Kapitel~42

2.8K 132 11
                                    

Dylan's pov

Unglaublich sah ich zu meinem Vater. Zu meinem Vater, der mich einfach im Stich gelassen hatte und mich durchs Leben quälen lies. Nie war er für mich da und jetzt steht er hier. Direkt vor mir. Schämt er sich denn überhaupt nicht.

"Dylan, wie geht's dir! I-"

"Dad, was machst du hier?", fragte ich den Mann, der mir leider Gottes ziemlich ähnlich sah, mit einer wütenden Stimme. Ich wollte ihn nicht sehen.

"Dylan, ich- es tut mir leid okay. Lass uns in eine Café oder so und reden."

"Verschwinde.", gaffte ich ihn an.

"Nein nein, warte. Lass uns reden. Lass uns die Vergangenheit vergangenes sein. Vergiss einfach alles was passiert ist. Ich bin für dich da.", versuchte er mich verzweifelt von gehen zu stoppen.

"Vergessen? Ich soll alles vergessen? Ist dir eigentlich klar, was du mit mir angestellt hast?" Meine Wut stieg von Sekunde zu Sekunde.
"Dad, als Mom gestorben ist, hab ich dich gebraucht. Du bist mein Vater, du musstest mir dabei helfen alles zu verkraften. Aber was hast du stattdessen gemacht? Du hast mich geschlagen, beleidigt und mir sogar die Schuld für den Tot gegeben, obwohl ich nichts damit zutun hatte. Aber als kleiner Siebtklässler hab ich dran geglaubt. Ich dacht ich hätte Mom umgebracht. Wegen dir hatte ich Jahrelang Schuldgefühle. Als ich dann im Heim gelandet bin, war ich froh dich losgeworden zusein. Ich dachte dieser Albtraum hätte hiermit ein Ende. Wie ich mich doch getäuscht hatte. Ich hab mich durchs Leben gequält. Mir gings Scheiße. Ich musste zur Schule und Gleichzeitig Arbeit. Ich hab geschuftet für mein Geld, weil du nicht da warst um mich zu unterstützen. Du hast mir gefehlt, Dad. Wie du mich immer in deinen Armen einschlafen lassen hast, wie du mir immer bei den Hausaufgaben geholfen hast, wie du einfach für mich da warst." Ich wurde immer lauter. Ich schrie ihn einfach an, ließ meine Wut aus. Ich warf ihm einfach alles an den Kopf.
Mein Vater war sprachlos. Wenn er nur wüsste, was noch alles passiert war.
Ich beruhigte mich wieder und sah ihm traurig und verletzt in die Eisblauen Augen. Mit einer leisen und dennoch mit viel Wut- und Hassgefüllten stimme, sprach ich weiter.
"Ich weiß garnicht warum ich dich überhaupt noch Dad nenne. Du kannst unmöglich mein Vater sein. Mein Vater wurde gerade beerdigt. Er,", dabei zeigte ich auf den frischen Grab von Richard. "war mein Vater. Er hat deine Rolle übernommen. Er hat mir das gegeben, was du mir eigentlich geben solltest. Er hat mir seine Zuneigung und seine Liebe gegeben. Bei ihm fühlte ich mich sicher und geborgen. Er hat dafür gesorgt, dass ich dich vergesse. Und jetzt kommst du einfach hier hin, und sagst ich solle alles vergessen."
Endlich schämte er sich. Er sah nur noch auf den Boden, der scheinbar sehr interessant geworden war. Er traute sich nicht, mich anzusehen.
"Ich hab in meinem Leben genug Leute die für mich da sind. Ich brauch dich nicht mehr."
Ich ging auf ihn zu und blieb ganz nah vor ihm stehen. Er sah zu mir hoch. Wie konnte er das noch tun.
Mein Blick lag ganz tief in seinen Augen und ich sprach meine letzten Worte.
"Ich hab dich geliebt. Ich hab dich vermisst. Ich hab auf dich gewartet. Jetzt ist alles zu spät. Ich hasse dich."
Ich sah wie sich Tränen in seinen Augen sammelten. Mir was das aber egal. Unsere Blicke trennten sich und ich drehte mich um und lief an Nate vorbei. Ich wollte hier weg. Und das so schnell wie möglich.

