zweiunddreißig. [eliza]

4.1K 196 24
                                    

e l i z a 

»And I know when I need it I can count on you like four three two, you'll  be there, 'cause that's what friends are supposed to do, oh yeah«

- Bruno Mars „Count on me"

• • •

»Meine Damen und Herren, der Sinkflug wurde begonnen: hinsetzen, anschnallen und elekronische Geräte auschalten bis die endgültige Parkposition erreicht wurde. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und ich wünsche Ihnen noch einen schönen Aufenthalt in Christchurch.«

Die Worte des Piloten durch den Lautsprecher, weckten mich ziemlich rasch aus meinem Nickerchen. Schnell setzte ich mich gerade auf und schnallte mich an. Die Frau neben mir sah mich argwöhnisch an. Kein Wunder, ich musste aussehen wie eine absolute Pennerin. Komplett schwarz angezogen, inklusive dicken schwarzen übergezogenen Kapuzenpullover, wofür es mittlerweile schon längst zu warm war. Die dunklen Augenringe und die Tatsache dass ich ungeschminkt war, ließen mich wahrscheinlich noch viel besser aussehen.

»Sagen Sie mal, es tut mir leid wenn ich sie störe, aber sie sind das Mädchen hier, oder?« Scheiße. Die Frau, die ich auf Mitte 50 schätzte, zeigte auf das Klatschmagazin, was sie gerade in den Händen hielt. Und auf der Titelseite war natürlich ich in Nahaufnahme zu sehen, wo ich Shawn küsste. Dick darunter stand in roter Schrift: „SIE BETRÜGT IHREN FREUND FÜR SHAWN"

Sofort bildete sich ein dicker fetter Kloß in meinem Hals. »Ehm, natürlich nicht«, brachte ich gerade so heraus und die Frau lachte. »Natürlich nicht. Tut mir leid für die dumme Frage. Manchmal gibt es komische Zufälle. Mein Neffe wurde mal für Ryan Gosling gehalten.« Langsam verflog wirklich meine Vorliebe für Ryan Gosling. Der Typ brachte mir echt nur Unglück. Trotzdem schaffte ich es irgendwie sie tapfer anzulächeln. Ich glaube es war das erste Mal in den letzten zwei Wochen. Denn ich hatte die letzten Wochen vor den Osterferien einfach geschwänzt und mich komplett von der Außenwelt abgeschottet. Somit war mein Leben komplett für die Tonne. Wenn ich nach den Ferien weiter fehlen würde, wäre es nur eine Frage der Zeit bis sich die Schule einschalten würde. Vielleicht würde ich sogar fliegen. Selbst Sophies Schwester hatte die Nachhilfe bei mir wenige Tage nach den Ereignissen gekündigt. Ich war also für die Presse und in der Schule endgültig eine Versagerin und Betrügerin. Selbst Shawn reagierte weder auf meine Nachrichten und meine Anrufe. Was sollte das? War ich jetzt uninteressant für ihn geworden? Die Wut auf ihn staute sich immer mehr auf.

Kurzgesagt: Alles war wieder einmal einfach nur zum Kotzen. Mum hatte nicht mal etwas dazu gesagt, als ich die letzten zwei Wochen nicht mehr zu Schule ging. Ich wusste, dass ich ihr ernsthaft Sorgen bereitete, aber als sie plötzlich mit Flugtickets nach Neuseeland auftauchte und mir verkündete dass ich die Ferien dort verbringen würde, war ich trotzdem ziemlich überrascht gewesen. Denn ein über 20 Stunden länger Flug war alles als billig. Als ich sie entsetzt angestarrt hatte, war ihre Reaktion nur ein schwaches Lächeln gewesen und hatte irgendetwas von vorzeitigen Geburtstagsgeschenk gemurmelt und dass es so oder so geplant war. Ich glaube sie hoffte, dass ich mich aus meinem Loch ziehen würde. Tatsächlich war mein einziger Lichtblick momentan, Dad und Miranda wiederzusehen. Bevor meine Gedanken weiter abschweifen könnten, wurde ich durch die abrupte Landung wortwörtlich wieder auf dem Boden der Tatsachen zurückgebracht.

»Lizzy!«, schrie mir eine mir allseits bekannte Stimme laut zu und aus den Augenwinkeln konnte ich eine Person erkennen die mir zuwinkte. Ich drehte mich mit meinen Koffer in der Hand verwirrt um, bis ich Miranda entdeckte. Und das Erste was mir auffiel war, dass sie wieder eine neue Haarfarbe ausprobiert hatte. Bevor ich umgezogen war, waren ihre Haare lang und mit blauen Übergang gewesen, jetzt hatten sie einen ungewöhnlichen aber durchaus hübschen Fliederton und waren noch kürzer als meine eigenen. Ansonsten wirkte sie immer, hochgewachsen und schlank, mit ihrem typischen Grunge-Look. Sie hatte schon immer einen Faible für alles Ungewöhnliche gehabt, was nichts an der Tatsache änderte dass sie eines der bezaubertsten Mädchen war die ich kannte. Bei ihrer Außergewöhnlichkeit war es eigentlich ein Wunder, dass sie mit jemand so langweiliges wie mir befreundet war.

