46. Kapitel

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*Joels Sicht*

Lange sah sie zum Boden. Man merkte, wie sie nach und nach trauriger wurde.
- Du hast sie also getroffen?
- Wenn du es mir nicht sagst, kann ich es nicht wissen, Ma.
Ich setzte mich zu ihr und nahm sie in den Arm. Sie nahm sich ein Taschentuch, strich sich ihre Tränen weg, drehte sich zu mir und schaute mich fest an.
- Du bist alt. Du bist erwachsen. Du hast ein Recht, das zu erfahren.
- Ja.
- Ich will dir eines dazu sagen, Joel. Und das meine ich jetzt ganz ernst, von Mutter zu Sohn.
Sie sah mich ernst an. Aber ich kannte sie. Innerlich war sie gerade am zerbrechen. Aber sie wollte stark sein für ihre Kinder. Stark, wie sie es immer war. Auch wenn es sie im Innersten verletzte.
- Okay, Mama.
- Sie ist deine Schwester. Ich kenne sie nicht, aber ich gehe davon aus. Sie ist meine Tochter uns ich habe mich immer um sie gesorgt. Wenn du sie jetzt kennenlernst, wenn du sie gut kennst, pass bitte auf sie auf. Als großer Bruder. Gib ihr meine Nummer, wenn was ist bin ich immer für sie da. Sie ist meine Tochter. Sie war es und wird es immer sein. Sag ihr das. Ich möchte sie kennenlernen. Ich möchte sehen, wie sie sich gemacht hat. Bitte. Das wars.
Sie stand auf und wollte gehn. Aber ich hielt sie zurück und war mit einem Sprung vor der Tür, so dass sie bleiben musste.
- Mama. Ich mache das alles. Bloß weiß ich immer noch nicht, ob sie es ist. Bitte beantworte meine Frage!
- Joel. Mein Sohn. Ich liebe dich. Und ich liebe sie-
- Mama! Beantworte meine Frage!

*Lisas Sicht*

Plötzlich wurde es still am anderen Ende der Leitung. Verunsichert sah ich zu Suzie. Diese schaute auf das Handy und dann zu mir. Ihr Gesichtsausdruck war sehr ernst. Sie nickte. Dann zeigte sie mir an, dass wir hier wahrscheinlich nicht weiter kämen. Okay, mein Vater würde mir das vielleicht nicht sagen. Oder nicht sagen wollen. Oder nicht können, weil er es einfach nicht wusste. Vielleicht sollte ich doch lieber meine Mutter fragen. Als ich schon dachte, er würde gleich auflegen, fing er an zu reden.

- Lisa?
- Papa?
- Wir haben dich lieb. Wir hatten dich von der ersten Sekunde an lieb und lieben dich immer noch. Wenn du willst, können wir dich da drüben besuchen kommen. Du weißt, du hast unsere vollkommene Unterstützung.
- Papa, bitte...
- Ich weiß, du weißt es schon. Ich wollte dich davon abhalten, es zu erfahren. Wie hast du das erfahren überhaupt?
- Irgendwann will man es wissen. Das ist normal!
- Und wer hat dir das gesagt?
- Niemand. Ich mir. Ich habs herausgefunden, sags so.
Suzie nickte. Ja, sie war dabei gewesen. Halt! Da war doch was! War das nicht meine Geburtsurkunde und dieses Blatt mit Adoption und so? Also das mit Adoption sicher und das andere? Ich brauchte ihn also gar nicht dafür! Nur das fotographische Gedächtnis meiner besten Freundin! Okay, jetzt konnte er sagen, was er wollte.
- Wie du hast es herausgefunden?
- Heraus.Gefunden. Herausgefunden.
- Wie?
- Man kann. Und ich erst recht!
- Lisa...
- Was ist? Antwortest du mir noch?
- Worauf?
- Ich hab dir eine Frage gestellt. Auch wenn du es nicht wahr haben willst.
- Ich liebe dich.
- Ich dich auch.
Er legte auf. War ja klar! Er war der falsche dazu. Das Problem war jetzt nur, dass er meiner Mutter davon erzählen würde und ich damit also gar keine Chance mehr hatte, das alles von ihnen zu erfahren. Suzie nickte bloß und stand auf. Als sie schon gehen wollte, hielt ich sie zurück.
- Du warst dabei, als wir es herausgefunden haben.
- Ja. Ich erinnere mich noch genau. Das war witzig! Was ist damit?
- Die Geburtsurkunde. Und das Adoptionszeug. Da stand doch der Name. Oder nicht?
Sie schaute angestrengt in die Ferne.
- Ja. JA! ICH HABS!

DIENSTAGWhere stories live. Discover now