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Der Tag der Abreise der Freakshow rückte immer näher und Jimmy hatte mir immer noch nicht erzählt wie er sich entschieden hatte. Falls er sich überhaupt schon entschieden hatte. Es waren jetzt bloß noch drei einhalb Wochen und ich wurde langsam wirklich nervös. Ich war allgemein angespannter und auch wenn ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen war ich etwas gereizter als normalerweise. In einigen Momenten war ich sogar ziemlich wütend warum er sich nicht endlich mal entscheiden konnte. Heute hatte ich einen freien Nachmittag für mich alleine, Lizzy war bei Harry und Jimmy musste arbeiten. Eine Weile lang hatte ich in der Küche vor mich hingegrübelt und die Musterrung der Tischplatte angesehen. Wütend knallte ich meine Hand darauf, den stechenden Schmerz, der sich von meiner Handkante bis über den kleinen Finger verteilte, ignorierte ich einfach und stand auf. Ich stapfte auf den Schuppen zu und holte die Axt von der Wand. Etwas weiter in den Wald hinein lagen ein paar Holzstämme für die ich bisher keine Zeit gefunden hatte. Jetzt ließ ich meine ganze angestaute Wut an ihnen aus. Es tat gut auf etwas einzuschlagen. Einfach alles rauszulassen. Jedesmal wenn ich versuchte Jimmy darauf anzusprechen wie es denn nun weitergehen würde blockte er ab, noch ein Schlag, wechselte das Thema , und noch einer, oder tat wütend warum ich ihn so bedrängen würde, und wieder einer. Ich hatte die letzten Wochen mit ihm wirklich genossen, wir hatten an den Wochenenden viele tolle Sachen unternommen, aber manchmal machte er mich einfach nur wahnsinnig... Ich stellte mich breitbeinig vor den nächsten Baumstamm, nahm eine Hand in die Mitte des Axtstiels und die andere weiter unten. Ich holte weit aus und ließ die Axt mit viel Nachdruck auf den Stamm zufallen. Sie krachte durch das Holz, welches beinahe bis zu Hälfte durchbrach. Ich zog sie mit ein paar Schwierigkeiten wieder heraus, so fest steckte sie, und setzte zum erneuten Schlag an. Jetzt steckte sie so fest in dem dicken Holz, dass ich sie nur schwer heraus bekam, was mich nur noch wütender machte. Genervt rüttelte ich an der Axt um sie zu lösen und als die dies letztendlich auch tat wäre ich beinahe hinten übergefallen. Und wieder stellte ich mich vor den Stamm, hob die Axt und schlug so heftig ich konnte zu. Der Schlag war so fest, dass er nicht nur den Stamm entzweite, sondern die Axt auch noch einige Zentimeter in der Erde versank. Erschöpft ließ ich mich auf die Knie fallen, den Axtgriff fest in der Hand. Mir kamen die Tränen. Ich wusste einfach nicht was ich noch tun sollte. Ich konnte doch nicht bis zum Ende so tun als wäre es mir egal wie er sich entscheidet. Die Angst dass er mich verlassen würde, dass ich wieder alleine dastehen würde... Ich ließ einfach alles heraus und stützte mich auf dem großen Baumstamm ab. Es war gut einfach mal loszulassen. Ich wusste nicht wie lange es dauerte bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte, aber irgendwann entschloss ich mich das Hacken für heute sein zulassen. Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt und ich wollte nicht verheult aussehen wenn Lizzy nach Hause kam. Die Axt hinter mir herschleifend ging ich zurück zum Schuppen und nahm mir ein Bier aus dem kleinen Kühlschrank. Ich setzte mich auf den Stuhl und trank einen großen Schluck des kühlen Getränks. Langsam entspannte ich mich. Das alles mal rauszulassen hatte gut getan. Vielleicht könnte ich jetzt auch ohne Gefühlsausbrüche mit Jimmy darüber reden. Bei meinem dritten Bier hörte ich wie sich die Hintertür öffnete und Lizzy meinen Namen rief. Ich rief zurück, dass ich mich im Schuppen befand und hörte ihre Schritte näher kommen. Sie öffnete die Tür und lugte herein. Als sie mich sah kam sie auf mich zu und sah mich nachdenklich an. „Geht es dir gut?", fragte sie und ich nickte. Sie kletterte auf meinen Schoß und und drückte mich fest. „Keine Sorge, mir geht es gut.", versicherte ich ihr. „Fährt Jimmy mit den anderen