Kapitel 15 Cecilia

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Du hast deinen Freund,
den du brauchst.

Also Vincent. Ihn brauche ich, um Leonard zu stürzen.

Doch ist er auch dein Gegner.

Was sollte das heißen? Werde ich ihn als Feind haben, sobald er das Buch hat?

Aber er wird dir helfen,
bevor der Verrat rot
und vom Feuer umfacht wird.

Ich glaube das heißt, dass er Sahena niederbrennen will und wenn das geschieht, dann gäbe es keinen Herrscher mehr über die Sommerwiesen. Die Wiesen wären ein freies Land. Ist er deshalb mein Feind?

Mein Blick glitt durch den Raum und blieb letzendlich an der Karte, die ich gestohlen hatte, hängen. Ich faltete sie auf. Die Kreuze waren auf Hensk's Dorf und auf Sahena. Es waren keine Kreuze für mögliche Orte, an denen das Buch sein konnte. Nein. Es waren Angriffs-Kreuze! Ich muss es meinen Eltern erzählen, egal welche Gefahren davon ausgehen, dachte ich. Ich stand auf und strich den Stoff meines Kleides glatt. Ich trug noch immer das weiße Kleid, welches ich bei dem Wiedersehen mit meinen Eltern trug. Vielleicht sollte ich mir wieder etwas anderes anziehen, etwas, das nicht so edel war. Ich öffnete meinen Schrank und nahm ein hellblaues, schlichtes Kleid heraus.

So gekleidet ging ich über den Hof bishin zur Küche. Mit wurde gesagt, dass meine Eltern dort halfen das Essen zu bereiten. Tatsächlich waren sie dort. "Mutter, Vater", sagte ich, als ich herein trat. Sie blickten auf. Meine Mutter schnitt gerade das Gemüse und mein Vater stand am Feuer. "Was ist denn, Cecilia?", fragte mein Vater. "Wir müssen hier weg! Schnell!" "Warum das denn? Hier ist es sicher und es gibt genug zu essen!", versuchte meine Mutter gegen mich zu halten. Wie sollte ich sie überzeugen? "Aber Vincent will Sahena niederbrennen und auch ein Dorf. Wir müssen die Bewohner warnen!" Meine Mutter legte das Messer auf den alten Holztisch und nahm mich in den Arm: "Wieso sollten die Jemoys das tun? Sie haben uns jahrelang Schutz geboten." "Jetzt aber nichtmehr", murrte ich. Dann sagte mein Vater: "Selbst, wenn das stimmen sollte, sind wir hier in der Burg viel hilfreicher!" Da hatte er Recht, aber was war, wenn wir Vincent nicht aufhalten konnten? "Vielleicht schon", gab ich nach, "aber wir müssen die Leute dort warnen, es ist Hensk's Dorf!" Ich wollte nicht, dass Hensk etwas zustößt. Er hatte mir geholfen, weshalb ich in seiner Schuld stehe. Ich werde meine Schuld begleichen. "Dann musst du gehen", sagte meine Mutter wehleidig. Das konnte sie nicht verlangen! "Nein", sagte ich und meine Stimme wurde trocken, "ich will euch nie wieder verlieren!" Ich war den Tränen nahe. Auch meinen Eltern war bewusst, dass das ein weiterer Abschied wäre, trotzdem blieben sie ruhig: "Cecilia. Wenn du Recht hast, dann hängt das Leben von dutzenden Menschen jetzt gerade in deiner Hand." Musste mein Vater das so dramatisch machen? Allerdings war meine Mutter auch der Meinung: "Wir bleiben hier und du wirst immer wissen, wo wir sind." Ich fiel ihr um den Hals. Gerade erst hatte ich sie wieder gesehen. Nach all den Jahren, ich wollte nicht Abschied nehmen. Plötzlich kam der Oberkoch herein. Grimmig betrachtete er unsere Familienversammlung. "Mylady Cecilia", grüßte er und machte eine Verbeugung. Mit einem Mal hatte sich seine Laune um ein vielfaches verbessert. "Guten Tag." Meine Eltern vergaßen auch in solchen Situationen nicht die Nerven und so durfte ich es auch nicht tun. Dann blickte ich meiner Mutter in die Augen. Sie tat es mir gleich, nickte und sagte: "Viel Glück." Ich wandte mich an meinen Vater. Er schenkte mir zum Abschied ein ermutigendes Lächeln. Ich atmete durch und ging auf den Hof hinaus. Wieder fiel ich in mir zusammen. Es war zu viel für mich. In letzter Zeit ist einfach so viel passiert. Ich komme damit nicht klar. Und jetzt wieder zurückgehen? Das ist der Höhepunkt!

In meinem Zimmer suchte ich meine wenigen Habseligkeiten zusammen. Die Karte und Vincents Brief. Der Brief. Vincent hat versprochen mir zu helfen, kann ich ihn da verlassen? Ja. Er hat selbst gesagt, dass er auch mein Feind ist. Aber ich brachte es nicht übers Herz zu gehen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Also nahm ich Tinte und ein Stück Papier aus meinem Schrank und schrieb:

Wenn der Freund dein Feind ist,
musst du ihn aufhalten.
Egal, was gesagt!
Ich will niemanden zu Schaden kommen lassen,
deshalb muss ich dir vorraus.

Den Zettel legte ich auf mein Bett. Dort wird Vincent oder irgendwer ihn finden und an Vincent weitergeben.
Ich schlich mich die Treppe herunter und ging, ohne mir etwas anmerken zu lassen über den Hof. Keiner hatte den Verdacht, dass ich abhauen wollte. Ich hatte noch ein wenig Geld über und kaufte mir davon ein Brot. Ich werde es mir einteilen müssen. Mein Magen knurrte, wie auf Signal. Also biss ich ein Stück ab. Schließlich hatte ich einen langen Weg vor mir. Ich ging weiter, durch das offene Burgtor. Vor mir erstreckte sich die Wiese und am Horizont war der Wald, durch den ich gekommen war. Ich wollte nicht. Es war anstengend ständig zu laufen, aber ich hatte keine Wahl. Um mir den Weg etwas angenehmer zu machen, zog ich meine Schuhe aus und ging barfuß über das leicht nasse Gras. Es war ein angenehmes Gefühl und das Gras war weich. Nach nicht allzu langer Zeit, hörte ich hinter mir ein Pferd. Es galoppierte auch mich zu. Ich drehete mich um. Es war Vincent. Verdammt! Er darf mich nicht aufhalten. Aber es war zu spät. Ich versuchte noch zu rennen, doch er war schneller. Als er bei mir angekommen war, stieg er vom Pferd ab und sagte: "Du bleibst bei uns!" Er packte mich am Arm und zog mich mit sich.

Destroyed  [Abgeschlossen]Where stories live. Discover now