21. Kapitel: Das Spiel beginnt

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Hicks

Am Morgen verabschiede ich mich hastig von den Anderen. Sie bleiben auf einer der Klippen zurück, während ich mit Ohnezahn aufs Meer hinaus fliege. Wie von selbst findet er den Weg, den er schon gestern mit mir und Astrid geflogen ist. Während des Fluges gehe ich noch einmal den Plan, oder besser die Informationen durch: Der Drache, den es zu besiegen gilt heißt roter Tod, er ist einer der gefährlichsten Drachen unserer Welt und außerdem unzähmbar. Wenn ich Lydia richtig verstanden habe, dann ist es nicht einmal möglich mit ihm Frieden zu schließen. Er ist riesig, mindestens 5-6 Meter hoch und genauso riesig ist auch sein Hunger! Eine alte Legende besagt, dass diese Drachen früher durch die Welt gezogen sind und alles vernichtet haben, was ihnen in die Quere kam. Das Ganze ging so lange so, bis einige der ältesten und weisesten der Völker zu den Drachen gingen und mit ihnen einen Bund schlossen. Von nun an sorgten die Drachen dafür, dass der rote Tod nicht mehr in die Welt zog, sondern auf einer Insel blieb. Eine weile ging es gut, bis der Bund irgendwann vergessen wurde. Die Menschen begannen die Drachen zu jagen und zu töten und die Drachen begannen ihrerseits zu töten. Niemand hörte auf die Stimmen, die sagten, dass noch mehr dahinter steckte. Der Hass schwoll über Generationen an, bis die roten Tode irgendwann verschwanden. Niemand wusste wie es geschah, doch auch die anderen Drachen hörten daraufhin auf Menschen anzugreifen und zu töten. Man munkelt, dass eine geheime Organisation dahinter steckt, die Hüter, die den Frieden zwischen Mensch und Drache wahren. Doch anscheinend haben sie dabei einen Drachen übersehen, deswegen muss ich jetzt ran. Wir haben lange darüber diskutiert, aber zum Schluss war klar, dass es meine Aufgabe ist. Ohnezahn ist viel wendiger als die meisten anderen Drachen und ich kann so auch der Tötung des Albtraums entkommen. Die einzige, die es sonst noch machen könnte war Lydia und sie spielt in dem anderen Teil des Plans eine Rolle. Ohnezahn schnaubt, als sich vor uns ein gigantischer Berg auftürmt. Wir sind da!

Astrid

Ich stehe lange da und schaue Hicks hinterher. Irgendwann holt mich Lydia ab und sagt, dass es jetzt Zeit ist. Ich bekomme nur am Rande mit, wie wir gemeinsam ins Dorf laufen. Die meisten Wikinger sind bereits bei der Arena, nicht ahnend, dass es heute kein Schauspiel geben wird. Oder zumindest keins, dass sie erwartet haben. Auch wir machen uns auf den Weg, der nächste Teil des Plans spielt an der Arena. Je näher wir ihr kommen, desto stärker versteift sich Lydia. Ich förmlich dabei zusehen, wie sie sich verwandelt. Auf einmal steht sie gerade da und ihr Gesicht, dass in letzter Zeit so viele Emotionen gespiegelt hat, ist nur noch eine Maske. Von dieser „neuen" Lydia geht viel mehr Autorität aus, als von der, die wir kennen. Sie wirkt ein wenig wie eine Königin, würdevoll und bedacht. Ich verstehe, dass sie sich auch hinter dieser Maske versteckt. Wahrscheinlich bin ich die einzige, die große Teile der Geschichte kennt. Ich bin sicher die einzige, die erkennt, was für ein Kraftakt dieser Plan für sie ist. An der Arena angekommen stellen wir uns zu den Anderen. Niemand fragt, wo Hicks ist, aber alle starren Lydia an. Eine ganze Weile stehen wir da und warten. Alle warten, nur, dass sie auf etwas warten, dass nicht eintreffen wird. Schließlich kommt Haudrauf, neben ihm läuft ein junger Mann, vielleicht zwei/drei Jahre älter als wir. Er hat schwarze Haare, braune Augen und einen gepflegten Bart. Lydias Beschreibung passt perfekt auf ihn und mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken, als ich Viggo Grimborn erkenne, der Chef der Drachenjäger, unser großer Gegenspieler.

 Lydias Beschreibung passt perfekt auf ihn und mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken, als ich Viggo Grimborn erkenne, der Chef der Drachenjäger, unser großer Gegenspieler

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Sobald er uns bemerkt hat steuert Haudrauf direkt auf uns zu. Viggo bleibt etwas hinter ihm, doch ich sehe genau, wie sich seine Augen weiten, als er Lydia erkennt. „Hat jemand von euch Hicks gesehen? Wir wollen anfangen." Fragt Haudrauf in die Runde und wir wechseln einen scheinbar fragenden Blick. „Nein, er ist nicht hier und ich habe ihn seit gestern nicht mehr gesehen, ihr etwa?" Ich schaue in die Runde. „Nein, als ich heute Morgen aus dem Haus bin war er schon weg." Lydia zuckt nicht einmal mit der Wimper, aber es ist auch die Wahrheit. Hicks ist vor Lydia zur Klippe gekommen, er war also wirklich schon weg, als sie gegangen ist. Haudrauf seufzt und zuckt mit den Schultern. „Dann heißt es wohl warten, ich schätze, der Junge weis was er tut."

Lydia

„Ach, das ist übrigens Viggo Grimborn, wenn alles gut läuft wird er uns helfen die Drachen endlich los zu werden." Viggo tritt einen Schritt nach vorne und mustert uns nach einander. Nur meinem Blick weicht er aus. Auch er hat jetzt Haltung eingenommen, es erinnert nichts mehr an den Mann, den ich gestern beobachtet habe. Ich weis, dass er meine Maske durchschaut, genauso wie ich seine. Das ist das Risiko in diesem Spiel, wir spielen beide unsere Rollen. Doch ein Satz des Anderen könnte alles zur Nichte machen. Instinktiv stelle ich mich etwas gerader hin, Viggo soll nicht denken, ich hätte Angst vor ihm. Die Menge wird langsam unruhig und Haudrauf hat seine liebe Mühe, die Wikinger zu beruhigen. Noch hat er die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sein Sohn noch kommen wird. Doch auch er wird irgendwann die Geduld verlieren und dann kommt Astrids Part in diesem Spiel. Ich schaue sie verstohlen an, als Hicks gestern nach Hause kam wollte er partout nicht sagen, ob etwas zwischen den Beiden vorgefallen ist. Eigentlich kann ich es mir auch denken, so wie die beiden sich heute Morgen angeschaut haben. Mein Blick gleitet nun auch über die Anderen, die da stehen und darauf warten, dass etwas passiert von dem wir wissen, dass es nicht passieren wird. Haudrauf hat mehr Geduld, als wir gedacht haben. Er scheint fest entschlossen, diese Sache durchzuziehen.

Erst gegen Mittag gibt er auf und hebt die Hand. Sofort verstummen alle Gespräche. Jeder ist neugierig, was nun passieren wird. „Da mein Sohn noch immer nicht eingetroffen ist und wir nun nicht länger warten können." Er macht eine kurze Pause und holt einmal tief Luft: „übertrage ich die Ehre den riesenhaften Albtraum zu töten auf Astrid Hofferson, die zweit beste ihres Jahrgangs." Die Menge schweigt und Astrid und ich tauschen einen letzten Blick. Ab jetzt zählt es, das Spiel beginnt!

Fünf Jahre Where stories live. Discover now