37. Kapitel

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Meine Lunge zog sich zusammen und ich wachte nach Luft schnappend auf. Ich krallte mich in das Bettlaken und meine Brust senkte sich schnell auf und ab. Schweißperlen liefen mir über die Stirn und mein ganzes T-shirt war schweißnass. So ging es schon die ganzen Nächte, die seitdem vergangen waren. Ich schlief in Tylers Zimmer um wenigstens seinen Geruch bei mir zu haben und der Schmerz wurde etwas erträglicher, jedoch fühlte es sich an, als ob mir das Herz aus der Brust gerissen wurde. Wir hatten Linda und meinem Vater gesagt, dass Tyler an einem schrecklichen Unfall gestorben war...und seitdem war nichts mehr so wie früher. Die Schule schwänzte ich seitdem, so wie es das ganze Rudel tat...entweder wir saßen schweigend zusammen oder trauerten alleine...irgendwo zusammengekrochen. Jackson und Simon hatten sich seitdem nicht mehr bei uns gemeldet und ein schlimmer Verdacht machte sich in mir breit, dass sie damals die Gasleitung gekappt hatten und das Hotel in Brand gesetzt hatte...so unwahrscheinlich war diese Theorie gar nicht mal. Sie hatten sich als wir das Gas bemerkt hatten vielsagende Blicke zugeworfen und würden sie nicht alles dafür tun, Werwölfe zu töten? Okay vielleicht war Simon nicht so, aber er hörte auf seinen großen Bruder, der schon mehrmals auf mich los gestürmt wäre und mich umgebracht hätte...also war es wirklich wahrscheinlich, dass sie es getan haben.

Dean öffnete die Zimmertür, jedoch blieb er im Türrahmen stehen. Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen und seine Augen waren gerötet, gerötet von den Tränen. Er redete nichts...so wie immer. Immer wenn er aus dem Schlaf aufschreckte, kam er in Tylers Zimmer um nach mir zu sehen...irgendwie tat dies jeder. Allein schon am zweiten Tag danach, waren alle Drogen und Schlaftabletten aus dem ganzen Haus verschwunden...sowie wurde nach zwei Stunden immer nach mir gesehen, als ob sie es ahnten, dass ich mit dem Gedanken spielte, den Tod zu wählen, weil ich ohne Tyler nicht leben wollte, nicht leben konnte. Tyler war so etwas wie mein Anker geworden, und ohne mich weit aus dem Fenster zu lehnen, glaubte ich, dass ich ebenfalls zu seinem geworden war. Jedoch war Tyler nun nicht mehr da und ich befand mich im freien Fall, als hätte ich nie damit aufgehört, als Tyler mich aus dem Fenster gestoßen hatte. Dean sah mich traurig und schwieg. Er zitterte und ich stand wie mechanisch auf und ging auf ihm zu, nur um ihn schweigend in den Arm zunehmen. Mehr Kontakt hatten wir nicht...wir nahmen uns schweigend in den Arm, wenn wir es brauchten, jedoch war insgeheim jeder auf sich alleingestellt...alleine in einem tiefen schwarzen Loch, aus dem keiner rauskam. Ein Loch voller Trauer und das schreiende Verlangen nach Tyler.

