9. Kapitel: Diskussion

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Hicks

Dieses Mal schlage ich direkt den Weg zur Vorratshütte ein, um meinem Freund noch etwas zu Essen zu bringen. Er ist wirklich magerer als bei unserem Treffen vor vier Jahren und ich frage mich, warum er immer noch dort ist. Wieso ist er nicht einfach weggeflogen? Es ist gefühlt überall sicherer für einen Drachen als hier.
Diese Frage beschäftigt mich noch den ganzen Weg zur Lichtung und lässt mich erst los, als ich sehe, wie Ohnezahn dort bereits auf mich wartet. Als er mich erblickt stürzt er sich sofort auf den Fisch, den ich ihm mitgebracht habe. Heute ist es zur Abwechslung etwas Lachs und ein ganzer Aal, von dem er aber nicht begeistert zu sein scheint. Es sieht gerade zu danach aus, als hätte er panische Angst vor ihm. Seine Augen werden zu schmalen Schlitzen und er weicht konstant zurück. Erst als ich den Aal wegschleudere beruhigt er sich wieder. Interessant, er scheint wirklich Angst vor diesem Aal zu haben. Ob das bei anderen Drachen genauso ist? Ich beschließe es morgen beim Training auszuprobieren. Was habe ich schon zu verlieren? Dann setzte ich mich zurück auf meinen Stein und zeichne Linien in den Sand. Wie von selbst formen sich diese zu Ohnezahns Gesicht. Auch er scheint es zu bemerken und verschwindet im Wald. Ich bleibe noch eine Weile sitzen und überlege, was ich jetzt tun soll. Ich entschließe mich dazu, zurück zur Schmiede zu gehen und ein wenig zu arbeiten. Doch als ich gerade gehen will kommt er zurück und trägt dieses Mal einen Ast im Maul, mit dem er auf dem Boden herumschleift. Nach und nach entstehen um mich rum verworrene Linien, wobei er immer wieder zu mir schaut. Ich stehe eine Weile da und schaue ihm zu, bis er irgendwann seinen Stock wegwirft und das ganze betrachtet. Irgendwie sieht er wie ein Künstler aus, der sein Werk begutachtet, er scheint damit zufrieden zu sein. Allerdings schlafen mir langsam die Beine ein und so laufe ich zurück zu dem Stein, um mich erneut zu setzen. Eine plötzliche Bewegung von ihm lässt mich erstarren. Er ist in Angriffsstellung gegangen und seine Pupillen sind seltsam verengt. Auch seine Zähne sind nun zusehen und dass, ohne das es irgendwas zu Essen gäbe. Aus irgendeinem Reflex heraus hebe ich meinen rechten Fuß und sofort ändert sich Ohnezahns Körperhaltung. Auf einmal sieht er wieder eher verspielt aus und seine Pupillen weiten sich wieder. Ich senke ihn wieder und sofort ist die Angriffshaltung zurück. Irgendwas scheint dort zu sein. Ich blicke nach unten und sehe, dass ich auf einer seiner Linien stehe. Um sicher zu sein, dass ich richtig liege hebe und senke ich den Fuß mehrmals. Jedes Mal verändert sich seine Körperhaltung. Als ich mir ganz sicher bin, dass ich richtig liege, tanze ich regelrecht zwischen den Linien. Bis ich irgendwann direkt vor ihm stehe. Auf einmal verändert sich die Stimmung. Die Ausgelassenheit, die gerade noch geherrscht hat, ist verschwunden und einer Angespanntheit gewichen, die erst verschwindet, als ich etwas Abstand zwischen uns bringe. Wieder ist es mein Instinkt, der mir sagt, was zu tun ist. Langsam strecke ich die Hand aus und will seine Schnauze berühren, aber er knurrt und zuckt zurück. Nur, dass ich dieses Mal nicht so leicht aufgebe. Ich warte einen Moment, dann versuche ich es nochmal, ich wende meinen Blick nun nach unten und strecke meine Hand langsam aus. Erst als ich seine Schnauze in meiner Hand spüre hebe ich den Kopf. Das Gefühl ist unbeschreiblich, ich fühle mich geborgen und auf eine besondere Weise verbunden. Diese „Verbindung" hält auch noch an, als er seine Schnauze wieder wegzieht.

