Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und wagte einen kurzen Blick nach hinten, als sich Vicky - mit der ich mich übrigens schon ganz gut angefreundet habe - gerade mit ihrer Freundin unterhielt.

Beim Anblick spannte sich sofort mein ganzer Körper an.

Von hier aus erkannte man nicht viel, vor allem, da der Platz auf der Flurseite leer zu sein schien. Was ich jedoch bemerkte, war, dass Alicia wohl eingeschlafen war - und ihr Kopf ganz bequem auf Tyson's Schulter lag. Dieser dreckige Haufen Scheiße beobachtete sie sogar unter gesenkten Lidern währenddessen.

Wo war diese nervige Blondine, wenn man sie gerade brauchte?! Sie war so offensichtlich in diesen Idioten verliebt, dass sie das hier bestimmt sofort unterbunden hätte.

Alles musste man alleine machen.

"Bin gleich wieder da", murmelte ich als knappe Ausrede und bekam einen kleinen verwirrten Blick von meinen Sitznachbarn, bevor ich mich auch schon erhob und den Gang entlang ging.

In einer überzeugten Bewegung ließ ich mich auf den freien Platz neben Alicia nieder und stößte dabei natürlich ganz ausversehen ihren Arm an, dass sie sich kurz unruhig bewegte, fast so, als würde sie gleich aufwachen, beruhigte sich dann aber doch wieder.

Es war mir ein Rätsel, wie sie mit Kopfhörer in den Ohren schlafen konnte, aber wenigstens bedeutete es wohl, dass sie nicht sonderlich große Lust hatte, mit Tyson zu reden.

Zufrieden grinste ich Tyson ins Gesicht - und das hatte natürlich nichts damit zu tun, dass ihr Kopf nun auf meiner Schulter ruhte, da sie anscheinend nicht gegen den Sitz gelehnt schlafen konnte. Da sie sich seit gestern so komisch mir gegenüber verhielt, hieß ich diese plötzliche Nähe nur herzlich Willkommen.

"Verpiss dich", knurrte Tyson, wobei seine Augen noch einen Tick dunkler wurden.

"Also wirklich, Tyson. Da sieht man sich eine so lange Zeit nicht mehr und dann kommt sowas. Behandelt man so alte Freunde?"

"Wir sind keine Freunde. Ich dachte, das hättest du verstanden, als ich das letzte Mal kurz drauf und dran war, dich zu erwürgen. Oder das vorletzte Mal, als ich dich sicher hinter Schloss und Riegel gebracht habe."

Am liebsten hätte ich ihm das provozierende Grinsen aus dem Gesicht geschlagen, aber wir befanden uns auf einem öffentlichen Flieger. Außerdem könnte ich riskieren, dass Alicia aufwacht.

"Ach genau. Findest du es aber nicht lustig, dass beide Male Alicia in die Sache mitverwickelt war?", fragte ich mit unschuldiger Miene, während ich mich höllisch über sein bleicher werdendes Gesicht freute.

Ich war nicht dumm. Sie war schon von Anfang an seine Schwachstelle gewesen. Sie war der Anfang von allem, der Grund, wieso wir nun verfeindet im selben Flieger saßen und es würde auch mit ihr Enden müssen. Denn ihr Ende würde auch das von Tyson bedeuten.

"Wag es -"

"Was? Ich soll sie da nicht mit reinziehen? Dafür ist es leider schon längst zu spät."

Langsam hob ich meine Hand und strich ihr damit über ihre weiche Wange - einfach nur, weil Tyson's Blick daraufhin einmalig war und mich fast zum Lachen gebracht hätte. Er war so leicht zu durchschauen.

"Wie lange opferst du dich schon für diese Frau auf? Acht Jahre? Und was hast du bis jetzt erreicht? Du bist nichts weiter als ein Freund für sie, der sie auch noch schlecht behandelt. Du bist ein verdammter Feigling, der es noch nicht mal schafft, der Frau, die er liebt, endlich seine Gefühle zu gestehen. Aber mich soll es nicht stören. Das treibt sie nur direkt in meine Arm-"

Dark SoulWhere stories live. Discover now