Ab und zu kam das Rudel zu uns, genau wie heute, jedoch war heute etwas anders. Nicky ging es wieder gut, wir hatten ihm das Blut verabreicht und nach wenigen Stunden war er wieder der Alte gewesen. Sein Arm lag um Kiara, die sich an ihn schmiegte. Eigentlich müsste ich mich für die beiden freuen, weil Kiara Nickys Mate war, jedoch tat dieser Anblick mehr als nur weh. Es tat weh, wie sie sich ansehen...sie sahen sich an, wie ich und Tyler es getan haben. Mein Blick fiel auf Jackson und ich verspannte mich. Was suchte er hier? Wollte er seine Beileidskarte los werden? Die kann er sich sonst wo hinstecken! Jackson bemerkte meinen wütenden Blick und verspannte sich. Oder wollte er sich beichten, dass es alles auf seinem Mist gewachsen war und das mit Tyler nicht gewollt war? ,,Er will uns was sagen", meinte Dean und legte eine Hand auf meine Schulter. Dann war Dean anscheinend auch der, der ihn ins Haus gelassen hatte. ,,Dann soll er es tun und nicht schweigend da stehen", zischte ich und Jackson trat von einem Fuß auf den Anderen. ,,Ich wollte euch wirklich nicht stören...und ja ich weiß ihr seid gerade in tiefer Trauer, jedoch habe ich mir das verbrannte Hotel nochmals angesehen", fing er und ich machte meine Hand zu einer Faust. ,,Haily guck mich bitte nicht so an, das mach mich nervös", meinte Jackson und ich schnaubte. ,,Ach wieso denn? Weil ihr die Gasleitung gekappt habt? Weil ihr Tyler umgebracht habt? Gib's zu!", sagte ich laut und sah ihn anklagend an. Er sah mich erschrocken an, als würde er nicht glauben wollen, dass diese Worte so eben über meine Lippen gekommen waren. Waren sie aber und ich würde sie nicht zurück ziehen. ,,Wir waren es nicht! Ich schwör! Deshalb bin ich ja hier! Das mit dem Gas war alles geplant! Meinst du, Darkness bringt sich freiwillig um, wenn noch eine Chance ist zu gewinnen?! Nein! Der Mischling war nirgends...und derjenige, der das Gas anzündet, bekommt es auch als erstes ab. Feuer schadet dem Mischling nichts! Er hat das Ding in die Luft gehen lassen und Darkness hat sich und das Rudel in Sicherheit gebracht...irgendwie", erklärte Jackson und seine Stimme zitterte nur noch mehr. ,,Aber es gibt keine Anzeichen, dass die Killerwölfe noch leben...keine werwolfartige Aktivitäten in der letzten Zeit", erklärte Blaze und Jackson holte Fotos aus seiner Jackentasche, auf welchen die Trümmer des Hotels drauf waren. Ich brachte es nicht über mich, den Fotos auch nur eines Blickes zu würdigen. ,,Es gibt nur vereinzelt verkohlte Leichen, welche zu Wölfen, die wir selbst getötet haben gehören und die von Bloom...keine Knochen oder Reste von Darkness und dem Rest des Rudels...keine Überreste von Tyler", erklärte Jackson und ich kämpfte mit den Tränen. Tyler war tot, dass wussten wir auch und ich hatte es gesehen, wie er in Flammen aufging. Was sagten schon paar Bilder...wahrscheinlich war er vollständig verbrannt...und die einzigen Überreste waren Staub und Asche, die schon längst von Wind weggetragen wurden. ,,Aber wie sollen sie entkommen sein...das ist unmöglich", meinte Blaze, welcher sich über die Fotos beugte. ,,Ich hab keine Ahnung", meinte Jackson und auch Rachel griff nach den Fotos. ,,Was sollte ihr Motiv sein, Tyler...Tyler zu retten und ihren eigenen Tod vorzutäuschen?", fragte Rachel mich zitternder Stimmer. ,,Darkness will Haily...und der Einzige, der Darkness von diesem Ziel abgehalten hat war Tyler. Tyler ist Hailys Schwachstelle und wenn er genau diese an sich reißt...", erklärte Jackson und nun sah Blaze aus, als ob er alles verstehen würde. ,,Dann bringt er Haily dazu, auf Darkness Seite zu wechseln...weil sie verloren und verzweifelt ist. Da sie so wenigstens das Rudel retten könnte, das Einzige, was ihr noch geblieben ist. Er hat ihr das Lebenswerte genommen", beendete Blaze Jacksons Erklärung, welcher zustimmend nickte. ,,Und wenn Haily nicht freiwillig kommt...dann benutzt er Tyler um sie zu ihm zuführen. Tyler ist Darkness Geißel", schloss sich nun auch Dean an der Erklärung an. ,,Und wenn das so ist...was tun wir?", fragte Rachel und sah mich an. ,,Haily ist unser Alpha. Sie muss entscheiden", meinte Blaze und ließ die Fotos sinken. Ich sollte entscheiden? Falls es noch keiner mit bekommen hat, ich war gerade nicht wirklich in der Lage ordentliche Entscheidungen zutreffen. Erst erlab ich mit wie Tyler starb und mein ganzes Leben brach wieder zusammen und nun wurde mir klargemacht, dass Tyler lebte, jedoch wahrscheinlich unter nicht so tollen Bedingungen. Es war als würde ich endlich auf den Boden aufschlagen und mich nicht mehr im freien Fall befinden. Mir blieb die Luft weg und wie damals, konnte es mein Gehirn nicht realisieren. Tyler lebte und ich sollte entscheiden, was jetzt getan werden soll. Wenn ich das Falsche sagte, konnte ich Tylers Leben riskieren...wie sollte ich so eine Last tragen? Wenn schon das Leben meines ganzen Rudels auf mir lastete. Mein Blick wanderte zu Jacob, Jacob saß auf der Couch und suchte ebenfalls meinen Blick. Er war der Beta, der Stellvertreter des Alphas, dass wenn der Alpha nicht in der Lage war ein Rudel zuführen, der Beta für ihn einsprang. ,,Ich kann das nicht...", meinte Jacob. Seine Stimme zitterte und er sah mich fast flehend an. Jacob hatte so viel um die Ohren und nun sollte er noch als Alpha einspringen, er hatte Recht, er würde daran nur kaputt gehen. Ich seufzte und mein Blick schweifte über das Rudel. Es würde mir folgen, egal wohin, auch wenn's der Tod wäre. ,,Ich mach's. Für Tyler", sagte ich und Dean kniete sich hin. Der Rest tat es gleich, nur Jackson sah etwas verdutzt aus der Wäsche. Sie zeigten mir mit dieser Geste ihre Treue, und dass sie mir gehorchen würden. Ich bin so eben ihr Alpha geworden, jedoch wollte ich dies nur so lange sein, bis Tyler wieder zurück war, denn es war sein Rudel, nicht meins. ,,Könnt ihr bitte aufstehen?, fragte ich etwas überfordert und Dean sah mich fast schon lachend an. Wahrscheinlich, wenn die Situation eine andere gewesen wäre, hätte er lauthals los gelacht.

