Kapitel 4 - Lydia

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Es war endlich soweit, in wenigen Minuten würde ich mit dem Ryan Rosington zur Schule fahren, einem Typen der mir so sympathisch war, wie selten einer zuvor.

Na gut, das war vielleicht gelogen, mir waren viele Typen sympathisch, aber nur wenige konnten mein Herz flattern lassen.

Und jetzt gerade, als ich am Frühstückstisch sass, meine Schüssel Müsli vor mir, da raste mein Herz wild. Ich ass deswegen so schnell auf, wie ich nur konnte, um mir noch meine Zähne putzen zu können, bevor mein zukünftiger Ehemann hier auftauchen würde. Ein Mädchen durfte schliesslich träumen.

«Hast du echt so viel Hunger?» fragte Stacy verwirrt neben mir, als sie sah, wie voll der Löffel war, den ich mir gerade in den Mund stopfte. Sie ass sonst immer still ihren Toast und redete selten, sie war kein Morgenmensch.

Sie brauchte ihre Zeit, bevor sie richtig wach wurde, deshalb war ich überrascht, dass sie mich angesprochen hatte. Aber heute war sowieso ein spezieller Tag, sie hatte Geburtstag. Meine Mutter hatte sie, mit einem Kuchen in der Hand, geweckt.

«Äh, ja genau,» erklärte ich noch an meinem Müsli kauend, «ich hab riesen Kohldampf.»

«Du isst wie ein Schein.» Der angewiderte Blick meiner jüngsten Schwester störte mich nicht, sondern ich rückte mit dem braunen Holzstuhl noch etwas näher an den Tisch heran, um zu verhindern, dass irgendetwas von meinem Essen auf meine Kleider gelangte.

Ich hatte mir extra ein perfektes Schuloutfit zurechtgelegt, nicht zu auffällig, aber auch nicht zu schlicht. Es waren die Hosen von gestern, ein gemustertes Oberteil, einige Armketten und eine schwarze, grosse Tasche.

«Das hat dich ja wohl nicht zu interessieren,» motzte ich Stacy an, «iss mal lieber selber deinen Toast fertig.»

«Na da ist aber jemand angespannt heute Morgen,» sagte meine Mutter, als sie die Küche betrat und sich einen Kaffee einschenkte. Danach reichte sie mir ebenfalls eine Tasse, da sie wohl bemerkt hatte, dass ich noch keine hatte. Ich war süchtig nach dem Zeug, Marny trank lieber Tee.

Ich zuckte auf ihren Kommentar nur mit den Schultern, während Stacy ihren Kopf auf ihren Händen abstützte und müde gähnte. «Warum kann ich nicht auch eine Privatlehrerin haben? Dann müsste ich nicht so früh aufstehen.»

«Aber dann würdest du auch nicht mit so vielen tollen Mädchen zur Schule gehen, die heute hier alle zu deiner Party auftauchen werden. Du würdest sie gar nicht kennen. Ausserdem weisst du genau, wieso Marny eine Privatlehrerin hat. Sobald es ihr wieder bessergeht, wird sie wieder mit Lydia zur Schule gehen. Apropos,» meine Mutter schaute nun mich an, «du bist spät dran, der Bus fährt in 5 Minuten.»

«Ich bin immer spät dran, ausserdem fahr ich heute nicht mit dem Bus, ich fahre mit Ryan.» Als ich den Namen unseres neuen Nachbarn erwähnte, wurde meine Mutter hellhörig und warf mir einen Blick zu, der mich ein wenig aus der Fassung brachte. Ich konnte ihn nicht Recht deuten, aber ich konnte schwören, dass sie kurz gelächelt hatte.

«Du verstehst dich gut mit ihm, was?» hakte sie genauer nach. Da war sie wieder, meine viel zu neugierige Mutter. Aber ich liebte sie trotzdem, von ganzem Herzen.

Ich schüttelte kurz meine gestylten Haare etwas durch und wollte ihr gerade antworten, als ein lautes Hupen von draussen zu hören war. Das war mein Stichwort, so hatten ich und Ryan es gestern Abend per SMS ausgemacht.

Für so etwas liebte ich Handys, man konnte viel schneller mit anderen Menschen in Kontakt sein. Obwohl das bei uns auch sonst nicht so schwierig geworden wäre, schliesslich lebte er auf der anderen Strassenseite.

«Ich-Ich muss gehen,» informierte ich Stacy und meine Mutter glücklich. Ich gab beiden einen Kuss, schnappte mir meine Tasche, die ich auf dem Boden neben mir platziert hatte und sprintete Richtung Haustüre.

The Griffin TwinsWhere stories live. Discover now