Ehe ich mich versah, umarmten wir uns beide stürmisch. »Du weißt, dass ich diesen Spitznamen hasse«, begrüßte ich sie lachend. »Das nächste Mal wenn ich dich sehe, schreie ich: „Schaut, da ist das New Zealand Girl!"« Obwohl das Thema eigentlich noch viel zu sensibel war, versuchte ich es mit einem Augendrehen zu überspielen. Wir lösten uns wieder voneinander und gingen in Richtung Ausgang. »Und, wie ist es die beste Freundin einer Berühmtheit zu sein?«, versuchte ich das Gespräch anzufangen. Miranda grinste mich an. »Unfassbar. Jeden Tag Wellness, Luxus und heiße Typen. Spaß, beiseite. Dadurch dass ich auf der Hälfte deiner Bilder markiert bin, hat allein mein tumblr Blog soviel Aufmerksamkeit wie noch nie.« Ich rümpfte die Nase. »Das heißt, du malst dir Sommersprossen auf, postest irgendwelche depressive Sprüche, tust auf total unnahbar und die Leute finden es gut?« Miranda musste so laut anfangen zu lachen, dass sich die Leute um uns herum sich bereits umschauten, bis sie sich gefangen hatte. Daraufhin gab es eine kurze Gesprächspause, bis wir das Hauptgebäude des Flughafen verlassen hatten. »Ich freu mich schon die nächsten zwei Wochen mit dir zu verbringen. Das du das Wochenende bei mir zu Hause bleibst weißt du, oder?«, fragte mich Miranda beiläufig. Ich nickte. Dadurch das Mum alles spontan organisiert hatte, hatte Dad bereits an dem Wochenende mit seiner neuen Freundin Christina ein Wochenende in Wellington gebucht. »Cool. Dann fahren wir mal wie die richtig trendigen tumblr-Girls mit dem Jeep meines Vaters nach Hause.« Ich lachte. Miranda war bereits im Dezember achtzehn geworden und durfte bereits alleine Autofahren. Ein wenig beneidete ich sie darum. Zwar hatte ich auch schon den Führerschein, aber kein Auto und Mum traute mir ihr Auto nicht an. Was wahrscheinlich daran lag, dass ich zwei Mal durch die praktische Prüfung gefallen war.

Als wir knappe zehn Minuten später losgefahren waren, hatte sich mein Laune etwas gebessert. Es dauerte noch ein wenig bis wir in Amberley ankommen würden, es war etwas weiter vom Flughafen entfernt. Das Wetter war für die Jahreszeit hier schon ziemlich warm und die Sonne schien durch das Fenster. Alles wirkte entspannt und während dass Radio lief trommelte ich mit den Fingern zum Rhythmus der Musik auf meinem Oberschenkel herum und summte leise mit. Völlig in Gedanken versunken, bemerkte ich erst im letzten Moment, dass das Lied stoppte und ein Radiomoderator plötzlich anfing zu reden. »Und jetzt: Der gestern frisch erschienene Song von Shawn Mendes, „I don't even know your name". Trotz der gesamten skandalösen Geschichte, ist der Song bereits in Kanada und Neuseeland auf Platz 1 der Charts. Und an alle Fans da draußen, seit letzter Woche hat der kanadische Popstar die Daten für seine nächste Welttournee bereits-«

»Was?!«, fragte ich entsetzt. Das alles hatte ich komplett verschlafen? Miranda schaute mich verwirrt an. »Eigentlich wollte ich das Thema vermeiden, aber mal ehrlich, gerade du weißt nichts davon?« Ich atmete tief aus. Durch Telefonate hatte ich meiner besten Freundin wieder versucht auf den neusten Stand zu springen. Dennoch musste ich schlucken, bevor ich antwortete. »Er reagiert weder auf meine Anrufe noch Nachrichten«, nuschelte ich. Miranda schaute mich an, als hätte ich gerade einen schlechten Scherz gemacht, bevor sie ihren Blick wieder schnell auf die Straße richtete. »Arschloch«, fluchte sie. »Sorry Lizzy, aber du siehst absolut beschissen aus. Und das alles wegen so einen Kerl.« Ich schnappte Luft. »Das ist nur der Jetlag, ich bin einfach nur scheiße müde.«, versuchte ich mich rauszureden. »Du warst schon immer schlecht im Lügen. Außerdem siehst du aus als würdest du eine Bank überfallen, bist ungeschminkt und hast die Augenringe des Todes und deine Haare könnten auch nochmal gewaschen werden.«

Manchmal war ich bei so harschen Kommentaren von ihr eingeschnappt, aber ich wusste dass sie damit immer im Grunde genommen recht hatte. Ich seufzte. »Und was hast du jetzt vor?« Sie grinste wissend. »In zwei Wochen dein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Du bekommst es ja allein nicht hin. Gib mir mal bitte dein Handy.« Ich runzelte die Stirn. »Du fährst Auto, was willst du mit meinem Handy?« Miranda schüttelte den Kopf und lächelte. »Vertrau mir einfach.« Als ich ihr gehorchte, machte sie das Fenster auf und schmiss es einfach raus. Mein Handy. Das Gerät, womit ohne kein Teenager länger als eine Stunde überleben konnte. Ich war so entsetzt, dass ich sie einfach nur weiter anstarrte, während sie sich vor Lachen nicht mehr ein bekam. »Das hält dich am allerbesten davon ab, dich von den sozialen Medien runterziehen zu lassen. Außerdem: Es wurde wirklich Zeit dass du dir ein neues besorgst. Nichts für ungut, aber das Ding war kurz davor in seine Einzelteile zu zerfallen«, sagte sie so locker, als hätte sie nur eine viel zu lang gekauten Kaugummi aus den Fenster gespuckt.

»Ich hasse dich.«

»Hab dich auch lieb, Lizzy.«

New Zealand Girl [Shawn Mendes Fanfiction]Where stories live. Discover now