weg?", fragte sie nach einer Weile und klang trauriger als ich es erwartet hatte. „Ich weiß es nicht.", nuschelte ich in ihre Haare und jetzt war ich es die sie fest an mich drückte. „Ich will nicht dass er weg fährt.", murmelte sie und klammerte sich an mich. „Ich auch nicht,", erwiderte ich, „aber es ist seine Entscheidung. Wenn er gehen möchte werde ich ihn nicht davon abhalten." Bei dem letzten Satz musste ich schlucken. Es stimmte schon, ich hatte mir vorgenommen, dass ich ihn nicht zwingen wollte bei mir zu bleiben. Dennoch hatte ich jedesmal einen großen Kloß im Hals wenn ich darüber nachdenken musste. Es machte mich fertig nicht zu wissen wie es weitergehen würde. Seit dem Tod von Großvater hatte ich mich immer auf ihn stützen können wenn etwas gewesen ist. Doch jetzt war das nicht mehr so sicher und ich hatte Angst es nicht alleine schaffen zu können. Jetzt wo ich erlebt hatte wie es sein konnte. Wie es war jemanden zu haben den man liebt und ohne den man nicht mehr leben konnte und wollte. Es war schon erstaunlich wie sehr sich mein Leben in diesen paar Monaten verändert hatte. Ich wurde von einem Schluchzen aus meinen Gedanken gerissen. Verwundert sah ich nach unten in Lizzys mit Tränen gefüllte Augen. Instinktiv hob ich meine Hand an ihre Wange und wischte die eine Träne die bereits entwischt war weg. „Sshhh... nicht weinen Lizzy. Ich weiß es tut weh, aber wir müssen seine Entscheidung akzeptieren wenn es soweit ist.", versuchte ich sie zu trösten. Wie erwartet funktionierte es nicht sonderlich gut und sie fing nur noch mehr an zu weinen. Sie klammerte sich an mich und nuschelte etwas was ich nicht verstehen konnte. Ich hob sie beim Aufstehen hoch und trug meine weinende Schwester zum Haus und ließ mich mit ihr auf dem Sofa nieder. Ich streifte ihr die Schuhe ab, mir ebenso und wir kuschelten uns zusammen in die Kissen. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber auch mir kamen schon wieder die Tränen. Ich versuchte es vor Lizzy zu verbergen, sie hatte mich noch nie richtig weinen sehen, doch ichwar zu langsam. Mit einem Mal hörte sie auf zu weinen und sah mich erschrocken an. Weder bei dem Tod unseres Großvaters noch bei dem Streit mit Jimmy hatte sie mich weinen sehen. Mit zitternden Händen nahm sie mein Gesicht und wischte nun mir die Tränen von den Wangen. Sie begutachtete kurz ihre jetzt nassen Hände, kniete sich dann vor mich hin und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich musste Lächeln. Es war das was unsere Mutter früher immer gemacht hatte wenn ich geweint hatte, und als Lizzy noch ein Baby war hörte sie nach dem Kuss immer auf zu schreien. Ich hatte es ihr das erste Mal erzählt, als sie mit drei Jahren hingefallen war und sich das Knie aufgeschlagen hatte. Jetzt sah mich mit verweinten und dennoch aufmunternden Augen an. „Du hast das gemacht als mir mein Knie wehgetan hat. Ich mache das jetzt weil dir dein Herz weh tut.", sagte sie und wirkte dabei so erwachsen. Sie kicherte aufgrund meines erstaunten Gesichtsausdrucks und nahm mich fest in den Arm. Ich umarmte sie zurück und wusste, dass selbst wenn Jimmy ginge, ich nicht allein sein würde.

Hallo Leute,
der Part ist schon eine ganze Weile fertig, aber ich war mir nicht sicher ob er so in Ordnung ist. Sowas zu beschreiben und erklären ist gar nicht so einfach. Ich hoffe er gefällt euch trotzdem und keine Panik, ich werde definitiv weiterschreiben, auch wenn es ab und zu doch was länger dauert als erwartet. Aber wir neigen uns ja langsam dem Ende zu und ich möchte nicht einfach so kurz vorher abbrechen. Hatte ich eigentlich nie vor. Also auch wenn die Updates momentan länger brauchen, und es tut mir leid deswegen, werden sie irgendwann kommen.
Bitte sagt mir mal ob der Part so ok ist, ich hab nämlich echt lange daran gesessen.
Ansonsten hoffe ich dass ihr alle einen schönen ersten Advent hattet und die Weihnachtszeit ein bisschen genießen könnt.
Viele Grüße und bis bald,
eure MA4rt4.

Was ist daran so schlecht?Where stories live. Discover now