,,Und was machen wir also?", fragte Blaze. ,,Wir werden Tyler befreien, jedoch dafür brauchen wir Verstärkung. Jackson? Gibt es hier in der Nähe ein weiteres Wolfsrudel?", beschloss ich und sah Jackson an. ,,Wieso fragst du da Jackson? Unser Cousin hat ein Rudel, er hat das andere Revier von unsere Stadt", erklärte Dean. ,,Und wieso habt ihr ihn nicht schon früher nach Unterstützung gefragt?", fragte Jackson und zog eine Augenbraue hoch. ,,Naja...sagen wir's mal so, ein gutes Verhältnis haben wir nicht, aber hier geht's um Leben und Tod. Familie hält zusammen, Joey hilf uns, glaubt mir", erklärte Dean und kratzte sich am Hinterkopf. ,,So wie ich Joey in Erinnerung habe, bezweifel ich das, meinte Blaze und sah von den Bildern hoch, die er immer noch studierte. ,,Uns bleibt nichts anderes übrig, sagte Dean und zuckte mit den Schultern. ,,Dann ist das beschlossene Sache. Wir holen Tyler da raus", sagte ich entschlossen. Und wie Dean gesagt hatte, wir mussten versuchen diesen Joey auf unsere Seite zu ziehen und hoffen, dass was damals vorgefallen war, zumindest für eine gewisse Zeit zu vergessen.

NeumondWhere stories live. Discover now