Lydia

„Ich bin mir sicher!" Ruft Fischbein gerade, als ich bei ihm und Grobian ankomme. „Fischbein, es gab seit Jahren keine Sichtung eines Nachtschatten mehr. Wieso sollte gerade jetzt wieder einer Auftauchen?" Erklärt Grobian genervt. Dann bemerkt er mich und sein Gesichtsausdruck entspannt sich wieder. „Ah Lydia," meint er und dreht sich zu Fischbein: „Dann kannst du sie ja weiter nerven, man sieht sich." Ruft er noch, dann dreht er sich um und lässt uns einfach stehen. „Du hast einen Nachtschatten gesehen?" Frage ich und drehe mich zu Fischbein. Dieser nickt und wird etwas rot. „Gestern, am Waldrand." Ob er Lyra gesehen hat oder den Anderen? „Aber niemand will mir glauben!" Meint er traurig. „Das war bei Hicks auch schon so." Das ist jetzt interessant, besteht diese Verbindung zwischen Hicks und dem Drachen schon länger als ich geglaubt habe? „Was hat Hicks mit den Nachtschatten zu tun?" Frage ich ihn und kann meine Neugierde nur schlecht verbergen. Sofort wird Fischbein wieder nervös und spielt mit seinen Fingern. Ich kann mir den Gedanken nicht verkneifen, dass ein Gronkel perfekt für ihn wäre. „Naja," bringt er nun hervor: „Vor gut vier Jahren hat Hicks dauernd behauptet, dass er einen Nachtschatten gefangen hat." Er schaut zu Boden. „Jetzt weis ich, wie er sich damals gefühlt hat." Ob der Nachtschatten wirklich schon seit vier Jahren hier ist? Wieso ist er nicht einfach weggeflogen? Beim Aufblicken bemerke ich, dass er mein Schweigen genutzt hat um zu verschwinden. Irgendwie scheint das ein Hobby dieser Wikinger zu sein. Weshalb ich mich nun auf den Weg zu sein. Ein seltsames Hobby sohl gemerkt und unhöflich noch dazu. Aber da es nun einmal so ist beschließe ich mich auf den Weg zur großen Halle zu machen. Dort erfährt man so gut wie immer etwas über die Mentalität im Dorf.

Astrid

Meine Axt trifft die Zielscheibe genau in der Mitte. Am Waldrand ist es Still, nirgends ist ein Lebewesen zu sehen. Der perfekte Ort zum nachdenken, also. Genau das mache ich jetzt auch! Gedankenverloren hole ich den Pfeil aus meiner Tasche. Egal wie ich ihn drehe und wende, er ergibt einfach keinen Sinn. Vielleicht hilft es ja, wenn ich ihn auf eine Zielscheibe schieße. Gedacht, getan: Ich schnappe mir einen Bogen, treffe aber nur den Rand. Wie kann es auch anders sein, bei so wenig Übung. Während ich ihn wieder aus der Zielscheibe ziehe lasse ich meine Gedanken schweifen. Wenn Lydia hier wäre, würde sie sicher treffen... Lydia! Das ist es, ich bin mir sicher, dass sie es war, die den Pfeil geschossen hat. Nur wieso? Vielleicht finde ich noch etwas heraus, wenn ich mir den Ort des Geschehens noch einmal anschaue. Das ist doch die normale Vorgehensweise in so einem Fall. Den Tatort untersuchen, denke ich und ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus. Es bleibt dort, bis ich zum zweiten Mal an diesem Tag an der Arena stehe. Schnell blicke ich mich um um die Situation zu erfassen. Die Stellwände sind verschwunden, aber das Tor ist noch offen und so laufe ich einfach hindurch. Innen angekommen suche ich einen Hinweis darauf, wo der Pfeil gelegen hat. Dann kommt mir ein Gedanke und ich lege die Axt an eine Stelle und den Pfeil ungefähr so weit entfernt, wie er von ihr lag. Von oben habe ich eine bessere Aussicht auf die Gegenstände, weshalb ich kurz darauf auf der Erhöhung über der Arena, die eigentlich dazu da ist, dass alle die Tötung des Albtraums, die jedes Mal das Ende des Drachentrainings markiert, sehen können. Allerdings sind die Drachen in den letzten Jahren immer verschwunden, fast so, als würde sie jemand befreien... „Sieht so aus, als hätte jemand die Axt mit dem Pfeil abgelenkt." Ich fahre herum und sehe Hicks, der ein Stück neben mir steht. „Aber das macht keinen Sinn!" Halte ich dann aber dagegen, bevor ich die Situation richtig begriffen habe. Wieso sollte Lydia die Axt ablenken wollen?

Tut mir echt leid, das am Donnerstag nichts kam. Ich hatte viel in der Schule zu tun und habe es so schlicht weg vergessen. Diese Woche sollte aber alles wieder normal sein. Bis dann jolannasa

Fünf Jahre Where stories live. Discover now