Kapitel 8 Cecilia

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Die Luft blies mir erfrischend durch das Haar. Ich rannte über eine riesige Wiese, vorbei an einer alten Kirche und vielen Häusern. Alle Menschen, die dort lebten waren auf und bestellten ihre Felder. Es war das erste Mal, dass ich soetwas sah. Es war überwältigend, wie alle diese Menschen für sich selbst sorgten. Ich werde das auch bald müssen, dachte ich, vielleicht sollte ich einfach mal dort vorbei gehen. Also verlangsamte ich meine Schritte und ging auf das Dorf zu. Dort angekommen, suchte ich nach etwas essbaren und wurde von einem Geruch betört. Es roch nach Kuchen. Ich ging dem wunderbaren Geruch nach. Letztendlich kam ich zu einem Bäcker. Im Fenster sah ich den Kuchen. Doch dann fiel mir geschockt ein, dass ich kein Geld hatte. Verdammt. Wie soll ich denn jetzt etwas zu essen bekommen? Ich ging zurück und kam am Marktplatz an. Es waren ein dutzend Stände aufgestellt. Einige Stände waren überfüllt mit Äpfeln, andere mit Töpferwaren, wieder andere mit Fleischwaren. Alles sah so verlockend aus. Ich hatte Hunger. Also ging ich langsam auf den Stand mit den Äpfeln zu. Die Marktschreierin war gerade beschäftigt und erklärte einer jungen Frau, die abgewetzte Kleider trug, warum der Apfel so viel kostete. Ich nutzte die Gelegenheit, nahm einen Apfel und ging wieder in Richtung der großen Wiese von der ich kam. Es war fast glatt gelaufen, aber ich hatte mich zu früh gefreut. Die Frau des Standes schrie: "Hilfe, Diebin! Lasst sie nicht entkommen!" Auf einmal starrten mich alle an. Ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl. Sollte ich laufen oder gestehen? Ich hatte keine Zeit mehr zu entscheiden. Es war zu spät. Die Dorfbewohner hatten einen großen Kreis um mich herum gebildet. Alle starrten mich entsetzt an. "Diebin!", rief ein nahestehender Bauer. Eine andere Frau rief: "Wie kannst du es wagen?" "Es... ich... wollte... ich hatte kein Geld. Ich musste flüchten", stotterte ich. "Ja, aber natürlich", entgegnete die Frau, der der Apfelstand gehörte, "her mit dem Apfel." Ich gehorchte und gab ihr den Apfel zurück. "Aber bitte. Ich brauche etwas zu essen", bat ich. "Wer kein Geld hat, bekommt auch nichts!" Es war ungewohnt so herablassend behandelt zu werden. Normalerweise war ich es gewohnt, dass meine Bitten erfüllt wurden. Auf einmal trat ein Mann aus der Menge hervor: "Cecilia? Bist du es?" Ich zuckte zusammen und versuchte den Mann einzuordnen. Hatte ich ihn schonmal gesehen? Woher kannte er meinen Namen? "Cecilia, komm mit mir. Ich mache dir etwas zu essen." Ich war unsicher, aber folgte ihm. Die anderen waren ebenfalls verwirrt und protestierten, ließen uns letztendlich aber doch gehen. Wir gingen schweigend, durch schlecht gepflasterte Straßen, vorbei an einigen alten Häusern. Nach nicht allzu langer Zeit, öffnete der Mann eine Tür und sagte ich solle ihm folgen. Im Haus setzten wir uns an einen Tisch. Er begann zu erklären: "Ich bin Hensk. Ich war sagen wir mal ein guter Freund deiner Großmutter. Sie hat immer Gutes von dir erzählt. Wie also kommt es, dass du etwas stiehlst?" Er sah mich durchdringend an und ich wusste ich würde nicht lügen können. "Ich habe all das Geld noch in Sahena. Ich musste von da aus flüchten, wegen eines Missverständnisses und ich hatte Hunger", erzählte ich. Er gab einen Ton von sich, den ich nicht einordenen konnte. Dann ging er aus dem Raum. Er brachte zwei Äpfel mit sich, als er wieder kam. Den einen gab er mir und aß selbst den anderen. Mein Magen knurrte und ich begann den Apfel zu essen. Er schmeckte wunderbar. "Warum hast du mich gerettet?", fragte ich Hensk. "Weiß ich noch nicht genau", antwortete er. Na super. Von ihm kriege ich keine Antworten. "Warum bist du geflohen?", fragte er. Ich atmete durch und erzählte ihm, was geschehen war. Er hörte zu und nickte manchmal. Als ich geendet hatte, war er zu dem Schluss gekommen mir zu vertrauen und auch er erzählte: "Deine Großmutter hat immer auf mich aufgepasst als ich noch klein war. Sie war die beste Ersatzmutter, die ich mir vorstellen konnte. Immer so fantasievoll, wenn sie Geschichten erzählt hat und wenn sie mir Gedichte vorgetragen hat, hat sie diese immer so stark betont, dass die Stimmung des Gedichts klar wurde. Das erste Mal, dass ich deine Großmutter zu Gesicht bekommen habe, war der Tag, an dem ihre Bücher verbrannt wurden. Ich fand es schade. Ich mochte diese Werke." Das überraschte mich. Er mochte Gedichte? Das war eher selten. "Welche Gedichte kanntest du?", fragte ich, um die Stille zu brechen. "Viele", antwortete er und starrte einfach vor sich hin. Er schien an meine Großmutter zu denken und ich wollte ihn nicht stören. So aß ich den Apfel weiter. "Was tust du jetzt?", fragte er. Das war eine gute Frage. Ich konnte nirgendwo hin, hatte kannte keinen außerhalb der Mauern von Sahena. "Ich weiß es nicht", entgegnete ich. "Du kannst bei mir bleiben, wenn du willst." "Das ist wirklich nett. Vielleicht eine Nacht. Ich möchte dich nicht lange belästigen." Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. "Ach, keine Sorge. Ich bin froh mal wieder etwas Gesellschaft zu haben." "Eine Frage habe ich noch: wann ist bei euch die Kirche geöfgnet?" Diese Frage war unumgänglich. Ich musste beten. Er schien darauf nicht gewartet zu haben: "Kirche?", fragte er. "Ja, ich bete", gab ich knapp zurück. "Die Kirche hat immer geöffnet und jeden Sonntag um halb sieben findet dort ein Gottesdienst statt." Ich bedankte mich für die Auskunft und ging in die Kirche.

Sie war wunderschön. Die bunten Fenster glitzerten in der Nachmittagssonne. Der Altar am anderen Ende des Raumes war mit Kerzen geschmückt und aus Marmor gefertigt. Ich schritt durch die Reihen und kniete mich vor den Altar. Dort betete ich eine Weile. Als ich fertig war, stand ich auf und entzündete eine Kerze für Sejla und eine für meine Eltern.

Bei Hensk Zuhause legte ich mich auf mein Bett und dachte nach, über all das was geschehen war. Doch diese Zeile des Gedichts wollte mir nicht aus dem Kopf gehen:

Schrick nicht zurück, wenn deine Reihe kommt.

Was war meine Reihe?

Destroyed  [Abgeschlossen]Where stories live. Discover now