《1》

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"So fing alles an."

Gehetzt blickte ich auf meine Uhr, während ich versuchte, nur noch schneller zu laufen.

Tyson hatte jetzt seine Mittagspause und wir hatten uns zum Essen verabredet. Er musste wohl immer noch in der Firma meiner Eltern, in der er arbeitete, auf mich warten.

Schuld daran war nur dieser dämliche Stau gewesen. Wäre ich da nicht hineingeraten, würde ich jetzt schon in irgendeinem gemütlichen Restaurant sitzen und über mein Essen herfallen.

Als wäre das aber noch nicht genug, kam danach auch schon das nächste Problem auf mich zu: Ich fand keinen Parkplatz.

Also musste ich ein paar Blocks weiter vom Hochhaus 'Hathaway Gmbh.' parken, nur um dann den ganzen, langen Weg wieder zurück zu laufen.

Die hohen Stöckelschuhe, die meine Mutter erst letzte Woche noch bei einem ihrer vielen Shoppingtouren entdeckt und schließlich für mich gekauft hatte, machten mir das Rennen nicht gerade leicht, sodass ich öfters schon drohte, einfach hinzufallen.

Es hatte am Vormittag geregnet, sodass die Straßen immer noch nass waren - sollte ich also hinfallen, konnte ich das Treffen gleich vergessen.

Zum Glück nieselte es nur noch ganz leicht, sodass ich weitgehend geschützt blieb.

Bei der Eingangstür angekommen drückte ich mich erleichtert dagegen und stürzte halb ein.

Schnell zupfte ich den Saum meines weißen Hemdes zurecht, pustete mir eine störrische Strähne aus dem Gesicht und eilte dann zu Kate am Tresen.

Ihre blauen Augen richteten sich sofort von ihrem Computer auf mich.

"Guten Morgen, Miss Hathaway", begrüßte sie mich mit einem Lächeln, ehe sich ihre perfekt gezupften Augenbrauen kurz überrascht hoben. "Sind Sie etwa ohne Regenschirm da draußen rumgeirrt? Sie sehen leicht durchnässt aus. Brauchen Sie vielleicht ein Handtuch?"

Kate wollte schon aufstehen, um mir eins zu besorgen, als ich schnell abwinkte und etwas ungeduldig Richtung Aufzug sah.

"Nein, nein, vielen Dank. Ich wollte nur kurz nachfragen, ob Tys - ich meine, Mister Lancaster - noch in seinem Büro ist. Wir wären zum Mittagessen verabredet, aber mir kam leider etwas dazwischen."

Die oberste Sekretärin im Foyer nickte nur und tippte dann schon auf ihrer Tastatur herum.

Wie konnte man bloß so schnell tippen?

"Eigenartig, Sie sind schon die zweite Person an diesem Tag, die wissen wollte, wo sich Mister Lancaster befindet, da sie angeblich mit ihm zum Essen verabredet sei", meinte Kate plötzlich mit gerunzelter Stirn, ohne hochzuschauen.

Verwirrt beugte ich mich weiter übers Pult.

Das konnte nicht sein. Ty hat ganz bestimmt gesagt, dass wir heute in seiner Mittagspause zusammen essen gehen könnten.

Seit wir uns vor mehr als sieben Jahren hier in der Firma ausversehen über den Weg gelaufen waren, waren wir unzertrennlich. Tyson war mein bester Freund, dem ich einfach alles anvertrauen konnte. Er brachte einen stets zum Lachen, wenn man es brauchte und wusste immer, was in der passenden Situation richtiges zu tun war.

Er würde mich niemals einfach so verschieben, ohne mir vorher Bescheid zu sagen, das war nicht seine Art.

"Wissen Sie, wie dieser jemand ausgesehen haben soll? Oder wo er jetzt ist?"

Ein Grinsen tauchte auf Kate's Gesicht auf und sie beugte sich noch etwas weiter über den Tresen, als würde sie mir ein Geheimnis Stufe TopSecret anvertrauen wollen.

"Ich habe keine Ahnung, wer das war. Aber eins kann ich Ihnen sagen: Es war ein Mann. Und dazu noch ein unverschämt gut aussehender. Ich habe hier noch nie jemanden mit Lederjacke und zerrissenen Jeans reinkommen gesehen, aber er war mit seinem Auftritt ein schönes Objekt zum Anglotzen gewesen. Selbst die liebe Candy war baff gewesen. Ich glaube, sie hat ihr neues Opfer gefunden."

Grinsend zwinkerte sie mir zu und lehnte sich dann wieder in ihrem Stuhl zurück.

"Wenn Sie sich beeilen, könnten Sie Ihn vielleicht noch erwischen. Er müsste auf den Weg nach oben ins Büro von Mister Lancaster sein."

Perplex starrte ich sie einen Moment einfach nur an.

Wenn ich ehrlich war, gefiel mir das überhaupt nicht.

Irgendetwas stimmte nicht hier, das konnte ich spüren.

Tyson hatte nicht viele Freunde, aber wenn, dann waren es oft nur irgendwelche hochbegabten Snobs. Da passte das Bild dieses Mannes einfach nicht rein.

"Dann beeil ich mich mal. Vielen Dank!", rief ich auch schon, ehe ich schon wieder anfing, loszulaufen.

In diesem Moment verfluchte ich mich selbst, dass ich meiner Mutter gegenüber weich geworden war und diese Monster-Schuhe angezogen habe.

Wie eine Verrückte drückte ich pausenlos den Knopf, bevor die Fahrstuhltüre aufgingen und ich rein stolperte.

Während der Fahrstuhl dann nach meinem erneuten Drücken in den sechsten Stock fuhr, tat ich etwas, was ich zuvor noch niemals gemacht habe: Ich wiederzog mich dem Wunsch meiner Mutter und zog die Stöckelschuhe endlich aus, um besser laufen zu können.

So fing alles an.

Schon von diesem Augenblick an, hatte mich Hunter beeinflusst - ohne dass ich ihn sogar zuvor persönlich gekannt habe.

Es war ein ganz kleiner Verstoß und ich tat dies auch nicht im Wissen, dass ich mich irgendwie zum ersten Mal jemandem widersetzte, aber es war der Anfang von etwas ganz großem.

Der Anfang einer Geschichte, die zwischen zwei Welten spielte.

Zwischen Vertrauen und Verrat.
Schmerz und Glück.
Und schließlich Hass und Liebe.

Doch alles kostet etwas.

Und hätte ich das gewusst, wäre ich niemals barfuß, mit einem unordentlichen Dutt und den weißen Monster-Heels in der Hand den Gang der Büros durchgelaufen.

Ich wäre niemals einfach in Ty's Büro geplatzt, nur um plötzlich Zeuge davon zu werden, wie dieser gerade dabei war, einen Fremden zu erwürgen, der auf seinem hellen Sofa saß und einfach ruhig sitzen blieb, als würde er von den Händen um seinen Hals gar nichts mitbekommen.

Und ich hätte niemals - nie in meinem Leben - direkt in diese eisblauen Augen des Fremden gesehen, denen ich vom ersten Moment an ungewiss verfallen war.

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Und das erste Kapitel ist raus. Es ist etwas kurz ausgefallen, aber die anderen werden dann länger.


Dark SoulTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon