Es wurde immer dunkler und wir wurden immer ängstlicher. Was stand in dem geheimnisvollen Brief? Und wieso konnten wir nicht einfach nach Hause zu unseren Eltern? Ich fühlte mich in jenem Moment wie ein kleines, verlassenes Mädchen. Ich wollte einfach weg aus diesem Albtraum. Es war möglicherweise nicht eine solche Situation auf die einen die Eltern ein leben lang vorbereiteten. Aber genau in so einer Situation brauchten wir die Eigenschaften, die sie uns antrainiert und beigebracht haben. Wir brauchten Stärke. Und genau die besaß ich in den Moment nicht. Ehe ich mich versah, kullerte auch schon eine winzige Träne aus meinem Auge. Ich kniff es zusammen und sie rannte meine Wange hinunter. Ich wischte sie schnell weg, bedacht darauf nicht das Rouge, das ich sorgfältig auf meine Wangenknochen aufgetragen hatte, zu verschmieren. Ich war stark! Ich musste stark sein, auch wenn dies vielleicht nur ein schlechter Witz sein mochte. Ich bereitete mich auf das Schlimmste vor. Die meisten meiner Mitschüler beziehungsweise nun Mitgefangenen waren dem Nervenzusammenbruch nahe. Zumindest sah es bei dem Großteil der Truppe so aus. Dann fiel mir etwas ein. Wir hatten doch immer noch unsere Handys dabei. Wenn wir nicht telefonieren konnten, konnten wir sie vielleicht dennoch auf andere Weise nutzen. Immer darauf bedacht leise zu reden, sprach ich zu den mich umgebenden Menschen: "Leute, auch wenn wir unsere Eltern nicht erreichen können, was wir nämlich eben schon versucht haben, haben wir eine Chance. Wir können die Polizei anrufen. Oder eine SMS schreiben. Einen Post auf einem sozialen Netzwerk verfassen. Das darf nicht passieren. Wir werden hier wegkommen!" Auf den meisten mit Tränen bedeckten Gesichter trat ein leichtes lächeln hervor. Alle holten ihre Smartphones aus den Hand- und Hosentaschen und wählten die Nummer von verschiedenen Verwandten oder versuchten die Notrufnummern durch.

Doch bei allen kam die gleiche Stimme die sagte: "Versucht es nicht. Ihr entkommt uns nicht. Tut was euch befohlen wird und gebt euch. Sonst wird das schlimme Folgen für alle von euch haben!" Erschrocken ließen einige ihre Markenhandys fallen. Alle heulten. Zumindest hatten alle verweinte Gesichter, was eine eindeutiges Anzeichen für einen geschehenen Tränenausbruch war. Auch ich weinte mich an Jonas' Schulter aus. Dieser schaute zwar auch leicht verzweifelt, aber er riss sich zusammen- möglicherweise meinetwegen. Hazel und Caroline trösteten einander und fielen sich um den Hals. Es war schon stockfinster, als sich alle etwas beruhigt hatten, nur Paul weinte noch immer wie aus Eimern. Zumindest sagt das Sprichwort es doch so, oder? Auch wenn "wie aus Eimern" meines Empfindens nach ziemlich seltsam klingt. Ich möchte damit lediglich ausdrücken, dass Paul so ziemlich am lautesten, schrillsten und erbärmlichsten weinte. Und wieso? Ich habe keine Ahnung. Aber um ehrlich zu sein war er auch kein allzu interessanter Mensch, als dass ich extra zu ihm gegangen wäre, um ihn nach seinen Gründen zu fragen. Hazel hob den Brief von vorhin erneut auf und fragte vorsichtig, mit verweinter Stimme: "Soll ich, Glori?" Wieso fragte sie das genau mich? Auch ich wusste nicht die Antwort auf alles- nur auf einiges. Dennoch nickte ich zustimmend . Ich hatte noch nie in meinem Leben so große Angst vor einem Stück Papier gehabt. Sie öffnete den Brief und nahm das darin enthaltene, gehaltene Papier ganz vorsichtig aus seinem Umschlag. Anschließend rief meine beste Freundin laut aber mit zitternder Stimme: "Hört alle mal her" Alle drehten sich zu ihr und die, die saßen, standen auf. Alle hörten ihr zu als sie die Worte auf dem Zettel vorlas:

"Der Bus zur Hölle

Ihr werdet ab heute jeden Tag eine Station mit Mike, eurem Busfahrer zurücklegen. Bei jeder Station müsst ihr eine Aufgabe lösen, bei der es je ein Opfer geben wird. Eine Möglichkeit wäre, dass sich das Opfer freiwillig meldet, denn wenn es nach einem Tag noch kein Opfer und somit kein "Beweisstück" eurer Tat für Mike gibt, entscheiden wir, wen das Zeitliche segnet. Eure 1.Aufgabe lautet wie folgt:

Ihr seht vor euch einen Bagger auf einer Baustelle. Wählt ein Opfer, dass unter dem Sand begraben wird. Der/die Auserwählte muss zuerst vom Bagger (der von einem von euch geführt wird) überrollt und dann unter dem Sand eingegraben werden. Ihr habt dafür bis zum morgigen Sonnenuntergang Zeit. Ihr müsst Mike als Beweisstück ein zerquetschtes Körperteil des Opfers darbringen.

Der Bus zur Hölle *Abgeschlossen*Where stories live. Discover now