Kapitel 14

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Der nächste Tag brach an und erinnerte mich daran, dass ich keinen Urlaub mit meinen verboten heißen Boss machte, sondern lediglich meinen Job erfüllte. Um sechs Uhr am Morgen weckte mich Jason.
"Aufstehen, Lynn."
Ich nuschelte in mein Kopfkissen hinein und zog mir wie ein kleines Kind die Decke über den Kopf.
"Lynn. Sie müssen nun aber wirklich langsam aufstehen wir haben nur noch eine halbe Stunde Zeit." Er zog mir die Decke weg.
"Ich hasse Sie," murmelte ich.
Mein Boss lachte nur.
Mühsam kämpfte ich mich auf die Beine und schlüpfte ins Bad.

Fertig angezogen machte wir uns auf den Weg. Als wir uns dem Gebäudekomplex näherten, ergriff Jason wie selbstverständlich meine Hand. Seine war so schön warm und ein leichtes kribbeln breitete sich von den Stellen, an denen unsere Hände sich berührten aus. Wie machte er das nur?
Drinnen angekommen, ließ man uns kaum Zeit zum atmen. Überall rannte jemand umher, gehetzt von einer Ecke in die Nächste. Ich war absolut kein Morgenmensch, weshalb meine Stimmung ziemlich im Keller war und mich diese aufgescheuchten Hühner nur nervten. Und das allerschlimmste;- ich hatte noch keinen Kaffee.
Angeschlagen ließ ich mich auf meinen Platz sinken und starrte vor mich hin. Alles war so hektisch. Morgen würde die Buchpremiere sein mit allem drum und dran. Es würde einige Reden des Autorenteams geben, woraufhin die Reporter und Fans Fragen stellen durften. Und dann würde es eine Signierstunde geben. Also eines war sicher, wenn die Leute 'Bis zum letzten Herzschlag' genau so toll finden würde wie ich, dann würden sie uns morgen sowas von die Bude einlaufen.
Ein wohltuender Geruch stieg mir in die Nase. Ich blickte auf und sah einen dampfenden Becher Kaffee vor meinen Augen schweben.
"Danke Mister Clark." Ich sprang auf und umarmte ihn stürmisch. Er war meine Rettung. Warum starrten mich denn alle an? Ich sah Jason fragend an. Er beugte sich so vor, dass ich sein Aftershave riechen konnte und flüsterte:
"Du hast mich gerade Mister Clark genannt."
Oh. Das war mal wieder typisch Ich. Ich sah Kaffee und schon vergaß ich alles um mich herum.
"Ups. Sorry, das Mister Clark ist noch so verankert. Ich bin es nicht gewohnt, dich in der Öffentlichkeit Jason zu nennen." Um noch einen draufzustehen fügte ich ein "Schatz" hinzu.
Mein Chef musste grinsen.

Die restliche halbe Stunde widmete ich mich voller Liebe meinem Kaffee. Um uns herum brabbelten alle durcheinander und versetzten den Planungen noch den letzten Schliff. Jason ging währenddessen herum und machte eifrig Pläne. Als er an mir vorbeikam, beugte er sich vor. Seine Brust berührte meine Schulter, was mir einen Schauer durch den Körper jagte.
"Wenn Sie wirklich Mein wären, würde ich glatt auf den Kaffee eifersüchtig werden."
Mit diesen Worten und meiner Gänsehaut ließ er mich allein und stapfte los.
"Lynn?"
"Ja, Misses Collins?"
"Wenn Sie keine anderweitigen Verpflichtungen haben, würden Sie mir dann bei der Suche nach meiner Garderobe helfen. Ich bin am Verzweifeln."
Ich schaute Jason an, der mir mit einem Nicken sein Okay gab.
"Sicher."
"Super."
Ich fragte mich immer noch, wie ein Mensch allein so gut gelaunt sein konnte.

