Kapitel 35 - Marny

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Einige Tage später hatten wir die ersten Folgen des Schocks überwunden. Lydia verhielt sich normal, obwohl ich mir sicher war, dass sie sich doch mehr Gedanken über die Sache machte, als sie zugeben wollte.

Ryan war gestern aus der Untersuchungshaft entlassen worden, aber er musste sich jetzt auf ein hartes Gerichtsverfahren vorbereiten, bei dem Lydia wahrscheinlich gegen ihn aussagen würde, genauso wie gegen seine falschen Freunde.

Der Eine von ihnen würde auch wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung gegen mich angeklagt werden – und um ehrlich zu sein, hatte ich riesige Angst davor, ihm erneut zu begegnen.

Aber das würde ich schon schaffen, solange Lydia neben mir war und meine Hand hielt.

«Marny, hast du mir zugehört?» fragte Anna, die neben mir auf dem Bett lag. Ich war ein wenig abgelenkt gewesen, da ich gerade an einem neuen Kleid nähte.

«Nein, sorry. Was hast du gesagt?»

«Ich hab gesagt, ich hab mit dem Direktor gesprochen. Ich kann die Prüfung wiederholen, wenn ich sie bestehe, nehmen sie mich wieder auf.»

«Wow!» Ich drehte mich freudig in die Richtung meiner Schwester, «das ist toll! Ich hab doch gesagt, du kannst das sicher klären! Du schaffst das!»

«Aber die Prüfung wird echt hart,» meinte Anna und sah Richtung Fenster, mit einer Hand streichelte sie Dog.

«Dann fang besser an zu lernen.»

Und, zu meiner Überraschung, tat Anna sogar, was ich ihr auftrug. Sie verabschiedete sich und verzog sich in ihr Zimmer, um sich dort ihrem Lernstoff zu widmen. Ihr war es wirklich wichtig, wieder aufgenommen zu werden. Meine Eltern hatten sie deswegen ganz schön unter Druck gesetzt.

«Marny?!» hörte ich Stacy von unten rufen.

«Ja? Was ist? Ich bin oben!» rief ich zurück. Meine Eltern waren gerade nicht da und Stacy spielte etwas mit Sophia, ich hoffte bloss, keine der beiden hatten sich etwas getan. Ich hatte keine Lust auf Drama.

Nicht noch mehr, als ohnehin schon.

«Hier ist jemand, der dich sehen will!» Hä, es war spät abends, wer kam denn um diese Zeit noch vorbei? Ich erwartete niemanden.

Ausser vielleicht....vielleicht war es Zac?

Den hatte ich schon seit zwei Tagen nicht mehr gesehen, da hatte er sich das letzte Mal bei mir entschuldigt. Zum etwa hundertsten Mal. Er hatte die letzten Tage gar nicht mehr damit aufhören wollen.

Es war ihm extrem wichtig, dass ich ihm verzieh. Aber ich wusste einfach nicht, ob ich das konnte.

Er war diesen ekligen Typen dabei behilflich gewesen, unschuldige Opfer aus einem Club zu locken, um sie zu überfallen und noch Schlimmeres anzutun.

Ja, er hatte nicht gewusst, dass ich davon betroffen war. Aber trotzdem hatte er mitgemacht. Nur wusste die Polizei noch nichts davon, bis jetzt hatte ihn keiner verraten.

Seufzend stand ich auf, überprüfte mein Aussehen im Spiegel und verliess dann mein Zimmer, um die Treppe herunter zu laufen.

Ich war nervös, als ich im Flur um die Ecke in die Küche bog, wo ich Stacy, Sophia und den Gast vermutete.

Aber der Gast war jemand anderes, als ich erwartete hatte. Es war nicht Zac.

Es war Ryan.

«W-Was machst du hier?» fragte ich, völlig überrascht, und hielt mich an der Tischplatte fast.

Stacy und Sophia, die die seltsame Stimmung im Raum wahrgenommen hatten, verzogen sich ins Wohnzimmer und liessen uns unsere Privatsphäre, und ich wusste nicht, ob ich glücklich darüber war.

«Ich...Ich wollte mit dir reden.» Ryan schien sich unwohl zu fühlen – da waren wir schon zwei.

