Kapitel 26

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Der Wagen hielt vor dem weißen, von Bäumen umsäumten Haus, in dem ich aufgewachsen war.
Jason lächelte mich leicht nervös an und ich stieg aus.
Unsere Finger verflochten sich miteinander und so stiegen wir die wenigen Stufen zur Veranda empor.
Ich drückte auf die Klingel und meine Großmutter öffnete die Tür, gefolgt von meinem schwarzen Fellknäuel.
Während ich mich Annie widmete, beäugte meine Oma Jason.
Oh oh, das konnte ja was werden.
"Sie sind dann also der junge Mann, der das Herz meiner Enkelin gewonnen hat," begann sie das Gespräch.
Jasons Haltung verkrampfte sich.
"Ja..."
"Okay. Ich will nur zu Anfang etwas klarstellen. Wenn Sie Ihr wehtun oder sie ausnutzen, bekommen Sie's mit mir zu tun!"
Sie spielte auf meinen Ex-Freund an.
Doch er und Jason hatten nichts gemeinsam.
Jason war liebevoll, wo mein Ex unromantisch war.
Er war nachgiebig, wo mein Ex mit dem Kopf durch die Wand wollte.
Und das Beste: er liebte mich so, wie ich war.
"Grandma!"
Ihr eben noch grimmiger Gesichtsausdruck wurde von jetzt auf gleich weich.
Manchmal war sie echt komisch.
Meine Verrücktheit hatte ich definitiv von ihr geerbt.
"So wollt Ihr dann reinkommen?"
Sie hielt uns die Tür auf.
Jason ging zum Wagen.
Was machte er nur?
Er kam mit dem Weihnachtsbaum wieder zurück, den hatte ich ja ganz vergessen.
Es war ja nicht so, als wären wir wegen diesem dummen Baum stundenlang durch die Pampa gestapft.
"Wo soll ich ihn hinstellen?"
Meine Großmutter sah mich belustigt an:
"Ich dachte du machst Witze, als du sagtest er bringt 'n Baum mit."
Ich lachte.
"Nein. Wenn Jason sich etwas in den Kopf setzt, zieht er es auch durch."
"Endlich mal ein Mann mit Charakter! So und jetzt kommt rein."
Wir gingen ins Wohnzimmer und Jason lehnte den Baum an die Wand.
"Lynn!"
Meine Schwester kam auf mich zugestürzt und umarmte mich stürmisch.
"Amy!"
"Ah und Sie sind dann Jason," wandte sie sich an meinen Boss und umarmte ihn ebenfalls.
Er sah mich leicht überrumpelt an und erwiderte ihre Umarmung.
"Das Sie ist nicht nötig," antwortete er.
"Okay," meine Schwester hüpfte weiter.
"Wann schmücken wir den Baum?"
Ihre gute Laune war ansteckend.
"Wie wär's mit jetzt?" Fragte ich.
"Okay," Amy rannte die Treppe hoch und kam mit dem Weihnachtsbaumständer und dem Karton mit Lichterkette, Kugeln und Schleifen zurück.
Wir begannen den Baum zu schmücken, während Grandma sich in die Küche zurückzog.
Die Küche war ihr Revier und dort störte man sie besser nicht und bei meinem Talent hätte ich mit großer Wahrscheinlichkeit alles auf den Boden geworfen.

Nachdem wir fertig mit Schmücken waren und es uns auf dem Sofa gemütlich gemacht hatten, klingelte es.
Ich öffnete die Tür und davor standen meine besten Freunde, Meg in Dave.
Wir begrüßten uns herzlich und gingen ins Wohnzimmer.
Dort stellte ich ihnen Jason vor.
"Dein Lover ist ja ein richtiges Sahneschnittchen," raunte mir Dave zu. "Falls er jemals zum anderen Ufer wechselt, kannst du ihn zu mir schicken."
Ich lachte.
"Dave!" Und boxte ihm spielerisch gegen den Arm.
Dave nahm mich in den Arm und kitzelte mich.
Jason sah ihn mit messerscharfem Blick an.
War er etwa eifersüchtig?
Dave bemerkte dies und sagte:
"Keine Sorge, Kumpel, ich steh so was von null auf Frauen!"
Ich musste ein Lachen unterdrücken.
Meg fand ihn auch sympathisch und so unterhielten wir uns bis es Essen gab.

Grandma rief uns ins Esszimmer und der typische Weihnachtsbraten, Knödel und Erbsen und Möhrchen standen auf dem Tisch bereit.
Bei diesem Duft lief mir das Wasser im Mund zusammen und mein Magen begann zu Knurren.
Grandma nahm Jason noch etwas unter die Lupe, doch schon bald löste sich die Stimmung. 
"Naja, also so ganz entsprechen sie ja nun nicht Lynns Kindheitstäumen," neckte meine Oma ihn.
"Warum?" Fragte Jason mit einem Lächeln in meine Richtung.
Grandma öffnete den Mund.
Oh nein! Nicht diese Geschichte.
"Grandma, nein!"
Doch sie hörte nicht.
Wie peinlich!
"Als Lynn klein war, hat sie immer gesagt, der Mann, der sie einmal heiraten darf, muss auf einem schwarzen Pferd angeritten kommen und mit ihr bis ans Ende der Welt reiten."
Ja, ich wusste, dass normalerweise immer von dem Prinzen auf dem weißen Pferd die Rede war, aber ich war schon immer etwas ungewöhnlich gewesen.
Jason lachte.
"Was nicht ist, kann ja noch werden," antwortete er und gab mir einen Kuss.
Ich deutete mit dem Finger auf ihn.
"Wag es dich bloß nicht!"
Er nahm meine Hand.
"Nein. Keine Angst, ich hatte nicht vor, mich in nächster Zeit komplett zu blamieren."
Meine Großmutter packte noch weitere peinliche Geschichten aus meiner Kindheit aus, wie zum Beispiel, als mir im Freizeitpark die Hose gerissen war und trieb mich damit nahezu in den Wahnsinn.
Sie und Jason schienen sich gut zu verstehen und ich war erleichtert, dass der Abend doch noch eine gute Wendung genommen hatte.
Amy gefiel ihr Studium gut und sie hatte schon Freundschaften geschlossen, was mich nicht verwundete.
Sie zog mit ihrer sympathischen, aufgedrehten Art alle in ihren Bann.
Kaum war sie von der Leine gelassen, gab es für sie kein Halten mehr.
Meine Freunde verstanden sich ebenfalls gut mit ihm und keinen schien es zu stören, dass er mein Boss war.
Irgendwann verabschiedeten wir uns von meiner Familie und führen zu mir nach Hause.
Meine kleine Wohnung war mir nicht mehr peinlich, denn Jason hatte mich nie herablassend behandelt, nur weil ich mich so viel Geld hatte wie er.
Ob seine Verwandten morgen auf mich herabsehen würden?
Würden sie mich akzeptieren und wir würde sich das Ekelpaket verhalten?
Ich hoffte einfach, nicht hinzufallen und wollte einen großen Bogen um jegliche Art von Fettnäpfchen machen.
Jason lenkte mich zum Glück vom grübeln ab und so endete auch dieser Tag, auf den hoffentlich noch viele weitere folgen sollten.
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Hier ist mein extra Kapitel.
Es ist nicht besonders spektakulär, doch es beinhaltet einige Aspekte, die für den weiteren Handlungsverlauf von Bedeutung sind. 🙈
Ich hoffe, ihr hattet einen schönen ersten Weihnachtstagtag und würde mich über Votes und Kommis freuen.
Liebe Grüße
Eure nessy199

Love the Boss or not Where stories live. Discover now