Wir eilten von einem Laden zum Nächsten. Das Motto war: nein, das ist mir jetzt aber zu bunt; nein, das ist zu dunkel; nein, blau steht mir nicht; nein,mit gelb sehe ich aber aus wie eine Blume...
Warum hatte ich nur zugestimmt?
Und dann waren wir endlich in dem Laden ihrer Begierde angekommen.
Sie schmiss all ihre vorherigen Bedenken über Bord und kaufte sich ein blau, gelb, lila gepunktetes Cocktailkleid.
Geschafft. Von wegen!
"So, jetzt hab ich eins für die Premiere, aber ich brauche noch ein Ballkleid für den Ball danach."
"Ball?"
Was für ein Ball? Ich hatte gar kein passendes Kleid!
"Zur Feier des Tages schmeißen mein Mann und Ich einen kleinen Ball. Wussten Sie das denn nicht? Mister Clark und Sie sind eingeladen. Misses Clark Senior, also Mister Clarke Großmutter, wird auch dort sein.
"Nein," antwortete ich verdutzt.
Nein, von einem Ball wusste ich definitiv nichts. Außerdem Jason war mir bis jetzt so übermenschlich erschienen, dass ich gar nicht daran gedacht hatte, dass auch er eine Oma hatte.
"Ach, wie toll, dann kann ich mich endlich für Ihre Hilfe beim Buchcover revanchieren. Sie wissen gar nicht, wie viel mir das bedeutet hat."
"Das habe ich gerne getan. Mein Kopf ist manchmal so voller Ideen, dass ich sie einfach ablassen muss und wann wäre das besser gewesen als zu diesem Moment."
"Ach, Herzchen." Sie umarmte mich. Zuerst war ich etwas überrascht von ihrer plötzlichen Herzlichkeit, doch dann umarmte auch ich sie.
"Dann werden wir Ihnen mal ein Ballkleid aussuchen, das Ihr Schätzchen nicht so schnell vergisst."
Sie zwinkerte mir zu.
"Und ihren ein Kleid, das alle anderen Autorinnen neidisch macht."
Gesagt, getan.
Das ganze Spiel ging wieder von vorne los. Ladentür auf. Ins Geschäft rein. Nein, mir passt dieses und jenes nicht. Geschäft raus. Ladentür zu.
Und dann kam es endlich, das letzte Geschäft auf der linken Seite.
Welch ein Klischee. Finden die Frauen in Filmen nicht immer erst im letzten Geschäft das Traumkleid? Nun, ja, dieses Mal war es wirklich so, Klischee hin oder her.
Wir betraten den kleinen Laden und sofort steuerte Misses Collins auf ein weinrotes Abendkleid zu.
"Ist das nicht wundervoll?"
"Ja. Los. Probieren Sie es an."
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Direkt rauschte sie in eine Umkleidekabine und war verschwunden.
Währenddessen ließ ich mich in einem der bequemen weißen Sessel, die vor den blauen Umkleidekabinen standen, nieder und dachte nach. Ob Jason wohl eine Freundin hatte? Das hatte mich nichts zu interessieren. Ich musste meine dummen Schwärmereien ein für allemal vergessen. Erstens war er mein Boss. Zweitens sah er zu gut aus, um mit etwas wie mir auszugehen. Und drittens, nun ja, ein drittens konnte ich mir nicht mehr ausdenken, denn Misses Collins kam aus der Umkleidekabine.
Ein Fluss aus Rot erstreckte sich vor mir. Der Ton brachte ihre braunen Augen zum strahlen und passte perfekt zu ihren grau melierten Haaren.
"Wow. Sie sehen toll aus."
Sie sah in den Spiegel.
"Finden Sie?"
"Ja. Wirklich. Allen werden die Augen aus dem Kopf fallen."
"Nun müssen wir nur noch etwas für Sie finden."
Misses Collins zog sich wieder um und machte sich sofort auf die Suche. Ich tappte von einem Kleiderständer zum nächsten, bis ich einen verzückten Freudenschrei von Misses Collins hörte.
"Das ist es. Das ist Ihr Kleid!"
Ich drehte mich um und bestaunte den dunkelgrünen Traum von einem Kleid.
"Los. Ziehen Sie es an."
Also ergriff ich das samtig weiche Kleid und ging zur Umkleidekabine.
Ich streifte meine Kleidung ab und schlüpfte in das bodenlange Kleid.
Es war trägerlos und an der Brust mit vielen Steinchen besetzt, die im Licht funkelten. Auch von der gerafften Taille bis hin zum Ende des Kleides erstreckten sich in immer größer werdendem Abstand Steine. Ich musste schon sagen, es war wunderschön, doch ich glaubte kaum, dass ich es mir würde leisten können.
"Lynn. Kommen Sie schon raus." Quengelte die Autorin. Ich trat aus der Kabine hinaus und sah eine verblüfft dreinschauende Misses Collins.
"Das ist einfach wundervoll. Das ist ihr Kleid!"
So begeistert wie sie war ich allerdings nicht mehr seit ich das Preisschild entdeckt hatte.
"Es ist ganz schön, aber definitiv nicht meine Preisklasse."
"Ach nix da. Ziehen Sie das Kleid aus und geben Sie es her."
Ich tat wie befohlen und schon eh ich mir meine Schuhe ganz angezogen hatte, eilte Misses Collins zur Kasse. Sie kam mit zwei Tüten zurück und hielt mir eine stolz entgegen.
"Hier. Ein kleines Dankeschön. Mister Clark hat Sie gar nicht verdient."
Klein?!? Das, was sie mir da entgegenhielt hatte gerade einmal Schlappe 300 Euro gekostet. Und was meinte sie mit nicht verdient.
"Danke, aber das kann ich nicht annehmen und wie meinen Sie das."
"Sie können und Sie müssen. Und was das andere angeht. Ich habe Mister Clark als etwas arroganten, ziemlich kalten Menschen kennengelernt, aber wenn Sie ihn lieben, muss er wohl auch eine gute Seite haben. Er hat einen gewissen Ruf."
Ich gab mich geschlagen und grübelte über Jasons Ruf nach. Ich war fest entschlossen, weiter hinter die harte Schale meines Bosses zu gucken, ob mich die Erkenntnis, die ich dabei gewinnen würde, nun erfreuen oder abschrecken würde.

Love the Boss or not Onde as histórias ganham vida. Descobre agora