«Über was? Darüber, was du meiner Schwester hast antun wollen, oder darüber, was du mir angetan hast?»

«Marny, ich weiss...ich weiss du hasst mich jetzt. Und glaub mir, es tut mir echt leid, wirklich. Ich bin da in was reingeraten und kam nicht mehr raus. Es tut mir leid. Aber deswegen bin ich eigentlich nicht hier.» Ryan atmete durch und sah mir zum ersten Mal während diesem Gespräch in die Augen.

«Weswegen bist du dann hier?» Ich blieb hart, verschränkte die Arme vor meiner Brust und zog meine Augenbrauen in die Höhe.

«Wegen Zac. Ich-Ich wollte dich darum bitten, ihn gegenüber der Polizei nicht zu erwähnen. Er muss da nicht mitreingezogen werden.»

«Du willst, dass ich nicht sage, dass er was damit zu tun hatte?» stellte ich klar.

Das er extra für das hier herkommt, hätte ich nicht gedacht. Mir war es immer so vorgekommen, als hätten Ryan und Zac ein sehr angespanntes Verhältnis zueinander.

Es blieb einige Sekunden still, während ich überlegte. Ich liess die Worte sinken und dachte über meine Antwort nach, bevor ich mich dazu äusserte.

«Du...Du musst dir keine Sorgen machen, von mir erfährt niemand etwas. Bei dieser Sache stehen wir auf derselben Seite.»

«Oh Gott sei Dank!» Erleichtert schlug Ryan die Hände in die Höhe, kam auf mich zu und wollte mich schon umarmen, als ich ihm signalisierte, dass es dafür definitiv noch zu früh war.

Er verstand und nahm sofort wieder Abstand, etwas peinlich berührt, und starrte auf den Küchenboden vor sich.

«War das alles?» Nur weil ich Verständnis für Ryan zeigte, hiess das nicht, dass ich freundlich zu ihm sein würde. Er war der Böse in meinen Augen, genauso wie seine miesen Kumpanen.

«Noch nicht ganz.» Das irritierte mich. «Zac hat mich auch noch gebeten, dir das hier zu geben.»

Ryan überreichte mir ein weisses Couvert, auf dem mit schwarzer Tinte mein Name geschrieben stand.

«Was ist das?» wollte ich neugierig wissen und betrachtete den Umschlag. Was hatte das zu bedeuten?

«Das ist eine Einladung zu einem Doppeldate. George und Zac möchten dich und Lydia ausführen. Zac hat gedacht, wenn deine Schwester dabei wäre, würdest du am ehesten mitkommen. Kann ich ihm ausrichten, dass du einverstanden bist?»

«Ich äh-» Jetzt fehlten mir schon fast die Worte dafür. Ein Doppeldate mit George und Lydia?

Ein so richtiges Date, mit Essen und allem Drum und Dran? War ich schon bereit dafür?

Und...hatte ich überhaupt was Passendes zum Anziehen? Ich konnte ja nicht einfach in einem langweiligen T-Shirt und Jeans aufkreuzen!

«Ja oder nein?» Ryan lächelte leicht, als er merkte, wie geschmeichelt und überwältigt ich mich gerade fühlte.

«Ähm....sag ihm ja. Ja, ich gehe sehr gerne auf ein Doppeldate mit ihm. Aber nur, wenn er sich benimmt.» Jetzt konnte auch ich mein Grinsen nicht mehr zurückhalten.

«Ich richte es ihm aus!» Ryan lachte, «und, ach ja, er hat noch gesagt, du sollst das rote Kleid anziehen. Er meinte, du wüsstest schon welches.»

«Das rote Kleid also?» Ich lächelte, als ich daran dachte, wie Zac mir gesagt hatte, er würde mich gerne einmal darin sehen. «Gut, dann werde ich wohl das anziehen.»


***

Oh man! Das war schon das zweitletzte Kapitel! 
Schon mal hier ganz ganz vielen Dank fürs Lesen und das Kommentieren! 
Ihr seid die besten Leserliis der Welt *-*

Was denkt ihr über das Kapitel? 

The Griffin TwinsTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang