The Last Warrior

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Ich habe das Gefühl, dass sich auf Wattpad gerade in der Sparte der Jugendbücher (eingeschlossen auch die entsprechenden Exemplare aus dem Bereich Fantasy) viele Autoren tummeln, die noch nicht wirklich Erfahrung mit dem Schreiben haben und ebenso wenig Ahnung, in welche Richtung sie eigentlich gehen wollen. Mit »The Last Warrior« von xJustDesireex habe ich zum wiederholten Male einen solchen Roman, oder zumindest den Anfang davon, auf meiner Liste.

Die sieben bisher veröffentlichten Kapitel sind äußerst kurz, umfassen aber schon die gesamte Exposition. Ich-Erzählerin Emilia ist eine sogenannte »Warrior«, also Kriegerin, was bedeutet, dass sie anscheinend die Welt vor den bösen übernatürlichen Kräften beschützen muss, soweit ich das bis jetzt verstanden habe. Von den »Warriors« gibt es fünf an der Zahl, die sich mehr oder weniger gut über die westliche Welt verteilen und womöglich wie die Protagonistin ihre Zeit nutzen, um nachts durch die Stadt zu streifen und – nun ja – nichts zu tun.

Doch das, wogegen die Krieger kämpfen sollen, ruht nicht und ist so übermächtig in Florenz vertreten, dass alle Fünf sich augenblicklich dorthin begeben müssen. Die Probleme, über deren Tragweite der Leser (noch) im Unklaren gelassen wird, werden wohl von Werwölfen verursacht und einer von ihnen, Dan, hat es Emilia angetan.

Was ich den meisten Leuten rate, um ihren Schreibstil zu verbessern, bzw. eine Idee zu bekommen, wie das funktioniert: Lest ein Buch. Und damit meine ich nicht nur die Aufnahme von Informationen aus dem Text, sondern auch das weitere Nachdenken über diese und die Art, wie sie vermittelt wurden. Der Autorin von »The Last Warrior« kann ich diesen Rat nur umso mehr ans Herz legen, denn es ist nicht nötig in einer Zwischenüberschrift mitzuteilen, wessen »point of view« wir gerade verfolgen oder wann ein Zeitsprung erfolgt. Das sind alles Informationen, die in den Fließtext gehören.

Ebenso fehlen bei der Formatierung Absätze (insbesondere während der Dialoge) und die Größer-kleiner-Symbole sind keine Anführungszeichen.

Neben diesen Formalien, die mir sofort negativ ins Auge gesprungen sind, wird in diesem Buch kein Wert auf eine innere oder eine komplett nachvollziehbare äußere Handlung gelegt. Alles spielt sich extrem schnell ab, ohne überhaupt ein nötiges Mindestmaß an relevanten Informationen zu liefern, dass dadurch Atmosphäre/Stimmung, Charaktere und das Worldbuilding leiden. Zusammengefasst also so gut wie alles.

Obwohl wir die Geschehnisse bis auf einen Absatz von vielleicht hundert Wörtern aus Emilias Sicht verfolgen, habe ich keine Ahnung, wie sie so tickt. Das Mädchen hat keine besonderen Charakterzüge, keine eigene Meinung außer ihrer scheinbar grundlosen Schwärmerei für Dan, handelt einfach nur, um dem von der Autorin bestimmten Plot Genüge zu leisten. Mit den anderen Charakteren, also den vier anderen Kriegern sowie Dan verhält es sich genauso und ist sogar noch krasser, da wir nicht einmal wissen, woher sie kommen und ob sie überhaupt eigene Gedanken haben, denn handeln tun sie alle nach demselben Schema.

Eine Geschichte muss sich aus ihren Figuren heraus entwickeln und mit einer Heerschar an Pappaufstellern (respektive zweidimensionale Personen) kann das nicht funktionieren. Ob die Autorin Charakterprofile entwickelt hat und in ihren Gedanken über solche verfügt oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, doch Fakt ist, dass diese dann beim Leser nicht ankommen.

Ich kann gar nicht sagen, was ich an den Figuren gut finde oder nicht, ob es Inkonsistenzen gibt oder sie ihrem Profil entsprechend agieren, weil es ein solches gar nicht gibt. Sie sind bloß Namen, die in einer Welt leben, die mir ebenfalls verschlossen bleibt.

So erfährt man nicht, was die »Warriors« alles machen können oder was sie gar für Wesen sind. Sie können sich anscheinend verwandeln und haben jeder eine Farbe zugewiesen bekommen, aber inwieweit ich mir das vorzustellen habe, ist nicht genannt, weswegen in meinem Kopf eine Mischung aus den »Power Rangers« und den Feen vom »Winx Club« rumgespukt sind.

Zu den Werwölfen kann ich aufgrund mangelnder Informationen noch nichts sagen, doch da ich vermute, dass sie vom Mond unabhängig sind, erwarte ich auch hier eindeutige Erklärungen (die bitte ordentlich in die Handlung eingeflochten und nicht als Infodump hingeklatscht sind).

Der Schreibstil kann hier leider auch nichts mehr herausreißen. Er ist größtenteils so spartanisch wie der Inhalt und es fehlt ihm deutlich an einer persönlichen Note sowie Hypotaxen. Adjektive und Adverbien werden zu häufig verwendet und tragen so nicht dazu bei, das Geschehen anschaulicher zu machen, sondern bremsen eher den Lesefluss.

Außerdem finden sich einige Stilblüten wie den ersten Satz »Leise lief ich durch eine Nebenstraße von Köln«. Köln ist eine Stadt, keine Straße. Ergo kann sie keine Nebenstraße haben. Ich glaube eher, dass ein außerhalb gelegenes Viertel gemeint ist. Ähnliche Fehler tauchen auch im weiteren Verlauf des Texts immer wieder auf, vor allem, wenn die Autorin (meines Eindrucks nach) versucht, ihre Sprache etwas bildhafter zu gestalten. Schade drum.

Davon abgesehen, dass ein Urban-Fantasy-Roman dieses Formats schon zu oft geschrieben wurde und mir hier bisher kein Alleinstellungsmerkmal untergekommen ist, ebenso wenig wie lebendig wirkende Charaktere, kann ich auch sonst nichts an »The Last Warrior«. Das liegt schlichtweg daran, dass wohl ohne Überlegung geschrieben wurde und auf nichts geachtet wurde. Wie es aussieht, wenn dem Text genug Beschreibungen hinzugefügt werden und die Figuren beginnen, die Handlung zu tragen und diese weiter fortschreitet, kann ich noch nicht ahnen, aber bis jetzt erfüllt alles nur den Bruchteil der Anforderungen für einen unterhaltenden Roman dieses Genres.

Da muss noch ordentlich und vor allem zielgerichtet nachgearbeitet werden.

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