dem Kopfteil meines Bettes und der Wand.

Mehr als das haben wir aber nicht gefunden. Jedenfalls nichts, was mir weiterhelfen könnte.

Jedoch kann ich dir sagen, dass Annabeth recht erheitert von eurem Kondomaufkommen in der ganzen Wohnung gewesen ist. Ich glaube, ich will gar nicht wissen, warum ihr in so gut wie jeder Schublade die kleinen Päckchen verstaut habt... Allein der Gedanke daran, dass ihr auf der Arbeitsplatte in der Küche Sex hattet, auf der wir zusammen gekocht haben... Da schüttelt es mich!

Annabeth hingegen hat sich halb totgelacht. Sie hat gesagt, sie würde euch beide unglaublich gern kennenlernen. Tja, dafür müssten wir euch aber erstmal finden...

Und keine Sorge. Wir haben alles wieder aufgeräumt. Auch die Fenster habe ich alle wieder verschlossen. Ich habe mir auch vorgenommen, wenigstens her zu kommen und die Pflanzen am Leben zu erhalten. Wer weiß, wenn ihr wiederkommt, wollt ihr ja nicht erstmal alle Blumen wegschmeißen wollen... oder?!

Zum Glück hat niemand die Polizei gerufen. Dieser Gedanke schwirrte mir nämlich die ganze Zeit durch den Kopf. Uns hat auch weiter niemand beachtet. Da war bloß ein Mann, der draußen vor dem Gebäude gestanden und eine geraucht hat. Der hat uns etwas seltsam gemustert, aber dann nur genickt und uns nicht weiter beachtet.

Aber das alles war scheinbar umsonst.

Verdammt Marls, wo zur Hölle bist du?

Am 20. August geht die Schule wieder los. Das sind jetzt noch genau zwei Wochen. Zwei Wochen, in denen ich die Zeit nutzen möchte, um weiter nach dir zu suchen. Anni hat versprochen mir dabei zu helfen und mir sogar angeboten, Lincoln um Hilfe zu bitten.

Da habe ich allerdings nicht mehr drauf geantwortet. Ich kann ihn ja seit gestern Abend nicht mal mehr ansehen ohne knallrot zu werden!

Doch vielleicht... Drei Paar Augen sehen mehr als zwei... Ich werde es mir überlegen. Natürlich nur um deinetwillen!

Love, Hailey

(715 Wörter; 08.07.18)