Ich hörte diesen Mann, der eins mal mein Vater war, meinen Namen ruf, doch ich ignorierte ihn. Für mich ist die Sache abgeschlossen. Noch einmal will ich ihm nicht begegnen. Es war vorbei mit ihm.

Ich setzte mich ins Auto, und wartete auf Nate, bis er auch endlich Einstieg und den Motor startete.
Ich war völlig in Gedanken. Ich hab doch alles so gut verarbeitet, alles vergessen und ich war jetzt glücklich. Und genau jetzt, in meiner schweren Zeit, musste dieser Mann plötzlich wieder erscheinen. Mein Hass auf ihn wurde größer und das hasste ich. Ich mag es nicht soviel Hass in mir zu spüren. Ich möchte ihm verzeihen und ihm in die Arme springen aber ich kann es nicht tun. Ich möchte ihn lieben aber es geht nicht.

"Dylan, vielleicht solltest du ja mal mit ihm reden."

"Was soll dass den jetzt heißen?", fragte ich ihn unglaublich.

"Sei jetzt nicht sauer aber ich hab viel Reue in seinen Augen gesehen. Vielleicht solltest du nur einmal mit ihm reden. Vielleicht hatte er ja ein Grund, weswegen er nicht da sein konnte."

"Es ist mir egal, aus welchem Grund er nicht dasein konnte. Fakt ist: Er war nie da. Und ich werde nicht mit ihm reden. Ich hasse ihn."

"Du könntest es doch mal versuchen. Ich mein-"

"Nate, bist du auf seiner Seite oder was? Warum willst du dass ich ihm verzeihe. Weißt du eigentlich noch was ich alles durchmachen musste wegen ihm?" Meine Stimme wurde immer lauter. Nate könnte ich jetzt so nicht gebrauchen.

"Ich sag ja nicht, dass du ihm verzeihen sollst. Du solltest lieber einmal zuhören was er zusagen hat, bevor du ihm die Worte 'Ich hasse dich' an den Kopf wirfst."

Ich machte mein Mund auf, um weiter mit ihm zu diskutieren, doch ich schloss ihn wieder, weil ich jetzt echt keine Nerven dazu hatte.
Erst die traurige Beerdigung, dann mein Vater und jetzt Nate.

"Nate, halt bitte an.", flüsterte ich schon fast. Ich muss meine Wut unter Kontrolle bringen.

"Dylan, es tut mi-"

"Halt das verdammte Auto an! Ich möchte alleine sein.", schrie ich ihn an. 

Er fuhr rechts ran und stoppte das Auto. Ich wollte hastig aus dem Auto aussteigen, doch die Tür war verschlossen.
"Mach die Tür auf."

"Bitte sei nicht sauer auf mich. Es tut mir wirklich leid."

Ich schloss meine Augen und seufzte.
Ich konnte auf Nate einfach nicht böse sein, dafür liebte ich ihn zu sehr. Trotzdem wollte ich allein sein. Aber ich war schon etwas enttäuscht.
"Nate bitte mach die Tür auf. Ich komm heute Abend wieder nach Hause, da können wir reden. Aber ich möchte allein sein.", sagte ich also in einem ruhigen Ton.

Er gab mir noch ein Kuss auf die Schläfe und schloss dann die Tür auf. "Ruf mich an, wenn was ist oder ich dich abholen soll. Ich liebe dich."
Ich nickte und stieg stumm aus dem Auto.

Es war etwas kalt und windig, weswegen ich meine Jacke zumachte und meine Hände in den Jackentaschen vergrub. Dort spürte ich ein kleines Metal Stück. Ich holte es raus, es war der Schlüssel zu Richard's Wohnung. Mein Ziel war klar. Ich würde zu Richard's Wohnung gehen und mich da etwas ausruhe und entspannen. Vielleicht würde ich auch ein paar seiner Sachen schonmal aussortieren. Das Haus  muss Ende März geleert werden. Viel Zeit blieb uns dabei nicht. Ich würd einfach heute anfangen. Vielleicht finde ich ja was interessantes, was Richard für mich hinterlassen hatte. Oder vielleicht auch sein Testament. Shirin und ich habe es schon einmal gesucht, aber nicht gefunden, vielleicht hätte ich ja heute Glück beim suchen.

Habt euch lieb❤️

Give Me Your Heart (BoyxBoy)Where stories live. Discover now