Kapitel 15

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Müde von der Shoppingtour fiel ich ins Bett. Jason tigerte währenddessen im Zimmer herum und telefonierte mit jemandem. Innerhalb von Sekunden war ich eingeschlafen.

"Lynn. Aufstehen."
"Neiiinnnn..."
Müde schleppte ich mich aus dem Bett und zog mein schwarzes, mit spitze verziertes Cocktailkleid an.
"Warum haben Sie mir eigentlich nichts von diesem Ball erzählt?"
Jason kratzte sich am Kopf.
"Naja, also ehrlich gesagt hat mich meine Großmutter gestern erst wieder daran erinnert. Ich hab's irgendwie vergessen."
Ich musste grinsen. Ein Chef, der seine eigenen Termine nicht kennt. Naja eigentlich war es ja Püppchens Sache, ihn daran zu erinnern.
Ich setzte einen gespielt mitleidigen Blick auf.
"Oh. Sie Ärmster. Hätten Sie doch nur Mandy mitgenommen, die hätte Ihnen Ihre Termine bestimmt haargenau erläutern können."
Die Gesichtszüge meines Chefs verhärteten sich.
"Nein, das hätte ich definitiv nicht."
Jetzt setzte ich ein gespielt entsetztes Gesicht auf.
"Was? Warum denn nicht?"
Er drehte sich lediglich um und zog sich seine Schuhe an.
"Ich ziehe Ihre Gesellschaft Mandys vor. Kommen Sie, wir müssen los."
Hatte dieser Mann heute überhaupt einen Sinn für Humor?!?
Da wollte ich so früh am Morgen einmal gut gelaunt sein und dann stand die Mensch gewordene Ernsthaftigkeit vor mir.
Gemeinsam stiegen wir in ein Taxi und wurden zum Ort des Geschehens chauffiert.
Jason starrte währenddessen stur aus dem Fenster.
"Habe ich wieder irgendetwas falsch gemacht oder warum gucken Sie wie ein Säufer, dem man seinen Schnaps weggenommen hat. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde man meinen, Sie würden gleich alles zu Kleinholz verarbeiten."
Und wieder einmal war meine Zunge schneller als mein Verstand. Dieser Mann war immerhin noch mein Chef, aber meine Laune brauchte er nicht auch noch herunterziehen.
Sein Blick richtete sich nun auf mich und wurde etwas weicher.
"Entschuldigen Sie. Sie haben definitiv nichts falsch gemacht, Sie sind einfach unglaublich. Ich war nur gerade in Gedanken versunken."
Ich wurde aus diesem Eisprinzen einfach nicht schlau. Was war ihm nur widerfahren, dass er eine solche Mauer um sich herum errichtet hatte?
"Wir sind da," ertönte die Stimme des Taxifahrers.
Jason bezahlte und wir verließen das Taxi.

Der Ort für die Premiere war ein großer Saal. Vorne war eine kleine Erhöhung, auf welcher das Autorenehepaar Platz nehmen sollte und ein Rednerpult.
In der ganzen Halle erstreckten sich Reihen hinter Reihen von Stühlen. Der erste Tag der Premiere war etwas besonderes und nur geladene Gäste konnten Zutritt erlangen. Mir war bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht klar gewesen, dass das Autorenehepaar so bekannt war. Sie hatten eine ganze Sammlung an Bestsellern verfasst.
Morgen würde die Premiere für alle Fans sein, doch heute liefen hier nur aufgestylte, arrogante Leute und Reporter von großen Magazinen herum. Ich fühlte mich wie ein Elefant im Porzellanladen.
Jason legte einen Arm um meine Taille. Zuerst zuckte ich vor der plötzlichen Berührung zusammen, doch dann erinnerte ich mich an unsere gespielte Beziehung. Warum hatte ich nur zugestimmt? Seine Nähe machte es nur noch schwerer meine Gefühle für ihn zu unterdrücken. Warum empfand ich nur etwas für den übellaunigen, verwirrenden Eisprinzen? Ich musste verrückt sein.
"Lynn. Ist alles in Ordnung?"
"Ich... Ich fühle mich hier irgendwie wie ein Elefant im Porzellanladen. Alle sind so elegant und aufgestylt."
"Hinter diesem ganzen Make-Up sind das auch nur Menschen und lassen sie sich eins gesagt sein. Je mehr von diesen ganzen Klunkern sie um sich haben, desto weniger haben sie im Kopf. Keine einzige hier kann es mit Ihrer Intelligenz und Ausstrahlung aufnehmen."
Er drückte mich fester an sich, was mir ein Gefühl von Sicherheit vermittelte. Hatte er eben tatsächlich gesagt, dass ich intelligent sei und eine Ausstrahlung hätte.
Nun ja, der Meinung war ich nicht. Meine Intelligenz war durchschnittlich, ich hatte mein Abitur mit einem zweier Durchschnitt gemacht.
Und was die Ausstrahlung anging, meiner Meinung nach hatte ich die Ausstrahlung von einem Stein.
"Mister Clark, Lynn. Schön, dass Sie beide da sind. Ich freue mich schon auf den Ball heute Abend. Wir müssen unbedingt ein paar Erinnerungsfotos schießen."
Okay. Diese Frau sollte gleich vor mindestens tausend Leuten eine Rede über ihre Intention zu ihrem Buch halten und dachte in diesem Moment an nichts anderes als an Erinnerungsfotos. War sie denn gar nicht nervös?
"Sicher," antwortete Jason.
"Haben Sie eigentlich schon das wunderschöne Ballkleid von ihrer Freundin gesehen? Sie wird atemberaubend aussehen."
Mein Boss sah mich mit hochgezogener Augenbraue an.
"Nein, aber Lynn sieht auch in ihrer Jogginghose atemberaubend aus."
Ich hatte ganz vergessen, dass er mich quasi ständig die letzten Abende in meinen Schlabberklamotten gesehen hatte und wurde leicht rot.
Misses Collins lächelte und neckte ihren Mann.
"Warum sagst du nie so etwas süßes zu mir?"
"Ach, Schatz du weißt doch, dass ich dich liebe." Er gab ihr einen Kuss.
Man konnte ja von solchen Komplimenten, wie Jason sie machte träumen, aber im wahren Leben gab es kaum Männer, die so etwas zu ihren Frauen sagten. Das ist alles nur Show, Lynn, das ist alles nur Show. Dieses Mantra war eine Vorsichtsmaßnahme, um mein Herz nicht vollends zu verlieren, denn ich hatte keine Lust auf den Schmerz, den ich empfunden hatte, als mein Exfreund mich betrogen hatte.

Als alle Leute eingetreten waren, ging Misses Collins ans Rednerpult und bedankte sich für die Anwesenheit aller und begann zu erzählen.
Sie erzählte im Wechsel mit ihrem Mann von dem Funken, welcher der Antrieb für diesen Roman war. Erzählte von den Höhen und Tiefen während der Schreibphase und von der Aussagekraft ihres Romanes, dass man nicht aufgeben und einfach leben sollte.
Und dann der Schock für mich.
"Ganz besonders bedanken möchten wir uns bei Lynn Hoover. Sie ist eine Mitarbeiterin beim Clark Verlag und ohne sie wäre das Buch, so wie es jetzt erschienen ist, nicht gedruckt worden. Sie hatte die wundervolle Idee zu diesem Cover und dem ausdrucksstarken Titel. Lynn, kommen Sie doch bitte herauf, damit die Leute sie sehen können."
Was? Nein! Ich sollte mich vor all diese Leute stellen? Jason versetze mir einen Schubs und ich ging wie hypnotisiert auf die Tribüne zu.
"Ah. Da ist sie ja, unser Engel."
Ich war ziemlich nervös.
Jason gab mir zu verstehen, dass ich nun etwas sagen sollte, doch was? Ich trat an das Mikrofon und begann nervös zu brabbeln.
"Es war mir eine Ehre bei der Veröffentlichung dieses wundervollen Romans beteiligt zu sein. Aber dass es überhaupt zur Veröffentlichung kam, ist allein ihr Verdienst. Ich weiß nicht, wie Sie es geschafft haben einen zugleich so humorvollen, emotionalen und ernsten Roman zu schreiben. Ich bin definitiv Ihr größter Fan."
Misses Collins umarmte mich und die Menschen applaudierten wieder einmal. So schlimm war es doch gar nicht gewesen. Ich verließ wieder die Bühne und setzte mich neben Jason.
"Das haben Sie gut gemacht,"flüsterte er mir ins Ohr.
Ich war immer noch zu aufgebracht, um zu antworten. Ich hörte mir bis in den späten Nachmittag hinein die Fragen der Reporter und Gäste an und freute mich langsam auch auf den Ball. Ob Jason wohl mit mir tanzen würde?
Bei meinem Glück würde ich mir gleich zu Beginn auf den Saum meines Kleides trampeln und in Unterwäsche dastehen oder mich der Länge lang hinlegen.

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Danke für über 900 Reads ❤️
Hier kommt ein neues Kapitel extra für euch.
Liebe Grüße
Eure nessy199:)

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